da er ja nun "jemals" verurteilt wurde und das Delikt zu den "Straftaten gegen die Sittlichkeit" zählt, korrekt??
Eine räuberische Erpressung ist aber keine "Straftat gegen die Sittlichkeit", unter letzterer versteht (verstand) unser Strafgesetzbuch Sexualdelikte.
Bis 1973 war das die offizielle Bezeichnung ("Straftaten gegen die Sittlichkeit"), danach wurde es umbenannt in "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung".
Dennoch ist davon auszugehen, dass im ESTA Antrag mit "Straftaten gegen die Sittlichkeit" weiterhin Sexualdelikte gemeint sind, und das liegt normalerweise bei räuberischer Erpressung nicht vor
Interessanterweise scheint (neben mir
) niemand den ESTA Text richtig zu lesen, denn die Interpretation, ob eine Straftat mit 1 (oder im anderen Fall 2) Jahren Haft in jedem Fall dazu führt, dass man im entscheidenden Feld "Ja" ankreuzen muss, läßt sich eigentlich ohne große juristische Vorbildung beantworten. Um es vorweg zu nehmen: wenn es sich nicht um ein Drogendelikt und nicht um ein Sexualdelikt handelte und es zudem bislang die einzige Straftat war (alles das liegt hier vor), so ist guten Gewissens "Nein" die richtige Antwort.
So lautet die Originalfrage bei ESTA:
Wurden Sie jemals auf Grund eines Deliktes oder einer Straftat gegen die Sittlichkeit oder aufgrund eines Vergehens im Zusammenhang mit Drogen verhaftet oder verurteilt, oder wurden Sie aufgrund zweier oder mehrerer Delikte oder Straftaten, für die das Strafmaß zusammengenommen fünf Jahre oder mehr betrug, verurteilt, oder haben Sie jemals Drogen in Umlauf gebracht, oder beabsichtigen Sie, zum Zweck krimineller oder sittenwidriger Handlungen einzureisen?
Der Begriff "Vorstrafe" taucht gar nicht auf - schon eine Überraschung. Dann gehen wir den Text durch und legen die räuberische Erpressung (resp. Beihilfe) zu Grunde, mit 1 Jahr Haft (Bewährung vernachlässigen wir):
a) Staftat gegen die Sittlichkeit, also Sexualdelikt, liegt nicht vor
b) ein Vergehen im Zusammenhang mit Drogen liegt nicht vor
c) das Strafmaß betrug 1 Jahr, weitere Straftaten liegen nicht vor, also liegt die Summe der Strafmaße unter 5 Jahre
d) hat der Besucher vor, Drogen in Umlauf zu bringen oder kriminelle oder sittenwidrige Handlungen durchzuführen? Nein, nehmen wir nicht an.
Ergo: Die Antwort lautet "Nein". Und das gilt auch für den von Interpol gesuchten und zu 2 Jahren Haft verurteilten Unbekannten, wenn es kein Sexual- und kein Drogendelikt war, weswegen er verhaftet wurde.
Eigentlich doch gar nicht schwierig. Das bedeutet umgekehrt aber auch, wenn jemand sich beim Drogenhandel hat erwischen lassen, dann spielt es keine Rolle, wie lang die Strafe war und ob es zu einer "Vorstrafe" führte. Er muss in jedem Fall "Ja" antworten.
Aber im konkret vorliegenden letzten Fall sehe ich keinen Grund, nicht mit "Nein" zu antworten.