21. Tag Freitag, 21.08.2009 San Francisco – Sausalito – San Francisco
Wir schlafen recht gut und sind für unsere Verhältnisse auch einigermaßen zeitig dran. Trotzdem ist der Frühstücksraum ziemlich überfüllt und der Nachschub an Futter läßt etwas zu wünschen übrig. Satt werden wir trotzdem.
Zunächst bummeln wir die Bush-Street hinunter, amüsieren uns über die lange Schlange vor der Vermietstation von Alamo, kreuzen ein wenig durch Chinatown, um anschließend bei Banana Republic ein paar Mitbringsel für die Kinder zu erstehen (Pulli bzw. kleine Parfums). Im Eilschritt bringe ich die Sachen ins Hotel, damit wir sie nicht den ganzen Tag mit uns herumschleppen müssen. Beim Vorbeigehen kann ich mir nicht verkneifen, nochmals die lange Warteschlange bei Alamo abzulichten, die inzwischen ein ganzes Stück länger geworden ist (das Foto ist
hier zu besichtigen). Marianne wartet inzwischen in einem Postkartengeschäft.
Chinatown
Anschließend gehen wir zum Embarcadero und Ferry Building und kaufen unsere Tickets für Sausalito. Nicht allzu lange müssen wir warten, bis wir an Bord gehen können. Die Überfahrt beschert schöne Blicke auf San Francisco, auf Golden Gate und auf Alcatraz.
Golden Gate Bridge von der Sausalito Ferry
In Sausalito wenden wir uns von der Masse ab, die nach links (Westen) ausschwärmt und gehen nach rechts an den Hafenbecken entlang. Am Hang stehen viele hübsche Häuschen. Nach einer Weile kommen wir am Paradise Bay Restaurant vorbei, das einen schönen Blick zu haben verspricht und eine ansprechende Speisekarte aufweist.
Wir bitten um einen Tisch auf der Terrasse im Schatten und verbringen gute 1 ½ Stunden bei Flatbred bzw. Lobsterravioli mit dreierlei Saucen, was wir wechselseitig teilen, bei Creme Brulee bzw. Lime Tarte, einer ganzen Flasche trockenem Rosé, einem Liter Pellegrino und zwei echten (!!!) Cappuccini. Ein wunderbarer entspannender Mittag mit schönem Blick auf einen kleinen Hafen.
Hafenbecken in Sausalito
Mittagessen in Sausalito
Nachtisch
Blick über den Tellerrand
Leicht beduselt gehen wir noch ein ganzes Stück weiter, bis wir an den noch verbliebenen Alt-Hippie-Hausbooten ankommen. Irgendwie mutet das für uns schon nahezu niedlich-spießig an, alles muß seine Ordnung haben: es gibt - natürlich bunte, aber ordentlich aufgereihte - Briefkästen und eine Art Schrebergarten; ein über und über bemaltes und mit allem möglichen Kitsch und Kleinspielzeug übersätes altes Auto dient als Gartenzwergersatz.
Briefkästen in Sausalito
Schrebergärten in Sausalito
Geräteschuppen in Sausalito
Anschließend tingeln wir in der zweiten Reihe zurück, wo sich etliche Galerien und hübsche Modegeschäfte befinden. Wir gehen über die Anlegestelle hinaus in die andere Richtung – und landen in fürchterlich verkitschten und touristifizierten Bereichen. Den Vogel schießt ein Christmas-Shop ab mit erschreckenden Baumbehangfiguren und einem künstlichen Christbaum, der aus der Spitze Styropor-Schnee versprüht.
Christbaumkitsch in Sausalito
Während wir auf unser Boot für den Rückweg warten, können wir die ständig wechselnde Intensität des Nebels in der Bay bewundern. Untermalt wird das Schauspiel von den Klängen eines Gitarrespielenden auch nicht mehr ganz jungen Hippies. Ich nehme an, der gehört zum Inventar der Fährgesellschaft, um die Gäste zu amüsieren.
echtes Sausalito-Gefühl
San Francisco im Nebel
San Francisco ohne Nebel - keine fünf Minuten später
Wir fahren um 15:20 zurück und sind ziemlich müde, so daß wir uns erst im Embarcadero Center einen Platz im Freien und dann noch im Hyatt Regency einen Platz in der Lobby suchen, um einfach mal nur zu faulenzen. Beides sind von Portman gestaltete Remakes des Peachtree Center bzw. des Hyatt Regency in Atlanta – und beides hat das Schicksal nahezu aller Remakes: das Original wird einfach nicht erreicht, auch wenn hier sogar derselbe Architekt am Werke war und die Halle vom Hyatt Regency noch weitläufiger (aber halt nicht so gut proportioniert) ist.
