was mich ja eigentlich noch interessieren würde ist, warum ihr eine Wanderung von der Westseite gemacht habt. Gibt es besondere Gründe dafür, oder wolltet ihr ganz einfach diese bestimmte Route laufen?
Ich hatte von jemandem einen begeisterten Bericht mit vielen Fotos aus dem Alaska Basin bekommen. Nachdem ich mich etwas mehr darueber informiert hatte, stand fest, dass ich da hin muss. Da das als Day-Hike nicht wirklich machbar ist, wurde die Backpackingtour draus.
Wie ich ja schon gesagt hatte gab es auch die Option von Osten her (Cascade Canyon/Death Canyon) ins Basin zu wandern, aber dann haetten wir laengere Strecken mit dem vollem Gepaeck unterwegs sein muessen, daher hat am Ende der Westen "gewonnen".
Ausserdem finde ich es immer sehr reizvoll, wenn man durch ein wenig Wandern selbst in den populaersten Nationalparks schone Ecken findet, die kaum Besucher haben.
6.9.2009 Grand Teton NP, Yellowstone NPKenner, die den heutigen Tagesbericht lesen, werden sich ob unserer Route mit Grausen abwenden und Neulingen kann ich nur raten: "Don't try this at home!"
Wenn ich diese Routenplanung (morgens eineinhalb Stunden Grand Teton NP, dann Yellowstone bis zum Nachmittag und abends dann noch die Fahrt nach Boise und das ganze am Labor Day Wochenende) im Routenanalyse-Board vorstellen wuerde, dann wuerde man mir mit mehr oder weniger hoeflich gewaehlten Worten - mit Recht - zu verstehen geben, dass ich einen an der Waffel habe. Daher ein paar Worte der Erklaerung: unser Plan war es auf dieser Tour in den Tetons zu hiken. Wenn man schon ins Alaska Basin hochwandert und dort ein Lager aufschlaegt, dann sollte man die Chance auch nutzen und sich die Umgebung in Ruhe ansehen. Auf der anderen Seite, wenn man sich auf den weiten Weg in die Ecke macht und einen der faszinierendsten Nationalparks ueberhaupt direkt um die Ecke hat, kann man wieder nach Hause fahren ohne den Yellowstone mitgenommen zu haben?
So haben wir uns auf einen faulen Kompromiss geeinigt, wir wandern wie geplant in den Tetons aber knipsen uns einen guten halben Tag ab und schnuppern wenigstens kurz mal in den Yellowstone National Park rein.
Heute kann ich Mitreisenden endlich auch mal wieder einen gemuetlichen Sitzplatz auf der Rueckbank anbieten, die (inzwischen recht streng riechenden) Wanderstiefel koennen in der Tiefe des Kofferraums versteckt bleiben. Allerdings heisst es mal wieder frueh aufstehen. Wir bauen nur schnell die Zelte ab und dann geht's los.
Schnell kommen wir oben am Teton Pass an, wo wir die Sonne ueber Jackson Hole aufgehen sehen.
Ein kurzer Stop in Wilson wo es Heissgetraenke aus dem Pappbecher und ein Gebaeck zum Fruehstueck gibt. Auch nicht viel besser als das Kluempchen-Muesli. Und dann geht es auf der Moose Wilson Rd in den National Park. Diesmal muessen wir auch unseren National Park Pass vorzeigen und bekommen das Informationsmaterial. Als wir vorgestern am Buck's Pass in den National Park gewandert sind, war da kein Haeuschen und niemand sammelte Eintritt ein. Ein Geheimtipp fuer Sparfuechse???
Obwohl der Himmel ziemlich bedeckt ist kaempfen sich ein paar Sonnenstrahlen der tiefstehenden Morgensonne unter den Wolken bis zu den Tetons durch. Ich finde es beeindruckend wie die Berge nahezu senkrecht aus der Ebene aufragen. Meine Kamera hat inzwischen wieder Saft und bekommt ordentlich was zu tun. Im Gegensatz zu den anderen fleissig knipsenden Touristen liegt unser Hauptinteresse allerdings auf einem eher unscheinbaren Berg am Suedende der Kette, der auf diesem Bild ganz am linken Bildrand zu sehen ist.
Das ist "unser" Berg, Static Peak. Ich moechte am liebsten allen Leuten um mich herum am Aermel zupfen und ihnen mitteilen, dass ich vorgestern da oben war. Der unbezaehmbare Stolz eines Flachlandbergsteigers.
Da wir knapp mit der Zeit sind, darf sich jeder von uns Dreien einen Viewpoint an der Strasse aussuchen an dem wir anhalten.
