Sonntag, 24. September 2006Nach Frühstück und Köperpflege sitzen wir bereits zeitig im Auto und fahren die 2 Meilen in Richtung Escalante. An der Tankstelle am Ortsausgang tanken wir voll und stoppen zunächst am Visitor Centre. Das Besucherzentrum kennen wir bereits vom letzten Mal, nur ist es heute viel voller hier. Die Rangerpulte sind umlagert von Besuchertrauben, von denen nicht alle so aussehen, als würden sie einen Fussmarsch von mehr als einer Meile im heissen Wüstenklima überstehen. Wir sehen uns um und finden den Wetter- und Strassenbericht an einem Infoboard auf dem Parkplatz. Ein Lächeln huscht über unsere Gesichter: alle Strassen im Grand Staircase sind befahrbar. Für Hole in the Rock Road (HitRR) und Cottonwood Canyon Road (CCR) lautet der Zustandsbericht:
passable by Passenger Car. Das Wetter meint es ebenfalls gut:
mostly sunny – was will man mehr.
Etwa 4,5 Meilen ausserhalb von Escalante in Richtung Boulder biegen wir auf die Hole-in-the-Rock Road (HitRR) ein und kurze Zeit später fahren wir, eingehüllt in eine grosse Staubwolke, zügig die gute Gravelroad nach Süden. Bei einem Fotostopp überholt uns die Wolke aus feinem Staub und lässt uns schnell zurück ins Fahrzeug flüchten. Der Zustand der HitRR ist hervorragend. Mit sorglosen 45 mpH brettern wir die gegradete Backroad hinunter, rechterhand begrenzen die Aufwerfungen des Kaiparowits Plateau unsere Sicht, linkerhand erstreckt sich die Landschaft der Canyons of the Escalante schier bis ins Unendliche. Wir passieren nach knapp 11 Meilen die Abfahrt zum
Harris Wash und merken uns bei Meilenstand 12,3 den Abzweig zum
Devils Garden für den Nachmittag vor. Die nächsten Abfahrten zum
Egypt Trailhead,
Left Hand Collet Road und
Early Weed interessieren uns diesmal nicht und so biegen wir nach etwa 26 Meilen nach Links in den
Dry Fork Turnoff ein (BLM Road 252 / 253).
Bis zum Trailhead am Ende der BLM Road 252 sind es etwa 2 Meilen über eine ausgewaschene Dirtroad mit vielen Schlaglöchern und Rippen, für Strassenfahrzeuge möglicherweise problematisch. Am Trailhead parken bereits 5 Geländewagen und gerade marschiert eine vierköpfige Gruppe unter lautem Geschnatter los. Wir finden ein Plätzchen für unseren staubbedeckten Trialblazer und packen die Rucksäcke. Unsere Trekking-Wassersport-Sandalen trocknen neben dem Zelt in der Sonne und wir ärgern uns gründlich, dass wir unsere Wadingboots nicht zur Verfügung haben. In flachen Trekkingschuhen laufen wir los und uns bleibt noch die Hoffnung auf trockene Gumpen im Peek-a-boo Slot Canyon. Unsere Cowboyhüte bleiben im Wagen, in den engen Canyons wären die ausladenen Hutkrempen nur hinderlich. Frank setzt stattdessen seine Baseballcap auf, ich verzichte auf Sonnenschutz, grösstenteils werden wir uns in den schattigen Canyons aufhalten. An der Registraturbox tragen wir uns ins Trailbook ein und beginnen kurz darauf über griffigen Fels eine steile Felskante nach unten zu klettern. Steinmännchen leiten uns sicher über Felsbänder und durch sandige Passagen. Am Ende des Hangs können wir bereits den Einstieg ins Flussbett erkennen. Der schattige Zustieg in die
Dry Fork of the Coyote Gulch ragt wie eine klaffende Wunde aus der zerklüfteten Felslandschaft.
