29.09.2006 Fort Lauderdale – Everglades – Florida City Erneut relativ zeitig erwachten wir morgens in unserem Zimmer der Travelodge in Fort Lauderdale. Da ich mit der Dusche und Morgenwäsche schon fertig war, packte ich die wenigen herausgenommenen Gegenstände wieder in die Reisetaschen, um gleich starten zu können, nachdem Claudia im Bad fertig sein würde.
Dabei fiel mir unsere Kamera in ihrem Etui in die Hände. Ach ja! Ich muss ja noch neue Batterien einsetzen, die letzten vollen waren mir tags davor im Eisstadion ausgegangen. Ich setze also neue, rote Batterien ein, schalte die Kamera ein und... HÄH? „Wechseln Sie die Batterien“ war da zu lesen. Hm – vielleicht taugten ja die Batterien nichts mehr, die hatte Claudia ja schon ein paar Jahre originalverpackt in einer Schublade liegen. Ich griff also in eine meiner Reisetaschen, wo sich ein 20er Pack schwarze Batterien befand, und setzte zwei davon in die Kamera ein. Jetzt sollte es aber gehen... – „Wechseln Sie die Batterien“! Zwei weitere Batterienpaare versuche ich noch – jedes mal mit dem selben Ergebnis! Die schwarzen Batterien hatte ich ja erst letzte Woche gekauft, daran konnte es also nicht liegen. Offensichtlich war die Kamera im Eimer!
Mein Gemütszustand hatte sich mittlerweile von dem ursprünglichen „ganz gut gelaunt“ über sämtliche Nuancen wie z. B. „leicht angesäuert“ auf dem absolut niedrigsten Level irgendwo zwischen „stinksauer“ und „kurz vor dem Amoklauf“ eingependelt. Diejenigen, die meinen Reisebericht vom Vorjahr kennen, werden wissen warum: Damals wurde mir in Vegas meine Kamera geklaut und ich musste während des Urlaubs Ersatz besorgen – und eben jener Ersatz war jetzt kaputt, wieder in den USA, nicht mal ein Jahr nach dem Kauf und das auch noch am Anfang unserer Flitterwochen!!!
Vor lauter Wut brachte ich beim Frühstück kaum einen Bissen hinunter – wobei ich allerdings auch nicht wirklich viel versäumte, die Qualität dieses „Continental Breakfast“ harmonierte prächtig mit der heruntergekommenen Zimmermöblierung der Travelodge. Während wir da so saßen, überlegten wir hin und her, was wir denn machen konnten, schließlich wollten wir nicht drei Wochen Honeymoon verbringen, ohne davon Erinnerungsfotos zu haben. Es half nichts – wie schon im Vorjahr musste Ersatz her; diesmal praktisch der „Ersatz für den Ersatz vom letzten Jahr“.
In der Lobby nutzte ich also beim Auschecken das dort befindliche Internetterminal und machte mich über Elektronikhändler in der Nähe schlau. Gleich um die Ecke, in etwa einem Kilometer Entfernung gibt es einen „Best Buy“, die sollten haben was ich brauche. Nichts wie hin also zu dem Elektronikhandel und – der nächste Nackenschlag! Das Geschäft hat noch geschlossen, diese Faulpelze öffnen erst um 10.00 Uhr! Der oben von mir beschriebene Gemütszustand geriet nun in Sphären, die ich hier besser nicht beschreibe – nur so viel: Es war gut, dass mich in Fort Lauderdale keiner kennt und mir deshalb auch kein unliebsamer Zeitgenosse über den Weg gelaufen ist. Zwangsläufig hieß es nun warten bis zur Öffnung – diese Wartezeit nutzte ich dazu, den Harley-Davidson-Laden von „Bruce Rossmeyer“, einem der größten Motorradhändler dieser Marke in den USA, zu durchstöbern. Der befand sich gleich neben dem „Best Buy“, und wir inspizierten einige Dutzend wunderschöne Bikes und Zubehör. Eine rechte Freude dabei wollte aber aus den bereits beschriebenen Gründen bei mir nicht aufkommen.
Schließlich war es endlich so weit – der „Best Buy“ öffnete seine Pforten. Nach kurzem Überlegen entschieden wir uns heuer für eine Canon PowerShot A530, mit 5 MPix und 4-fach-Zoom. Ironie des Schicksals: Dieses Gerät ähnelt in Aussehen und Bedienung stark der Kamera, die uns in Las Vegas geklaut wurde – kein Wunder, ist ja wieder eine Canon...! Ach ja, eins habe ich noch vergessen: Die Kamera war bereits wieder deutlich billiger als die im Vorjahr, trotz besserer Leistungsdaten. Bin mal gespannt, wie es nächstes Jahr preismäßig aussieht und welche Kamera wir uns dann holen werden – aus welchem Grund auch immer...