Ansonsten geht es ziemlich zuegig durch den Park. Mit den Strassenbauarbeiten zwischen Grand Teton und Yellowstone haben wir weniger Probleme als erwartet. Da wir recht frueh dort sind, sind die Massen noch beim Fruehstueck und wir kommen ohne Verzoegerung in den Yellowstone. Nach kurzen Stops an den Lewis Falls, dem Visitors Center am Yellowstone Lake und den LeHardy Rapids sehen wir die ersten Geysire am Mud Volcano.
Mir gefaellt vor allem der Dragon's Mouth der beim Dampf spucken komische Laute von sich gibt. Erinnert mich irgendwie an den Halbdrachen Nepomuk.
Anschliessend gibt es einen Stau im Hayden Valley. Leute haben Bisons gesehen und angehalten und das hat sich ruckzuck zu einem massiven Stau von etwas ein, zwei Kilometern laenge ausgewachsen. Die Ranger sind aber schon da und regeln den Verkehr. Nach den vier einsamen Tagen in der Wildnis mutet das schon etwas bizarr an.
Auch unser naechster Stopp am Artist Point vermittelt Jahrmarkt-Atmosphaere. Nachdem wir auf dem grossen Parkplatz mit viel Glueck einen Stellplatz gefunden haben, pilgern wir mit den Massen zum Viewpoint, wo wir das obligatorische Foto vom Canyon mit den Lower Falls schiessen. Aber die ganzen Leute sind auch mit gutem Grund dort: die Aussicht auf die Faelle ist einfach traumhaft, so dass ich mich nur sehr schwer losreissen kann.
Nun soll es zum Old Faithful gehen. Leider ist die Strasse zwischen Norris und Madison auf Grund von Bauarbeiten gesperrt, so dass wir wohl oder uebel wieder "unten rum" am Yellowstone Lake vorbei muessen. Auf dem Weg passieren wir drei mal die Continental Divide. Irgendwie reizen mich diese Schilder immer mit einmal Pinkeln zwei Ozeane zu bewaessern, aber ich kann mich dann doch beherrschen.
Auf dem Weg informieren uns automatische Schilder am Strassenrand in wieviel Minuten mit dem naechsten Ausbruch des "alten Treuevollen" zu rechnen ist. Daher wissen wir, dass wir noch eine gute halbe Stunde Zeit haben, das Upper Geyser Basin im Laufschritt zu erkunden. Es tut mir in der Seele weh. An jedem der Geysire allein koennte ich die halbe Stunde verbringen. All die skurrilen Farben und Formen...
Inzwischen haben sich die Publikumsraenge gefuellt und alles ist bereit fuer Old Faithful. Ich habe schon Bundesligaspiele mit weniger Zuschaern gesehen. Old Faithful ist puenktlich wie die Eisenbahn. Deutsche Bahn Kunden wissen, was das heisst: er bricht mit sieben Minuten Verspaetung aus. Amtrak waere stolz!
Waehrend wir uns zusammen mit hunderten anderen Autos auf den Weg vom Parkplatz runter machen, stellen wir fest, dass wir Zeit fuer hoechstens einen weiteren Stop haben.
Mein geliebter Morning Glory Pool faellt flach. Die Wahl faellt auf das Midway Geyser Basin, wo wir neben anderen Geysiren vor allem die Grand Prismatic Spring bewundern. Die Farben sind einfach irre, aber so richtig toll muss der Blick von oben sein. Ein andermal....
Nun heisst es dem Yellowstone Goodbye sagen und sich auf den Weg nach Boise machen. Die geplante Ankunft gegen acht Uhr ist sowieso schon Makulatur, aber vor Mitternacht waere schon ganz nett. Nun muss ich fuer mein Bier gestern abend und den Beifahrerplatz im Yellowstone zahlen: Sieben Stunden hinter dem Steuer bis Boise. Die Fahrt im Dunkeln durch Open Range Gebiete machen keinen Spass. Man muss immer ein Auge auf eventuelle Tiere links und rechts der Strasse haben. Am Ende sitzt dann aber eine riesige Horned Owl mitten auf der Strasse und snackt gemuetlich an Roadkill. Ich kann rechtzeitig bremsen und der Vogel beendet seine Mahlzeit auch schnell genug, so dass nichts passiert.
Das gemuetliche Abendessen in Boise faellt allerdings aus, da wir erst gegen Mitternacht nach einem langen Tag dort eintreffen. Damit geht dieser ereignisreiche Tag und auch dieser Reisebericht zu Ende.
Ich freue mich, dass sich auch fuer diese etwas ungewoehnliche Tour interessierte Mitreisende gefunden haben und bin fuer Fragen, Kommentare und Anmerkungen aller Art offen.