Vorbei an grünem Bewuchs laufen wir auf die gähnende Öffnung im Fels zu und verschwinden kurze Zeit später zwischen den schattenspendenden Felswänden. Hier kann man noch nicht von Narrows sprechen. Das Flussbett ist weit, auf der rechten Seite laufen wir durch lockeren Sand direkt an der glatt geschliffenen Felswand entlang, links türmen sich Hügel von Sand. Fußspuren verraten uns, dass wir auf dem richtigen Weg sein müssen. Gelegentlich ist der Weg mit Cairns (Steinmännchen) markiert.
Wir folgen dem Weg weiter durch den lockeren Sand und stehen bald vor dem Eingang des Peek-a-boo-Canyons. Vor uns hadert eine Familie mit dem Eingang in etwa 4 Metern Höhe. Die Mutter findet es zu gefährlich, die Kinder und der Vater möchten in den Canyon klettern. Nach kurzer Diskussion setzt sich der abenteuerlustige Teil der Familie durch und der Junge klettert geschickt unter Zuhilfenahmen der Trittkerben nach oben. Seine Schwester folgt ihm im zügigen Tempo bevor sich der Vater anschickt ihnen nachzuklettern. Hoch oben stockt die Versammlung und es beginnt eine neue Debatte, anscheinend steht Wasser im Canyon.
Wir geben ihnen noch etwas Vorsprung und wenden uns zunächst nach Westen, in etwa 200 m Entfernung haben wir eine unscheinbare Öffnung in der Felswand entdeckt, der Eingang zu den
Upper Narrows. Die Felswände stehen gut 2 m auseinander und verengen sich auch nach einigen Windungen nicht merklich. Zurück am Peek-a-boo Slot treffen wir auf die Amerikaner, die mit nassen Füssen die Peek-a-boo-Erkundung abgebrochen haben. Jetzt sind wir an der Reihe. Ich klettere zuerst. Direkt unter dem Einstieg befindet sich ein grösseres Schlammloch. Ich überquere es mit einem grossen Schritt und stelle mich auf einen Felsbrocken, damit meine Schuhe schlammfrei bleiben. In die Felswand hat jemand Trittkerben gemeisselt, die bereits durch Schlamm rutschig geworden sind. Der Aufstieg gelingt trotzdem im 1. Versuch und in etwa 4 m Höhe inspiziere ich den Canyoneingang und winke zu Frank runter, dass er hochkommen soll. Der fotographiert noch und erwischt mich mit einem Schnappschuss mit den Händen vorm Gesicht beim Nase putzen.
Diese Geste kann man auch anders deuten:
Oh Gott, ist das hoch, wie komme ich hier wieder runter. Statt ich runter, kommt Frank hoch und ist, beladen mit 2 Kameras, beim Klettern leise am Fluchen. Der Aufstieg ist kein Problem, aber ein Sturz und das teure Foto- und Videoequipment wäre hinüber. Wir klettern über eine Felsbarriere tiefer in den Canyon und stehen vor einem gewaltigen Pool, gefüllt mit schmutzig-schlammigem Wasser. Die Überquerung trockenen Fusses würde nicht einfach werden. Doch wir wollen noch weiter, bis zu den Fenstern im Canyon. Diese Felsdurchbrüche sind ein schönes Fotomotiv. Ein amerikanischer Hiker in Teva-Sandalen hat mittlerweile zu uns aufgeschlossen und wir unterhalten uns kurz. Er rät uns zu dem Rundweg über Peek-a-boo und Spooky. Der Cross-Country Weg wäre mittlerweile gut markiert und man könnte sich praktisch nicht mehr verlaufen. Doch vor dem Ausgang warten noch zahlreiche Pools mit trüber, brauner Brühe. Der Amerikaner schickt sich an, mit seinen Sandalen die geschliffenen, rutschigen Canyonwände zu erklimmen und rutscht ab und steht mehr als knöchelhoch in der trüben Suppe. Jetzt ist es egal und er schwingt sich mit dem Hintern zuerst auf die Felsbarriere, die das Wasserloch vom nächsten Pool trennt. Er berichtet uns, dass auch hier im nächsten Trog Wasser steht, allerdings nicht mehr ganz so hoch wie im ersten.