Noch auf dem Parkplatz des „Best Buy“ packte ich das neue Gerät aus. Funktionen und Handling waren mir sofort vertraut und ich setze gleich zwei Batterien aus meiner Reisetasche ein, um die Funktion zu prüfen. „Am Ende fahren wir jetzt los und in 50 Meilen stellen wir fest, dass das Ding auch nicht funktioniert“ schoss es mir durch den Kopf. Wider Erwarten fährt aber nach dem Einschalten das Objektiv der Kamera nicht aus, sondern ich werde vom Display informiert: „Change the batteries“...
Ich glaub’s nicht – jetzt drehen mir diese Ganoven auch noch eine defekte Kamera an... oder könnte vielleicht... MOMENT! Jetzt schwante mir etwas... Etwas was eigentlich nicht sein kann, aber eben vielleicht doch... Ich krame also in der Verpackung der neuen Canon und finde die beiden im Original mitgelieferten Batterien. Hastig kratze ich die Plastikfolie ab und setze diese beiden Batterien in die neue Kamera... Funktionstest... Bingo! Das Ding geht also doch!
Claudia holte eilig die „alte“ Nikon heraus und probierte diese mit den originalen Batterien der Canon aus – das darf doch nicht wahr sein! Das Ding lief einwandfrei! Schuld waren die Batterien! Wir hatten also ca. 30 völlig unbrauchbare Batterien dabei gehabt!
Ich hätte mich in den A... beißen können!!! Jetzt hatten wir also völlig umsonst eine zweite Kamera gekauft. „Hm – vielleicht können wir sie ja zurückgeben“ denke ich mir, aber ein Studium der Rechnung verrät mir, dass dann $30 „Wiedereinpackgebühr“ berechnet werden – na ja, wir können es uns ja noch überlegen, schließlich kommen wir später im Urlaub noch einmal hier vorbei und die Rückgabefrist beträgt einen Monat.
Soviel vorweg: Wir haben die Kamera immer noch, weil sie wesentlich besser ist als die Nikon – vielleicht werden wir letztere mal an die Verwandtschaft verschenken (obwohl, bei unserem Glück mit Kameras ist es vielleicht nicht schlecht, zukünftig zwei davon dabei zu haben!).
Eine Lebenserfahrung reicher und mit dem festen Vorsatz, nie mehr Batterien in einem Restpostenmarkt zu kaufen, fuhren wir nun endlich los in Richtung Süden. Unterwegs halten wir in einem kleinen Einkaufszentrum und kaufen in einem „Walgreen’s“ Mückenspray. Danach brunchen wir im „Denny’s“ daneben, leider wurde einem dort das an sich sehr gute Essen durch die extreme Zugluft der Klimaanlage madig gemacht.
Da wir auf dem innerorts liegenden Highway 1 nur sehr langsam vorankamen – kaum einmal mehr als 300 Meter ohne rote Ampel – wechselten wir nach einiger Zeit auf die I-95 und setzten dort wesentlich zügiger unsere Fahrt fort. Nachdem wir Miami durchquert hatten, wechselten wir hinüber auf den Florida Turnpike und fuhren so bis Florida City. Hier brauchten wir nur der Beschilderung zu folgen, und nach einiger Zeit erreichten wir unser heutiges Ziel: Den Everglades NP
Heute sollte also ein weiterer wichtiger Nationalpark der USA zu den bereits besuchten dazukommen. Außerdem waren wir schon ganz heiß darauf, unsere ersten Alligatoren zu sehen. Zuerst aber ging es ins gleich nach dem Parkeingang befindliche Ernest F. Coe Visitor Center, wo wir uns nach Vorlage des (immer noch gültigen) Nationalparkpasses vom Vorjahr mit Karten- und Infomaterial eindeckten.
Noch am Visitor Center sprühten wir erst einmal jede Stelle nackter Haut mit dem Mückenspray ein; schließlich wollten wir ja nicht als Mittagessen für diese Plagegeister herhalten müssen. Danach wanderten wir gleich los auf den Anhinga Trail.
Gleich am Anfang des Trails wird man per Hinweisschild darauf hingewiesen, dass es streng verboten ist, die Wildtiere zu füttern. Abgesehen davon, dass nahezu jede menschliche Nahrung ungesund oder -geeignet ist, kann dies nämlich vor allem bei Alligatoren auch noch brandgefährlich werden – diese Reptilien sind nämlich alles andere als schlau und ziehen aus der Kombination „Mensch vor mir“ und „es gibt Futter“ nämlich schon nach kurzem den Schluss, dass der Mensch selbst das Futter sei. Was dies für den Fütternden u. U. für Folgen haben kann, brauche ich hier wahrscheinlich nicht näher beschreiben...
