Freitag, 25.05.2007Stairway To HeavenDas Ziel für den heutigen Tag stand bereits am Vortag fest. Tina war nach dem Hidden Canyon so motiviert, dass sie mich bat, mit ihr nochmals Angels Landing zu machen. Diese Wanderung sind wir bereits 2004 gegangen, allerdings war Tina damals der Schussanstieg zu heftig und so blieb sie am Scout's Overlook zurück. Nun wollte sie es wissen und auch ich freute mich darauf, diese Tour nochmals zu machen.
Also klingelte wieder mal um kurz nach 6 Uhr der Wecker. Wie üblich, galt mein erster Blick dem Wetter und dieses war erneut allererste Sahne. Angezogen, Rucksack gepackt und schon ging es wiederin Richtung Zion Nationalpark. Natürlich nicht ohne zuvor noch einen schnellen "Egg-McMuffin-Stop" einzulegen.
Um 7:40 Uhr parkten wir OKY auf dem Zion-Parkplatz und gingen zur Bushaltestelle. Das Timing war perfekt. Wir stiegen in einen bereits wartenden Bus ein, welcher kurz darauf los fuhr. Dadurch waren wir bereits um 8 Uhr an der Haltestelle "The Grotto", wo der Trail zu Angels Landing beginnt. Als Tina hinauf blickte wurde sie schon ein wenig nervös, machte aber keinen Rückzieher. Zugegeben, schaut man vom Tal hinauf zu Angels Landing, wirkt das Ganze schon respekteinflößend.
Bestens gelaunt starteten wir unsere Tour. Bereits die ersten Meter waren mir noch so vertraut, als wäre ich erste letzte Woche hier gewesen. Schon zu Beginn des Trails hat man tolle Blicke ins Tal.
Kurz darauf kommen bereits die ersten Kehren und es geht steil und schweißtreibend nach oben. Bereits nass geschwitzt, und das um diese Uhrzeit, erreichten wir die Passage, wo der Weg relativ eben verläuft. Hier war erholsames Schlendern möglich und wir konnten die Schönheit dieses Trails bewundern.
Allerdings ging es mit dem Schlendern nicht all zu lange weiter. Denn kurze Zeit später standen wir bereits vor Walter's Wiggles, welche ich noch in guter Erinnerung hatte. Diese 21 Kehren haben es schon gewaltig in sich, aber irgendwie macht es auch Spaß, sich diese hinauf zu quälen. Und das gelang uns doch deutlich besser, als noch 2004. Tina brauchte natürlich das ein oder andere obligatorische "Verschnauferle".
Beeindruckend ist der Blick hinunter, wenn man erkennt, welchen Höhenunterschied man auf dieser kurzen Distanz zurück gelegt hat.
Kurz nachdem wir die Walter's Wiggles bewältigt hatten, standen wir am Scout's Overlook, wo Tina 2004 kapituliert hatte. Hier verschnauften wir ein wenig und regulierten unseren Flüssigkeitshaushalt. Dabei genossen wir den Ausblick auf Angels Landing und den weiteren Weg dorthin.
Plötzlich meinte Tina, dass sie wohl doch besser wieder hier warten würde. Nun, bei diesem Anblick kann man schon kalte Füße bekommen. Aber das konnte jetzt nicht sein, denn schließlich bin ich ja allein nur wegen ihr nochmals hier hoch.
Also wurde ihr Gesuch kurz und knapp abgelehnt, was sie auch wortlos akzeptierte. Also Rucksack wieder auf den Rücken, Tina ein wenig Mut zugesprochen und los ging es. Die ersten kritischeren Stelle meisterte Tina mit Bravour. Dann kamen wir an eine Stelle, als uns von oben zwei junge Hikerinnen entgegen kamen, welche uns zu Beginn der Wanderung überholt hatten. Die eine war kreidebleich, zitterte und konnte keinen vernünftigen Schritt mehr tun.
Vielmehr hing sie völlig apathisch an der Wand, während die Freundin ihren Fuß auf die nächste Trittstelle lenkte. Hier hatte die Höhenangst mit aller Macht zugeschlagen. Gerade beim Abstieg gibt es die ein oder andere Stelle, die eine bis dahin schlummernde Höhenangst auslösen kann.