Frank schaut mittlerweile besorgt auf seine nagelneuen Trekkingschuhe, in den Jack Wolfskin Tretern hat er noch keine 50 Kilometer zu Fuss zurückgelegt und er möchte sie ungern ruinieren. Ich habe eigentlich auch keine Lust auf nasse Füsse, speziell nicht, da es so unappetitlich trüb-braunes Wasser ist. Ich verkünde, ich werde den Pool trockenen Fusses überklettern und mir die nächsten Pools mal anschauen. Ich wähle eine andere Route als der amerikanische Hiker und ziehe mich an einer Felskante unter Aufbietung meiner gesamten Armkraft nach oben und gelange trockenen Fusses auf die Felsbarriere. Doch wo hin jetzt? Der nächste Pool ist anscheinend nicht so tief, aber dafür breiter. Ich versuche mit einem Spreizschritt die trockenen Anteile des Troges zu erreichen, keine Chance, langsam - in Zeitlupe - rutsche ich auf dem glitschigen Untergrund nach unten und stehe knöcheltief in der trüben Brühe. Frank kommentiert das Platschgeräusch mit einem
„das habe ich mir gedacht, trocken schaffen wir das nicht“. Ich hebe meinen Fuss aus der Brühe, das Wasser steht gut 5 cm über den Schuhrand und mein Schuh ist bereits voll gelaufen. Meine Halbschuhe sind schon betagt und abgelaufen und sollten sowieso den Weg über den Teich nicht mehr zurück schaffen. Ich stakse durch den Pool und lasse mir die Kamera geben. Wenn die Füsse jetzt ehe schon eingesifft sind, kann ich auch genausogut noch ein wenig weiter in den Canyon und das Fenster fotographieren. Das kommt schon nach dem nächsten Pool, ich bin allerdings zu dicht dran und klettere wieder etwas zurück.
Frank wartet noch immer in der Nähe des Canyoneingangs. Ohne ihn macht mir das Canyonklettern keinen Spass und schon bald stehe ich mit völlig verdreckten Schuhen, bespritzter Hose neben ihm am Eingang. Jetzt heisst es noch ohne Sturz wieder nach unten zu gelangen was mit den glitschigen, schlammigen Schuhen noch schwieriger ist. Nachdem ich die Wand zur Hälfte hinuntergeklettert bin, springe ich den Rest ab und es gelingt mir sogar, mich soweit von der Canyonwand weg zu katapultieren, dass ich nicht im Matsch lande. Frank folgt mir und klettert geschickt, mit SLR-Kamera und Camcorder bewaffnet, nach unten. Mit unserer dritten Kamera, der Digitalen, halte ich Franks Abstieg fest.
Unten angekommen ist es Zeit für einen grossen Schluck aus dem Wasserpack und für einen Striptease. Damit wir uns an den engen Windungen des Canyons nicht die Haut aufschürfen, trägt Frank ein Sweatshirt und ich meine Fleecejacke. Diese Kleidungsstücke binden wir uns jetzt um die Hüften und nachdem ich meine Socken ausgewrungen habe sind wir bereit für neue Abenteuer und stapfen in östliche Richtung zunächst durch Tiefsand zum Spooky Canyon davon.
Ausser uns sind noch weitere Wanderer in der Dry Fork unterwegs, die meisten allerdings in umgekehrte Richtung. Bei der ersten Gelegenheit wechseln wir in das feste Bett des Dry Fork Wash, kommen jetzt zügig voran und legen den km bis zum Eingang des Spooky Gulch binnen kürzester Zeit zurück. Angeblich kann man den Canyoneingang beim Gehen im Wash auch übersehen, vielleicht haben wir einfach nur Glück, dass wir genau auf die gähnende Öffnung in der Felswand zulaufen und praktisch direkt vor dem Eingang der Spooky Gulch stehen.