Schon nach kurzer Zeit trafen wir auf den ersten schönen Vertreter der Fauna des Parks:
Nach einiger Zeit tritt man von dem kleinen asphaltierten Weg auf einen Boardwalk, der auf Stegen in und durch den Sumpf führt. Eine ganz neue Erfahrung war diese Landschaft für uns; ein krasser Gegensatz zu all den eher staubtrockenen Nationalparks im Westen.
Wir bewegten uns jetzt nur noch ganz langsam und waren leise, schließlich sollten sich hier im etwas tieferen Wasser nach Auskunft der Park Ranger häufig Alligatoren aufhalten – und wir brannten schließlich schon auf unseren „Ersten“!
Wir verweilten eine ganze Weile im besagten Bereich und verhielten uns äußerst leise – trotzdem war kein einziger Alligator zu sehen. Allzu lange konnten wir aber hier nicht wartenderweise verbringen, wir wollten schließlich noch andere Bereiche des Parks erkunden.
Zurück am Visitor Center erwanderten wir auch gleich noch den zweiten Wanderweg, der von dort aus startet: Den Gumbo Limbo Trail.
Dieser führt auf einem kleinen befestigten Pfad durch dichtes Unterholz – trotz fehlendem Wasser in der Nähe hatten wir schon ein kleines Kribbeln im Bauch – was nun wenn unser „Erster“ gerade hier neben uns im Unterholz sitzt? Egal, bangemachen gilt nicht... Das einzige Reptil, das wir unterwegs trafen, war aber für einen Alligator deutlich zu klein...
Nach dem relativ kurzen Trail fuhren wir mit dem Auto das kurze Stück weiter zum Long Pine Key, wo wir auch die Natur bestaunten. Beim nächsten Stop, dem Pa-hay-okee Overlook, hat man einen wunderschönen Blick auf die im Sumpfwasser stehende Graslandschaft. Aber auch hier war weit und breit kein Alligator zu sehen...
Wir wanderten beim nächsten Stop über einen Steg hinüber zum Mahogany Hammock. Von Hinweistafeln erfuhren wir, dass die Hammocks kleine Inseln in den Sümpfen darstellen, auf denen sich vergleichsweise große Mahagoni-Bäume angesiedelt haben. Sie sind also „trockene“ Stellen inmitten des Sumpfwassers.
So langsam veränderte sich das Bild des Bewuchses; bedingt durch den Übergang des extrem langsamen Süsswasserstromes des Shark River Slough in das Meer entstehen hier im Brackwasser dichte Mangrovenwälder. Reichlich Natur in vielfältigster Art und Weise hatten wir bis jetzt gesehen, aber halt immer noch keinen Alligator...
Schließlich erreichten wir das Flamingo Visitor Center am Ende der Parkstraße. Dort gibt es neben etlichen aktiven und stillgelegten Campgrounds auch eine kleine Tankstelle. Weil der Sprit bis zurück nach Florida City evtl. nicht mehr gereicht hätte, tankten wir für $10 – mehr wollte ich bei diesen Luxuspreisen von $2,85/gal allerdings nicht ausgeben.
Im Visitor Center selbst gibt es nicht viel mehr als im anderen am Anfang der Straße, und so beließen wir es bei einem kurzen Toilettengang. Draußen bestaunten wir eine größere Vogelschar, die es sich auf abgestorbenem Gehölz gemütlich gemacht hatte.
Wir traten den Rückweg an und fanden uns damit ab, unseren ersten Tag in den Everglades zu beenden, ohne einen einzigen Alligator zu Gesicht zu bekommen – Grund für das spärliche Auftreten war übrigens, dass diese aufgrund der „nassen“ Jahreszeit im Hinterland verschwinden.
Na ja, was solls – wir wollten eh im späteren Reiseverlauf noch „Gatorland“ besichtigen, und da werden dann schließlich genug davon zu sehen sein. Es war trotzdem ein wunderschöner Tag, allein die zahlreichen „wading birds“ und die faszinierende Landschaft sind schon überwältigend.
Ich stellte den Tempomaten des Chevy auf 40 mph ein und wir cruisten gemütlich gen Parkausgang. Ein paar Minuten später machte ich dann eine Vollbremsung; und Claudia schaute mich ganz entgeistert an: „Was ist denn...???“ – „Da ist er! Unser ERSTER!“ entgegnete ich flüsternd.
