Donnerstag, 20. September 2007Heute morgen geht es erst einmal Richtung Supermarkt, denn vor dem anstrengenden Trail zum Double-O-Arch müssen Wasser- und Nahrungsvorräte aufgefrischt werden. Aber der Supermarkt hält nicht nur leckeres Brot (mit richtiger Kruste!) für uns bereit, sondern auch einen Fotodienst, bei dem man Speicherkarten auf CDs brennen lassen kann. Hurra, neuer Platz auf den Karten! Na, wenn das kein guter Morgen ist!
Denke ich und schiebe fröhlich zwei Speicherkarten in den Computer. Die erste geht problemlos durch, aber bei der zweiten heißt es plötzlich: „No pictures". Erschrocken schiebe ich die Speicherkarte wieder in die Kamera, die mir bloß Fragezeichen und defekte Dateien zeigt. Ich könnte heulen. Auf der Karte sind fast alle Bilder vom Yellowstonepark! Von den Geysiren, vom Bär, von dem röhrenden Elk... Mein Freund versucht mich zu trösten und mir klarzumachen, dass ich im Moment sowieso nichts ändern kann, aber jetzt bin ich erst mal richtig gefrustet.
Auf der Fahrt in den Arches Nationalpark versuche ich mich in Selbstmotivation. Was hat Hape Kerkeling nochmal auf seiner Pilgerreise von einer Wanderfreundin gelernt? Man soll sich einfach alles beim Universum bestellen? Okay, ich bestelle mir für heute tolle Fotomotive und richtiges Fotowetter im Arches Park. Und für zuhause, dass das Picture-Recovery-Programm auf meinem Computer mit meiner widerspenstigen Speicherkarte fertig wird.
Das Universum liefert Bestellung Nummer 1 prompt aus. (Und der aufmerksame Leser wird bemerkt haben, dass auch Bestellung Nummer 2 erfolgreich war). Der Devils Garden Trail ist zwar nicht gerade für Rollerskater geeignet und die einzelnen Arches auch oft nur über Nebenstrecken zu erreichen, aber die Sonne lacht mal wieder von einem blauen Himmel, und die Steinbögen leuchten in bestem Fotolicht. Wir klappern sie alle ab, ganz egal ob riesig groß....
...oder winzig klein....
...ob mit viel Himmel...
...oder wenig Himmel...
...ob von nahem...
...oder von weitem.
Das Universum hat allerdings bei der Lieferung des Fotowetters ein bisschen übertrieben und sorgt für staubige Hitze. Nicht nur die Arches leuchten rot in der Sonne, sondern offenbar auch mein Kopf. Die entgegenkommenden Wanderer bieten mir mitleidig ihren Sunblocker an. Aber nein danke, Sonnencreme habe ich genug im Gesicht. Siebenmeilenstiefel wären mir jetzt lieber. Und eine eiskalte Cola light. Aber leider scheint die Bestellhotline des Universums gerade überlastet zu sein, und ich muss das letzte Stück zum Double-O-Arch aus eigener Kraft schaffen. Mein Freund wirkt natürlich mal wieder, als könnte er den Trail über die langgestreckten Felsgrate auch auf einem Bein hüpfend bezwingen. Natürlich rückwärts und mit verbundenen Augen.
Gerade als ich mir überlege, warum die Nationalparkverwaltung nicht einfach ein paar Felsen aus dem Weg sprengt und eine asphaltierte Straße zum Double-O-Arch baut, macht der Weg endlich einen Bogen nach links. Wir haben es geschafft! Vor uns taucht riesig groß der Arch mit seinem seinen beiden runden Bögen auf. Als wir dann endlich auf der anderen Seite auf einem Felsrücken sitzen und mit ein paar wenigen anderen Wanderern den Anblick und die Stille genießen, bin ich dann doch froh, dass die Nationalparkverwaltung hier keinen Busparkplatz eingerichtet hat.
Der Weg zurück ist ohne die Umwege zu den Arches zum Glück viel schneller bewältigt als der Hinweg. Am Auto bekomme ich dann endlich meine kalte Cola light und bedanke mich dafür beim Universum. Auch dafür, dass es die Trails zum Skyline Arch und zum Sanddune Arch, die wir uns danach noch anschauen, extra für mich als einfache Spazierwege angelegt hat.
Dann fahren wir nochmal in die Windows Section und machen uns auf den Weg zum Double Arch. Und dort erinnert mich das Universum leider daran, dass man für seine Bestellungen manchmal auch bezahlen muss. Ein paar Fotos darf ich noch machen. Aber dann rutsche ich beim Raufklettern plötzlich ab. Und lande mit dem rechten Knie voll auf dem nackten Fels. Au!
Ich kann erstmal gar nicht weitergehen und sitze heulend unter dem Double Arch. Irgendwann lässt der Schock dann nach und wir schieben uns zum Pontiac zurück. Ich humpele vorsichtig den Weg hinauf, mein Freund holt ein Handtuch und kaltes Wasser und versucht das Knie zu kühlen. Das tut richtig gut. Und einfach mal in der Nachmittagssonne am Straßenrand sitzenzubleiben und zu verschnaufen ist auch nicht verkehrt. Während wir immer wieder das Handtuch ins Eiswasser tauchen und auf mein Knie legen, können wir außerdem zuschauen, wie sich komplette Busladungen von Urlaubern zum Hinweisschild am Double Arch schieben, einen Blick in die Landschaft werfen, das Schild fotografieren und dann wieder in den Bus steigen. In ihrem Reisekatalog steht für heute bestimmt „Auf der Fahrt durch den Nationalpark sehen Sie den wunderschönen Double Arch", und das ist ja nicht mal gelogen.
Mein Knie entscheidet sich schließlich dafür, nur ein kleines bisschen anzuschwellen und Spuren von Blau zu zeigen, und damit kann ich fürs erste leben. Größere Wanderungen sind für den Rest des Tages für mich natürlich gestrichen. Zum Lower Delicate Arch Viewpoint schaffe ich es noch, aber der ist ja auch nur 100 yards vom Parkplatz entfernt. Zum Sonnenuntergang trennen wir uns dann. Mein Freund wandert die Schleife in der Windows Section entlang, und ich setze mich an den Balanced Rock, der bei Sonnenuntergang fast noch schöner leuchtet als der Delicate Arch.
Zum Abendessen gönnen wir uns heute mal was ordentliches und gehen ins Buck's Grillhouse. Mein Büffelfilet ist wunderbar zart, und der kalifornische Weißwein tut sein bestes, um Speicherkartenärger, Schmerzen und den Schock über die anschließende 100-Dollar-Rechnung abzumildern. Vor dem Einschlafen packe ich mein Knie noch in einen Verband und das mitgebrachte Sportgel ein. Um mir noch große Sorgen über die weitere Tour zu machen, bin ich einfach zu müde. Also mal schauen, was das Universum morgen für uns bereithält.