Der Canyon beginnt zunächst unspektakulär, die Felswände stehen etwa 3 m auseinander, binnen kürzester Zeit verengen sich diese so weit, dass Frank die Kamerataschen und ich den Wasserrucksack vor dem Bauch tragen muss. Wir schieben uns seitwärts durch die schmalen Windungen der Spooky Gulch. Auf einem Felsvorsprung in Augenhöhe liegt ein riesiger Skorpion, den ein vorsichtiger Wanderer getötet und ihm den Schwanz mit dem Stachel abgebrochen hat. Mit deutlich mehr Respekt betrachten wir jetzt den Canyon und schauen ganz genau in Felsnischen unter denen wir uns hindurchdrücken.
Die Sonne steht nahezu senkrecht über dem Canyon, es ist schwierig ohne Stativ anständige Fotos zu schiessen. Von den Canyonwänden hallen unsere schlurfenden Schritte und die gedämpfte Unterhaltung wieder. Der Rückhall kündigt weitere Wanderer an: Zwei Frauen unterhalten sich unüberhörbar und jauchzen immer wieder lautstark. Wir schieben uns bis zu einer Ausbuchtung im Canyon, wo wir die beiden bequem passieren lassen können. Doch die beiden sind stehengeblieben und machen keine Anstalten weiterzugehen. Also raffen wir unser Equipment und quetschen uns weiter durch die engen Felsschluchten und stecken bald fest. Die Amerikanerinnen vor uns und einen Felsspalt von nur etwa 30 cm Breite im Rücken. Die beiden Wanderer mit ihren bunten Kopftüchern, Trekkingblusen- und Hosen legen den Rückwärtsgang ein und nach etwa 10 m sind wir an einer Stelle wo wir zu viert bequem stehen können. Wir erfüllen die Bitte eines Fotos und knipsen die beiden Frauen, die ihre Köpfe lachend aus dem engen Canyongang strecken.
Hier in den Slotcanyons der Dry Fork werden Erwachsene wieder zu Kindern, es macht riesigen Spass durch die schmalen Canyons zu kriechen und sich immer wieder seitlich durch die engen Windungen zu schieben.
Manchmal ist der Canyon in Brusthöhe so eng, dass wir auf allen Vieren durch den Sand robben müssen, an einigen Stellen klettern wir in Kamintechnik die seitlichen Canyonwände hinauf um vorwärts zu kommen. An einer solchen Stelle posieren wir abwechselnd für ein Foto. Leider sorgt senkrecht einfallendes Licht dafür, dass die Fotos nicht zu den Best Shots gehören.
Immer wieder wirbeln wir beim Gehen, Krabbeln, Klettern Sand auf und schon bald sind wir eingehüllt in eine im Licht tanzende Wolke feinsten Sandes, der sich auch auf dem Filter unserer Objektive absetzt. Bevor die Kameras völlig gesandstrahlt werden, packen wir diese in die Taschen und quetschen uns noch weitere Meter durch diesen Funcanyon bevor wir umkehren.
Auf dem Rückweg kommt uns ein amerikanisches Ehepaar entgegen, die uns überreden wollen, mit ihnen gemeinsam den Rundweg über Spooky und Peek-a-boo zu laufen. Wir lehnen ab mit Hinweis auf die vielen Pools im Peek-a-boo und wünschen ihnen viel Spass. Im Nachhinein wäre es sicher doch möglich gewesen den Rundweg zu laufen, da man den Peek-a-boo Slot auch über einen etwa 800 m langen Pfad über einen Sandhügel umgehen kann und so vom Eingang zum Ausgang oder umgekehrt gelangen kann.
