Hallo Chanja,
Jetzt muss ich Dir doch einmal Mut machen.
Ich war in einer ähnlichen Situation:
- Führerschein gemacht vor 20 Jahren
- noch nie ein eigenes Auto besessen und auch nur selten eines gefahren, ab und zu mal des Geschäftsauto
- einmal ein Auto gemietet
- die letzten 3 oder 4 Jahre gar nicht selbst gefahren
Und dann wollte ich unbedingt eine Rundreise im Südwesten machen. In Frage kam dann auch noch ein Zeitpunkt, zu dem es nicht einmal eine Chance auf eine Busreise gibt, nämlich Mitte Dezember bis Mitte Januar.
Ich habe das Problem so gelöst, dass ich das kleinste Auto gemietet habe, das verfügbar war. Ausserdem habe ich als Übernahmedatum nicht den Ankunftstag gewählt, sondern habe das Auto erst einen Tag später übernommen. Und dann habe ich mich auch für eine Übernahme direkt in meinem Hotel, dem Circus Circus in Las Vegas entschieden (Vermieter war Dollar). So war ich ausgeschlafen und konnte in aller Ruhe, ohne dass ich mich durch andere Mieter irgendwie bedrängt fühlte, mich mit dem Auto vertraut machen. Es stand übrigens im Parkhaus im obersten Stockwerk, das ziemlich leer war.
Da die Autos alle Automatik-Schaltung haben, ist das Fahren auch ziemlich einfach; ich hatte gar keine Chance, den Motor auch nur ein einziges Mal abzuwürgen.
Am ersten Tag hatte ich überhaupt nichts geplant, außer mich mit dem Auto vertraut zu machen, etwas einzukaufen, und vor allem durch die nicht so stark befahrenen Vororte von Las Vegas zu fahren. Dass außer mir niemand auf dem obersten Parkdeck war und auch nicht viele Autos dort standen, hat mich gleich zum ersten Praxistest verleitet: Ich bin einfach ein paar Mal ganz langsam auf dem Parkdeck, das übrigens unheimlich breite Fahrspuren hatte, gekreist und dann genauso langsam Stockwerk um Stockwerk nach unten gefahren. Dann hatte ich schon wesentlich mehr Vertrauen zu meinen Fahrkünsten und konnte mich in den Straßenverkehr stürzen.
Natürlich hatte ich am Anfang ganz fürchterlich Angst, dass das Autofahren nicht gehen würde. Aber es war absolut kein Problem. Und ich würde jederzeit wieder in Las Vegas fahren, aber in Deutschland (z.B. Stuttgart) würden mich keine 10 Pferde ans Steuer eines Autos bekommen.
Damit ich mich besser auf´s Fahren konzentrieren konnte, habe ich die Route sehr gut ausgearbeitet und auch ein Autonavigationssystem mitgenommen. Das ging am Anfang zwar total schief, weil die Ansagen einfach nicht rechtzeitig genug kamen, aber als ich so sicher war, dass ich auch das Display beobachten konnte, gab es in dieser Richtung keine Probleme mehr.
Am Ende bin ich dann in 26 Tagen Mietdauer fast 6000 Meilen gefahren und habe das Fahren sehr genossen. Ich war aber innerlich bereit, die Route auch total umzuwerfen und zu kürzen, wenn ich am Anfang doch größere Probleme mit dem Autofahren haben sollte.
Ein Vorschlag: Miete Dir ein Automatikauto und bitte einen Bekannten, das Auto mit Dir auf´s Dorf zu fahren (ich weiß ja nicht, ob Du auf dem Land oder in der Großstadt wohnst), liefer den Bekannten in einem Cafe ab und fahre selbst (ohne Beifahrer, der jeden Fehler kommentiert) einfach eine Weile durch die Gegend. Wenn Du das meisterst und hinterher nicht ein totales Nervenbündel bist, hast Du auch keine Probleme im Westen von Amerika auf den kleineren Straßen zu fahren. Und das Fahren auf den Interstates kommt dann von ganz alleine.
Als Anfangsort für so ein Unternehmen empfehle ich San Francisco oder Las Vegas. In beiden Orten ist der Flughafen etwas außerhalb, so dass man nicht gleich am Anfang das völlige Interstate-Chaos meistern muss.
Das "Problem" des Alleinseins habe ich durch Schreiben eines Reiseberichts (ich hatte einen Laptop dabei) jeden Abend gemeistert. Durch den
Reisebericht, den ich bei jeder Gelegehnheit (verfügbares Wlan) hochgeladen habe und Skype mit Skype-Out habe ich regelmäßigen Kontakt mit Verwandten und Bekannten in Deutschland gehalten. Außerdem habe ich mich mit allen möglichen Leuten in den Nationalparks unterhalten.
Ich möchte Dich damit auf keinen Fall zu irgendetwas überreden, sondern Dir nur durch meine Erfahrungen Mut machen, falls Du insgeheim doch mit dem Gedanken spielst, die Reise auf eigene Faust zu unternehmen.