Dieses Szenario löste auch eine erneute Verunsicherung bei Tina aus. Glücklicherweise gelang es mir, sie davon zu überzeugen, dass es für sie kein Problem werden würde. So setzten wir unseren Aufstieg fort. Um 10:15 Uhr war es soweit. Tina hatte geschafft, was sie noch 2004 für absolut unmöglich erachtet hatte. Sie stand auf Angels Landing und von ihrer Höhenangst war weit und breit nichts zu erkennen.
Im Gegenteil, sie war sogar in der Lage, den Blick ins Tal zu fotografieren.
Auch ich genoss den Ausblick zum zweiten Mal, und zwar in vollen Zügen. 2004 hatte ich leider nicht die Ruhe dazu, da ich wusste, dass Tina auf mich am Scout's Overlook wartete. Diesmal hatte ich die Muse, das Panorama auf mich wirken zu lassen.
Auch Tina konnte nicht genug bekommen und so hielten wir uns eine gute halbe Stunde auf Angels Landing auf und fotografierten was das Zeug hielt.
Dann kam, wovor Tina wohl am meisten Angst hatte. Der Abstieg. Etwas mulmig war mir auch. Denn ich wusste, dass es ein hartes Stück Arbeit geworden wäre, hätte sie ihre Panikattacke bekommen. Ich wusste aber auch, dass sie durch all die Wanderungen in den letzten beiden Jahren gelernt hatte, damit umzugehen. Und tatsächlich, wir kamen ebenso problemlos hinunter wie zuvor nach oben. Das einzig Kritische waren lediglich die Menschenmassen, welche nun hinauf wollten. Das machte die ein oder andere Stelle gefährlicher als sie eigentlich war. Unten angekommen war Tina zu Recht mächtig stolz auf sich. Und ich auf sie. Denn wer so konstant an sich und seinen Ängsten arbeitet, verdient meine größte Hochachtung.
Der weitere Rückweg zur Bushaltestelle glich dann eher einem Spaziergang. Irgendwie wurde ich den Eindruck nicht los, dass Tina 2 bis 3 Zentimeter größer war, als noch auf dem Hinweg.
Um 12 Uhr waren wir zurück an der Zion Lodge und setzten uns mit einem Eis in die Sonne. Zufrieden mit uns und dem bisherigen Tag, ließen wir ein wenig die Seelen baumeln. Natürlich waren wir hier umgeben von Menschenmassen, was uns in dem Moment aber überhaupt nicht störte. Anschließend stöberten wir noch ein wenig in dem Souvenirgeschäft und ich bereue es heute, keine CD mit Native Indian Music mitgenommen zu haben. Anschließend ging es zum Visitor Center, wo ich unser Permit für die Subway am nächsten Tag holen wollte. Leider waren die zuständigen Mitarbeiter gerade in der Mittagspause, so dass wir uns noch eine Weile in die Sonne setzten. Das tat auch mal gut, hatten unsere vier Beine die letzten beiden Tage doch genügend geleistet. Als um 14 Uhr der Backcountry-Counter wieder besetzt war, holte ich unser Permit und wir gingen zurück zu OKY und fuhren nach Hurricane.
Dort angekommen, war erst einmal das Einchecken im Days Inn angesagt. Dieses kannten wir bereits von 2004 und waren angenehm überrascht, da es wohl komplett renoviert worden war. Neu war auch ein separater Frühstücksraum.
Anschließend gingen wir noch ein paar Vorräte einkaufen und danach wurde ein wenig im Motelzimmer relaxet. Gegen 17 Uhr beschlossen wir, heute nicht essen zu gehen sondern lediglich eine Kleinigkeit im McD zu uns zu nehmen. Also fuhren wir nochmals nach Hurricane und ließen uns ein paar Burger schmecken. Dabei teilte mir Tina mit, dass sie sich entschlossen hatte, nicht mit zur Subway zu gehen. Sie wollte vielmehr einen etwas ruhigeren Tag einlegen und würde im Zion spazieren gehen. Ich fand es zwar ein wenig schade, aber konnte es ebenso gut nachvollziehen. Wir fuhren nach unserem Burger-Mahl zurück ins Motel und dort gingen dann verhältnismäßig früh sämtliche Lichter aus.