Am Ausgang des Spooky Gulch ist es Zeit für einen kleinen Snack und wir verspeisen jeder einen Power Bar Riegel und nehmen einen kräftigen Zug aus dem Wassersack. Die Sonne brutzelt unerbittlich vom Himmel, trotzdem entschliessen wir uns, zum Brimstone Gulch weiterzulaufen. Wir sind uns nicht sicher, wo er genau abzweigt, wir müssen zunächst östlich dem Verlauf des Washs folgen. Prophylaktisch krame ich den Wanderführer von
Peter Felix Schäfer - Wandern im Südwesten der USA und das GPS-Gerät hervor, schalte das Gitter auf UTM um und tippe die Koordinaten des Brimstone ein.
Luftlinie ist es wenig mehr wie eine Meile, tatsächlich windet sich der Wash in einigen Kehren zwischen den Felswänden hindurch, sodass die tatsächliche Wegstrecke sich entsprechend verlängert. An einigen Stellen ist das Bett bereits so trocken, dass der feste Untergrund von lockerem Sand durchzogen ist und wir laufen kreuz und quer und halten uns an den trockenen, aufgesprungenen, aber festen lehmigen Untergrund. Der Wash verengt sich und führt in eine Felsöffnung, deren Durchlass von einem Chalkstone etwa zu ¾ versperrt wird.
Auf den Seiten ist jeweils ein schmaler Durchlass, dahinter ein Dryfall und der Canyonboden liegt in etwa 1,5 – 2 m Tiefe. Ich schaue etwas ratlos zu Frank, der meinen Blick mit einer Frage erwidert:
Schaffen wir es hier wieder nach oben? Hier wäre etwas Reepschnur ganz nützlich, die wir als Aufstiegshilfe zurücklassen könnten, doch die liegt in unserem Wanderrucksack im Auto. Wir sind trotzdem optimistisch und ich klettere vor. Von unten sieht der Aufstieg schon deutlich schwieriger aus und mir schwant bereits, dass es viel Kraft kosten wird, sich hier wieder nach oben zu ziehen. Frank reicht mir die Kameras nach unten und ich fotographiere ihn, als er an dem gewaltigen Chalkstone vorbei nach unten klettert. Wir befinden uns jetzt in den Lower Narrows. Die Wände treten so eng zusammen, dass nur wenig Licht hineinfällt. Auf halbem Weg steckt ein weiterer riesiger Chalkstone wie ein Korken im Canyon fest und wir denken an Aaron Ralston, einen jungen Amerikaner der seinen Arm bei einer Canyontour eingebüsst hat, als ein riesiger Felsbrocken seinen Arm festklemmte und er, ohne Aussicht auf fremde Hilfe, in einem abgelegenen Canyon in den Canyonlands festsass und sich den eigenen Arm mit einem Taschenmesser amputierten musste um frei zu kommen.
Nach etwa 100 m weitet sich der Canyon wieder und wir treten hinaus in das lichtdurchflutete Bett des Coyote Creek. Ich bereue inzwischen, dass ich meine Mütze im Auto habe, in dem weiten Wash brennt die Sonne unbarmherzig. Frank bietet mir seine Mütze an, aber sein Haupt wird von bereits etwas schütterem Haar bedeckt und er könnte sich schnell einen Sonnenbrand am Hinterkopf holen. Vor kurzem muss das Flussbett noch matschig gewesen sein, doch die Sonne hat den Matsch mittlerweile getrocknet und auf dem Untergrund ist der lehmige Boden inzwischen schuppig aufgesprungen. Bei jedem Tritt raschelt es, als unsere Sohlen die rissigen Strukturen zermahlen. Der Wasservorrat in unserem Rucksack ist bereits ziemlich zusammengeschmolzen, weniger als die Hälfte des Wassers steht uns für den Rückweg zur Verfügung, da wir bereits eine der beiden Reservefläschchen ausgetrunken haben. Das GPS weist uns den Weg, wir stapfen dem Richtungspfeil hinterher, es sind noch etwa 300 m, als im Wash auf der linken Seite ein sandiger Nebenlauf abzweigt. Frank meint, das müsste der Brimstone sein, ich verlass mich lieber auf das GPS, das nicht lügen kann und so laufen wir weiter durch die schattenlose Weite in dem hier menschenleeren Gebiet.