Mit Standgas ließ ich den Trailblazer etwa 20 Meter zurück kriechen und stellte ihn dann ab; direkt neben dem ansonsten unscheinbaren und winzigen Mrazek Pond. Instinktiv griff ich nach der Kamera unter der Mittelarmlehne, öffnete leise die Türe und schlich in Richtung Ufer, während der Auslöser der Kamera langsam anfing zu glühen...
Ein kleiner Alligator trieb dort regungslos im Wasser, während sich nur die Augen und die Nase über der Oberfläche befanden. Der kleine Kerl weiß mit Sicherheit bis heute nicht, dass er (zumindest für uns) in diesem Moment zum absoluten Superstar wurde und das Sahnehäubchen auf einem herrlichen Tag darstellte.
Verglichen zu den „dicken Brocken“, die wir später im Urlaub zu sehen bekommen sollten, war dieser kleine Junge natürlich völlig unscheinbar – aber das spielte in diesem Moment überhaupt keine Rolle...
In meiner Begeisterung hatte ich anfangs gar nicht gemerkt, dass ein ganzes Bataillon Mücken die Situation schamlos ausgenutzt hatte und mich als ihr Abendessen missbrauchten. Jetzt aber bemerkte ich die Biester und zog deshalb schleunigst von dannen – sprich fuhr mit dem Auto weiter.
Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir den Osteingang und verließen den Park. In Florida City tankte ich bei einer normalen Tankstelle mit deutlich niedrigeren Preisen den Chevy zum ersten mal voll. Claudia hatte inzwischen wieder im Coupon Book geblättert und dort einen Gutschein für die Travelodge Florida City gefunden – nach der Enttäuschung von letzter Nacht war ich anfangs nicht sehr begeistert, dachte mir aber, dass es zumindest einen Versuch wert wäre.
Und das war es auch: Im Gegensatz zur Nacht davor erwartete uns hier ein absolutes Musterexemplar eines exzellenten Motels: Eine blitzblank saubere und gepflegte Anlage mit schönem Pool, Palmen und hervorragendem Zimmer nebst Parkplatz davor. Das hatte so gar nicht den Flair eines Motels, eher schon eines kleinen Resorts. Schon erstaunlich, wie unterschiedlich Ableger ein und derselben Motelkette doch sein können...
Wir nahmen ein ausgiebiges Bad
und stellten dabei fest, dass unser Mückenspray zwar gewirkt hatte, aber in nicht ganz der gewünschten Art und Weise: Die eingesprühten nackten Stellen Haut wie z. B. Hals und Arme waren zwar von den Plagegeistern verschont geblieben, dafür waren aber die dünnen T-Shirts und Socken per Durchstich zum Blut-Abzapfen genutzt worden. Wieder was dazugelernt: Ab morgen wird auch die Bekleidung mit dem Stinke-Spray eingesprüht!
Zum Abendessen fuhren wir ins nahegelegene „Golden Corral“, einer Restaurantkette, die ein All-u-can-eat-Buffet à la Las Vegas anbietet. Allerdings hüllen wir über dieses Buffet mal lieber den Mantel des Schweigens, denn es konnte weder von der Qualität noch vom Ambiente auch nur annähernd mit irgendeinem in Sin City mithalten. Fazit: Das erste und letzte mal – für das Geld gehe ich lieber in ein normales Restaurant und verzichte auf „All-u-can-eat“!
Als Ausgleich für das enttäuschende Essen gingen wir noch ins „Mutineer Bar & Restaurant“ daneben, wo alles im Piratenstil gehalten war und sogar eine Liveband spielte. Nach der Bestellung –Soda für Claudia, ein Pint Bier für mich- erhalte ich einen Zwei-Liter-Pitcher! Auf Nachfrage sagt mir die nette Bedienung, ihnen wären die großen Gläser ausgegangen und deshalb bekäme ich einen Pitcher mit einem kleinen Glas – selbstredend zum Preis eines normalen Pints! Mir war’s recht; solche „Upgrades“ mag ich am liebsten!
Nach dem „einen“ Bier zogen wir uns in unser Motel zurück und schliefen zufrieden ein...
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Neue Kamera: 169€
Essen Denny’s: 16€
Mückenspray: ca. $4
Eintritt Everglades: Im NPP enthalten
Tanken Flamingo: $10
Tanken Florida City: €33
Essen Golden Coral: €21 + $3 tip
Drinks Mutineer Bar: €8
Hotel: Travelodge Florida City, ca. €58, mit Couponbook - absolute Spitze!