Montag, 19.10.2009Vor dem Frühstück rufe ich bei Brian an, den wir im Big Bend NP kennen gelernt haben. Nach einigem Hin und Her habe ich ihn dann auch an der Strippe. Die Verständigung klappt auch ganz gut. Er ist überrascht, dass wir uns wirklich melden und freut sich sehr. Auf meinen Vorschlag, gemeinsam Essen zu gehen, lädt er uns spontan zu sich nach Hause ein. Außerdem könnten wir bei ihm und seiner Familie wohnen. Mir fiel gerade mal keine Ausrede ein, insbesondere nicht auf Englisch. OK, wir werden sehen. Wir verabreden uns um 18:00 Uhr an einer Tankstelle am Highway 87. Alles ganz schön aufregend. Die Aussicht auf ein gemeinsames Dinner und evtl. Übernachtung. Unser Englisch reicht normalerweise ganz gut für „small-talk“ aus. Aber für einen ganzen Abend ?
Nach einem ordentlichen Frühstück im BW besichtigen wir Galveston. Die Schäden, die der Hurrican „Ike“ letztes Jahr angerichtet hat, sind weitest gehend behoben, allerdings an einigen Gebäuden noch deutlich sichtbar. Vor allem das historische
Flagship Hotel ist noch schwer beschädigt. Da kann man sich erst einmal vorstellen welche Kräfte dort auftreten.
Der historische Stadtkern „The Strand“ ist schön renoviert. Es gibt viele prächtige Häuser in Galveston. Es erinnert ein klein wenig an Key West.
Danach machen wir uns auf den Weg nach Orange, direkt an der Grenze zu Louisiana und nehmen erstmal die Fähre zur Halbinsel Bolivar und fahren noch ein wenig am Wasser lang.
Viele Häuser wurden neu errichtet auf ca. 2,5 Meter hohen Stützbalken. Kann man gut sein Auto drunter parken. Aber der Respekt vor den Naturgewalten ist allenthalben spürbar.
Gegen 17:00 erreichen wir Beaumont. Wir überlegen schon eine ganze Zeit, was wir als Gastgeschenk mitbringen können. Unsere Idee, einen Bildband über Deutschland zu schenken können wir vergessen, denn weder bei Barnes & Nobles noch bei Books-A-Million gibt es so was. Es gibt Bildbände über Italien, Frankreich, Irland, Island und alle möglichen anderen Länder. Über Deutschland gibt es nur Literatur im Zusammenhang mit WW II und das muss ja nun nicht sein. Wir entscheiden uns für einen hübschen Blumenstrauß und einen 6-Pack Köpi von Spec’s. Dann hat man gleich was Vernünftiges zu trinken am Abend.
Wir sind spät dran. Zum Glück darf ich bei Spec’s mal telefonieren. Wir verabreden uns neu für 18:45 auf dem Parkplatz von Kroger’s in Orange, nahe der I-10.
Klappt auch alles bestens. Die Begrüßung ist herzlich. Brian erzählt, sie hätten noch ein paar Freunde eingeladen und ein Dinner für uns bereitet. So langsam werden wir nervös. Aber es läuft wie eigentlich immer alles ganz easy. Die Gastgeber sind mindestens genauso aufgeregt wie wir. Aber die Kommunikation klappt eigentlich bestens. Die Stimmung ist gelöst und schnell sitzen alle bei Tisch. Sheri, seine Frau, hat eine leckere Gumbo zubereitet mit Chicken und würzigen Sausages. Sehr lecker. Brian hat deutsches Bier besorgt! Löwenbräu und Dinkelacker Dunkel ! Das Köpi kommt aber auch bestens an.
Das Grundstück liegt sehr idyllisch an einem Seitenarm des Adams Bayou.
An einem Steg liegt ein Speed-Boot mit 450 PS, offensichtlich – neben der Harley – das Lieblingsspielzeug des Hausherrn. Ob wir morgen mal einen kleinen Ausflug machen wollen? Na klar.
Brian entschuldigt sich für das etwas chaotische Umfeld, aber die Familie wurde von Hurrikan schwer getroffen. Das Haus stand ca. 1,5 Meter unter Wasser. Viele Dinge konnten nicht gerettet werden. Z.B. sind alle sein Cowboy-Boots abgesoffen. Den Schmerz können wir natürlich verstehen. Aber man kann eben nicht alles retten. Kurz nach Ankündigung des Hurrikans ist die Evacuation-Route total voll, weil natürlich alle möglichst viel retten wollen.
Die Familie hat vom Staat Texas kostenlos ein Mobil-Home bis zur Renovierung des Wohnhauses überlassen bekommen. Bis vor 3 Wochen haben sie zu viert auch noch in diesem kleinen Haus gewohnt.
Die Renovierung ist nun aber fast abgeschlossen. Das Haus ist schön eingerichtet, nicht luxuriös, aber geschmackvoll. Es ist ziemlich groß. Ich schätze mal so 175 qm, alles natürlich auf einer Ebene.
Wir fragen, ob nicht die Angst vor einem neuerlichen Orkan da ist. Dies ist auf jeden Fall so. Es ist bereits das zweite Mal, dass die Familie von einer Naturkatastrophe betroffen ist. Wenn es noch einmal passiert, wollen sie in eine sicherere Gegend ziehen. Wenn ich mir dieses herrliche Fleckchen Erde ansehe, glaube ich das aber nicht wirklich.
Auch wir werden – vor allem von den Kindern – über unser Leben in Deutschland ausgequetscht. Stolz wird festgestellt, dass Texas fast doppelt so groß ist wie Deutschland. Das in unserem kleinen Land aber fast 4-mal soviel Menschen Leben, beeindruckt alle aber sichtlich. Immer wieder hören wir: "Make yourself at home". Fühlt Euch wie zuhause.
Brian erneuert sein Angebot, dass wir dort übernachten können. Wir nehmen das Angebot gerne an. Die Gastgeber hatten offensichtlich auch einen harten Tag hinter sich, so dass gegen 22.00 Uhr der Tag sich dem Ende neigte.
Meilen: 132
Essen: -
Hotel: -