Da wo der Eingang zum Canyon sein soll, stehen wir vor einer etwa 10 m hohen Felswand, auf der anderen Seite sieht es nicht besser aus, dorniges Gestrüpp aber kein Canyoneingang. Wir folgen dem Wash noch etwa 500 m, passieren ausgebleichte Rinderknochen, die die Wassermassen mitgerissen haben. In einer Felsnische entdeckt Frank ein riesiges Nest, darunter hebt sich schwarz-weisser Vogelkot deutlich von der roten Felswand ab. Wir rätseln, welcher riesige Vogel hier brütet und tippen auf einen Geier. Es könnte allerdings auch ein Condor sein, da sich die nächste gesicherte Population weniger als 150 Meilen weiter südlich in den Vermilion Cliffs befindet. Mit dem Camcorder zoomt Frank das Nest heran, unser Fernglas liegt auch im Rucksack und wir verwünschen uns dafür, dass wir so schlecht gerüstet den Hike in dieser faszinierenden Landschaft angetreten haben. Durch das Zoomobjektiv der Spiegelreflex kann ich auch nicht mehr erkennen und wir einigen uns auf ein Geiernest, bevor wir umkehren um den Brimstone Eingang zu suchen.
Frank fordert mich auf, dass GPS auszuschalten, er verlässt sich lieber auf seine Nase und die lässt ihn auch diesmal nicht im Stich. Der sandige Abzweig ist der Eingang zum
Brimstone Gulch und wir stapfen schon bald durch den tiefen rötlichen Sand.
Nach den engen Canyons können wir hier echtes Sandwüstenfeeling erleben. Leider geht es nur sehr mühsam vorwärts. Meine nassen Schuhe sind mittlerweile schon wieder fast abgetrocknet, jetzt dringt feinster Sand von oben in die Schuhe ein und erzeugt beim Gehen Reibung. Frank geht es mit seinen flachen Schuhen nicht besser. Wir kämpfen uns durch die Sanddünen bis zur nächsten Biegung vor, dahinter vermuten wir die sich verengenden Felswindungen, doch weit gefehlt, es geht weiter müsahm durch den losen, lockeren Sand. Nach weiteren 10 anstrengenden Minuten beginnen sich die Felswände ganz allmählich zu verjüngen, der Trail wird steiniger und schattiger.
Mit zwei Schlucken ist unsere 2. Reserveflasche Wasser leer und wir werden vernünftig. Wir haben den grössten Teil unseres Wasservorrates verbraucht und es ist höchste Zeit umzukehren, wollen wir in der erbarmungslosen Hitze dieser Fels- und Sandwüste nicht dehydrieren. Auch mein Hirn fühlt sich allmählich gekocht an, wahrscheinlich habe ich bereits einen leichten Sonnenstich, ich fühle mich etwas schwach. Frank nötigt mir jetzt seine Mütze auf und zieht sich sein Sweatshirt als Sonnenschutz übers Haupt. Als Beduine verkleidet stapft er jetzt voraus, wählt ein gemächliches Tempo, damit wir nicht unsere Kräfte verpulvern und den steilen Schlussanstieg noch schaffen können. Das erste Problem ist der Chalkstone in den Lower Narrows. Mein erster Aufstiegsversuch misslingt, kraftlos sinke ich zurück auf den Canyonboden. Frank versucht es und zieht sich hinauf, keilt sich am Chalkstone fest und will mir anschliessend von oben die Hand reichen um mich hinaufzuziehen. Jetzt bin ich in meiner Ehre gepackt und ich sage ich würde es auch alleine schaffen. Jemand hat ein paar Felsbrocken als Aufstiegshilfe platziert. Damit bin ich aber gerade mal 30 cm über dem Canyonboden, bleiben noch etwa 1,50 m. Es gibt keine guten Tritte für die Füsse, also ziehe ich mich unter Aufbietung all meiner Armkraft an dem Chalkstone nach oben, stemme mich gegen den riesigen Stein und erklimme mit zitternden Armen und Beinen das letzte Stück zurück in den Wash.