Da der Pier 33, wo die Fahrten nach Alcatraz starten, ziemlich weit entfernt ist, fahren wir mit der Tram („F“), um die Füße zu schonen. Der Boardingprozeß für die Alcatraz-Tour ist wieder ein Beispiel amerikanischer Bürokratie gepaart mit Geschäftstüchtigkeit: Erst darf man in der Schlange anstehen, dann werden die (über Internet erstandenen und zuhause ausgedruckten) Fahrkarten kotrolliert, dann darf man in der nächsten Schlange anstehen und es werden Fotos vor einer Alcatraz-Kulisse gemacht (immerhin kann man verzichten, was wir auch tun. Wer sich ablichten lassen und das Ergebnis nach Hause nehmen will, kann das Foto nur paarweise – ja, zwei Abzüge desselben Fotos – gegen gesalzene 22 USD erwerben
), dann darf man erneut in einer Schlange anstehen, dann – ja, was dann?: - dann werden die Fahrkarten kontrolliert
.
Als es dann endlich losgeht, hat man aber schöne Rückblicke auf San Francisco im milder werdenden Abendlicht und wir bekommen – weil „night“-tour zunächst eine Rundfahrt um die Insel mit vielerlei Erklärungen (bei den normalen Touren wird offenbar die Anlegestelle unmittelbar angesteuert).
Golden Gate im abendlichen Gegenlicht
Alcatraz, Südseite
Alcatraz, Wäscherei - Arbeitsstelle für die Häftlinge
Nach dem Anlegen bekommen wir etappenweise während des Hinaufgehens zum Gefängnisgebäude schon einige Erläuterungen. Dann kommt der Hauptteil: die Audiotour im Inneren des Gefängnisses. Auch hier (wie im Mariposa Grove) eine ausgezeichnete deutsche Version, die einem den Schrecken dieser für deutsche Empfindungen schon besonders grausamen Vollzugsanstalt nahebringt. Zellen für Käfighaltung (sowohl Größe als auch Anmutung mit den offenen Gittern), Dunkelhaftzellen für renitente Gefangene, Stories über Ausbruchsversuche, über besonders „prominente“ Gefangene und über die Eigenarten der verschiedenen Gefängnisdirektoren. Marianne bekommt anläßlich der Schilderung einer Rebellion im Speisesaal Sorge, daß ich bei Spaghetti bei nächster Gelegenheit den Tisch umschmeiße. Aber auch kleine Details sind ineressant: So dient das - auch aus Filmen bekannte - Andengeln an den Gitterstäben mit dem Schlagstock im Vorübergehen weniger der Belästigung der Häftlinge als vielmehr dem Aufspüren angesägter Stäbe, die einen anderen Klang aufweisen.
Alcatraz, Kleiderkammer
Alcatraz, Zellentrakt
Alcatraz, Blick zum Hof
Alcatraz, Zelle eines Ausbruchsversuchs
Wir nehmen noch an zwei Anschlußprogrammen teil: Besuch der Krankenstation mit einem erschreckenden OP-Raum und auch sonst nicht sehr einladenden Räumlichkeiten. Außerdem die Geschichte von Floyd Hamilton, dem Bruder von Raymond Hamilton, der mit Bonnie & Clyde zusammen“arbeitete“. Floyd flüchtete nach seinem zunächst erfolgreichen Ausbruch aus seinem Versteck ein paar Tage später wieder in das Gefängnis zurück, weil er keine Chance sah, von der Insel wegzukommen. Er war damit der einzige, der freiwillig in das Gefängnis ging. Diese Geschichte wurde uns in Etappen beim Rückweg zur Anlegestelle sehr anschaulich geschildert. So waren wir rechtzeitig zur Abfahrt von unserem Boot wieder unten.
Alcatraz, Krankenstation, Labor
Alcatraz, Krankenstation, Operationssaal
Alcatraz, Wachtturm im Abendlicht
Insgesamt hat uns die Abendtour außerordentlich gut gefallen. Das warme Licht macht die Gesamtsituation etwas erträglicher und die Rahmenprogramme sind sehr informativ. Unser Boot um 20:40 brachte uns kurz nach 21:00 wieder an Land, wo wir mit der Tram zurückfahren wollten. Nach längerer Wartezeit an der gut besuchten Haltestelle donnerte ein vollbesetzter Wagen mit schrillem Geklingel weniger als haarbreit an den Wartenden vorbei - für unser Empfinden schon extrem gefährlich.
Daher entschlossen wir uns, trotz der müden Füße zurückzugehen. Da der wasserseitige Teil de Embarcadero gut beleuchtet ist, geht man dabei auch kein besonderes Risiko ein. Aber es dauerte seine Zeit, bis wir wieder im Hotel waren. Angesichts des üppigen Mittagessens haben wir auch keinerlei Hunger und vernichten unsere letzten Biervorräte mit ein paar Crackern.
0 mi