Nach einer kurzen Pause habe ich mich erholt und wir folgen dem Flussbett zurück zum
Spooky Canyon. Diesmal laufen wir an der Felswand entlang durch den Sand zum
Peek-a-boo Canyon und zweifeln zwischendrin, ob wir uns möglicherweise verirrt haben, es ist kein Mensch mehr zu sehen. Wo wir heute Morgen noch ein Dutzend Leute getroffen haben, scheinen wir jetzt die einzigen Wanderer zu sein. Den Abstecher zum
Brimstone haben sich die meisten wohl gespart. Am
Peek-a-boo laufen wir über einen sandigen Hügel und treffen auf die ersten Cairns, die uns den Weg aus der Dry Fork weisen. Wir passieren den schmalen Ein-/Ausstieg und schauen den steilen Hügel hinauf, hinter dem der Parkplatz mit dem Trailblazer und unseren Getränken liegt. Der Anstieg ist schweisstreibend und anstrengend, bis nach oben haben wir den letzten Tropfen Wasser ausgetrunken.
Noch nie haben wir uns so über warme Getränke im Auto gefreut wie heute. Eine Flasche Gatorade Orange rinnt fast in einem Zug unsere ausgedörrten Kehlen hinunter. Für den Hunger gibt es für jeden einen weichen Cliff Bar, kochen wollen wir erst am Devils Garden. Wir öffnen alle Türen, Fenster und die Heckklappe und nach kurzer Zeit ist die Temperatur im Innenraum so erträglich, dass wir einsteigen können. Zur Abwechslung darf ich jetzt fahren und ich schaffe es ohne Aufsetzer über die ausgewaschene Dirtroad zur Hole-in-the-Rock Road.
Ein Blick auf die Uhr zeigt uns, dass wir für die Wanderung zum
Sunset Arch und
Moonrise Arch zu spät dran sind, da wir zur Golden Hour unbedingt am
Devils Garden sein wollen. Eigentlich sind wir für heute auch genug durch die Wildnis gestapft und so verschieben wir die Wanderung zu diesen beiden endrucksvollen Felsbögen auf das nächste Mal, denn die Hole-in-the-Rock Road wird uns nicht zum letzten Mal gesehen haben.
Von Süden brettert ein Auto an uns vorbei und wir schlucken zur Abwechslung mal fremden Staub, als ich mit 45 mpH die Verfolgung aufnehme. Das Fahrzeug ist zu schnell für uns, 50 oder 55 mpH möchte ich nicht fahren und so zieht bald nur unsere eigene Staubwolke die HitRR hinauf. Die Sonne steht jetzt ungünstig über dem Kaiparowits Plateau, eigentlich wollte ich noch ein paar Aufnahmen machen, so beschränken wir uns auf einen Schwenk des Camcorders aus dem fahrenden Auto hinaus und auf die Landschaft auf der rechten Seite, die Canyons of the Escalante.
Die Abfahrt zum
Devils Garden verpasse ich bei dem Höllentempo beinahe und im letzten Moment erwische ich den Abzweig mit der BLM Nr. 225. Auf dem Parkplatz steht ein weiterer Wagen, von den Insassen keine Spur. Wir nutzen die Zeit und erkunden die vielgestaltigen Felsformationen im Devils Garden, klettern auf die Plateaus zu Füssen der Felskobolde, drücken uns dazwischen hindurch, laufen über die Trampelpfade zur nächsten Formation und haben eine Menge Spass beim Erkunden der Sandsteingestalten im Devils Garden.
Es ist ein aussergewöhnlicher geologischer Bezirk mit den eigentümlichsten Erscheinungen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, mit etwas gutem Willen erkennt man neben den allgegenwärtigen Hoodoos, Domen und Kobolden auch Tiere. Der Metate Arch ist eine weitere bekannte Formation im Devils Garden und wir machen uns auf die Suche.
Er ist nicht schwer zu finden und wir möchten gerne ein ähnliches Foto schiessen wie Karsten Rau, das im Buch [[Photographing the Southwest]] von
Laurent Matres abgedruckt ist.
Karsten hat den Felsbogen so photographiert, dass zwei benachbarte Hoodoos im Zentrum stehen. Die Photoposition stellt uns zunächst vor ein Rätsel. Wir klettern auf die umliegenden Felsen, legen uns sogar flach auf den Bauch. Jetzt sind wir viel zu nah dran und es macht sich die Erkenntnis breit, dass die Aufnahme wohl mit einem Weitwinkel geschossen wurde. Schade, das haben wir nicht. Also lichten wir den Metate Arch und die Hooodoos getrennt ab und gehen dann zurück zum Auto um uns vor der Golden Hour ein frühes Abendessen zu kochen.
Es gibt mal wieder
Chef Boyardee Nudeln und nach kurzer Zeit faucht unser Gaskocher und erhitzt den Edelstahltopf mit den Nudeln in Tomatensauce. Wir angeln aus der Styropor-Box jeder eine Dose Cola und geniessen das nicht ganz kühle Getränk an einem Tisch der Picnic Area mit Blick auf eine markante Wand aus Sandsteinhoodoos.
Nach den Nudeln gibt es für jeden eine Dose Obst und nachdem der letzte Bissen verzehrt und Müll und Abwasch im Auto verstaut sind, beginnen wir mit Teil 2 der Erkundung von Devils Garden. Während des Essens ist ein Geländewagen vorgefahren und ein Ehepaar ausgestiegen. Wir halten einen Plausch, es sind zwei Deutsche und es entwickelt sich eine nette Unterhaltung, nicht zuletzt deshalb, da wir uns bereits im Forum begegnet sind. Sie und wir erzählen vom bisherigen Urlaub, die beiden hatten bisher mehr Glück mit dem Wetter, während wir in Moab im Regen davonschwammen sind die beiden erst in Las Vegas gestartet und hatten bisher nur schönes Wetter. Die weitere Reise soll sie bis nach New Mexico führen.
Wir verabschieden uns, schnappen unsere Kamera und tauchen zur Fotosession nochmals ein in die verwunschene Sandsteinwelt des Devils Garden. Wir platzieren uns zwischen zwei mächtigen Hoodoos auf einem Felsplateau und unter gewaltigem Laufeinsatz gelingt Frank eine Aufnahme mit dem Selbstauslöser der Kamera.
Im Metate Arch schiessen wir ebenfalls ein gemeinsames Foto der
Canyoncrawler, bevor wir uns wieder den Domen und Hoodoos zuwenden, die zur Golden Hour in ein phantastisches Licht gehüllt sind und die letzten Strahlen der Sonne zu reflektieren scheinen. Noch eine ganze Weile nach Sonnenuntergang laufen wir im Halbdunkeln zwischen den langen Schatten der bizarren Felsen herum. Ohne die Sonne wir es schnell kühl und ein wenig unheimlich sind die vielen Schatten und die Geräusche der einsetzenden Nacht schon.
Wir steigen ins Auto und fahren nach einem rundum gelungen Tag in Richtung Escalante und gönnen uns zum Ausklang des Tages unsere letzte Flasche Wein aus den Vorräten und entfachen ein heimeliges Lagerfeuer. Schon ein wenig beschwipst nehmen wir zu vorgerückter Stunde eine Dusche und verkriechen uns schläfrig in unseren Schlafsäcken und träumen uns dem neuen Tag entgegen.
Gefahrene Meilen: 66 Meilen
Übernachtung: Escalante Petrified Forest State Park 15 USD