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Autor Thema: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien  (Gelesen 61652 mal)

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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #75 am: 19.10.2012, 07:21 Uhr »
Die interessantesten Brücken hatten wir in Bariloche (das Ding, das ich beim Bericht zu unserer Wanderung zum Refugio Frey als "recht abenteuerlich an die Felswand des Berges gedübelte Holzplankenkonstruktion" bezeichnet habe) und im Parque Necional Los Glaciares in Argentinien: Auf der Südseite der Laguna Torre wird ein reißender Gebirgsbach mit Hilfe einer Seilbrücke überquert (im Grunde sind das nur zwei straff gespannte Stahlseile). Hier ist ein Klettergurt zum Sichern fast zwingend nötig - und das ist wohl auch mit Absicht so gemacht. Denn genau an dieser Stelle beginnt das Gebiet des Nationalparks welches nur mit einem Permit betreten darf.

Wir fahren heute ein gutes Stück sehr abwechslungsreich auf der Carretera Austral nach Süden. Viel Spaß!

4.11.2011: Puerto Puyuhuapi - Villa Cerro Castillo
Das Frühstück wird im Hauptgebäude der Lodge serviert und ist sehr lecker. Am Nachbartisch sitzt eine Reisegruppe. Wir haben diese schon gestern beim Abendessen aus dem Augenwinkel gesehen, schauen und hören jetzt aber genauer hin: Ein älteres Pärchen, deutsch sprechend sowie zwei jüngere Menschen, von denen einer deutsch spricht und der zweite spanisch. Diese Gruppe haben wir doch schon getroffen, und zwar an der Grenzstation bei Futaleufu. Wir sagen Hallo und stellen uns und unsere Reiseroute vor. Bei der Gruppe handelt es sich um einen Fahrer, einen in Chile lebenden aber deutsch sprechenden Guide und zwei Gäste - das ältere Pärchen. Steffen, der Guide ist überrascht, dass wir gestern im Parque Pumalin waren. Dieser Park wäre ja sehr schön, aber in keinem Tourbaustein enthalten. Mit welchem Reiseanbieter sind wir denn unterwegs? Achso, die Reise ist selber geplant und lediglich die Unterkünfte über ein Reisebüro vorgebucht? Das ruft baffes Erstaunen hervor und wir sind als Reaktion selber ziemlich erstaunt: Ist es wirklich so ungewöhnlich, dass man sich eine Reise durch Chile selber plant? Wir tauschen noch unsere Reisepläne sowie Tipps für die heutige Etappe aus und verabschieden uns dann von der Reisegruppe und von der sehr schönen Pangue Lodge.

Wir brechen auf und fahren los, weiter auf der Carretera Austral Richtung Süden. Der Himmel ist leicht bewölkt. Die Strecke führt durch dichten Regenwald, zunächst einige Kilometer entlang des langgestreckten Lago Risopraton. An den Rändern der Straße stehen wieder viele riesige Pangueblätter. Fünf Kilometer hinter dem Ende des Sees erreichen wir die kleine Ortschaft Puerto Puyuhuapi, malerisch am Ausläufer eines Fjordes gelegen. Puerto Puyuhuapi wurde 1935 von deutschen Auswanderern gegründet und hält auch heute noch das deutsche Erbe in Ehren - bekannt ist beispielsweise das Cafe Rossbach, in dem leckerer Kuchen serviert werden sollen. Wir entscheiden uns allerdings, dass es direkt nach dem Frühstück noch ein wenig zu früh für einen Kuchen ist und schauen uns stattdessen kurz die Ortschaft an. Die im Reiseführer angekündigten alten deutschen Häuser stechen kaum heraus, am auffälligsten ist noch die Casa Ludwig, ein gelb und braun gestrichenen Holzhaus mit einem Bed & Breakfast am Ortsausgang.

Südlich von Puerto Puyuhuapi schlängelt sich die Straße entlang der Seite des Fjords ein Stück nach Süden, knickt dann nach Südosten ab und entfernt sich dabei wieder vom Meer. Etwa 21 Kilometer hinter der Ortschaft kommen wir zur Abzweigung zum Ventisquero Colgante, dem hängenden Gletscher im Parque Nacional Queulat. Dieser Nationalpark schützt die Gebirgslandschaft rund um Puerto Puyuhuapi. Als wir am Lago Risopatron entlang gefahren sind, waren wir auch schon kurz auf dem Gelände des Nationalparks. Der hängende Gletscher ist die bekannteste Sehenswürdigkeit des Parks und hier wird nun auch Eintritt fällig. Die Straße zum Parkplatz am Trailhead ist ziemlich rumpelig und wir sind froh, in unserem hochbeinigen und stabilen Pick Up unterwegs zu sein. Der Parkplatz befindet sich mehr oder weniger direkt an der Laguna Tempanos, einem vom Schmelzwasser des Gletschers gespeisten See. Dessen Wasser hat dementsprechend eine milchige Türkisfärbung.

Es gibt mehrere Trails und wir entscheiden uns für den Weg zum Mirador Glaciar, einem erhöht liegenden Aussichtspunkt auf den Gletscher. Zunächst überqueren wir mit Hilfe einer Hängebrücke den Fluss, der aus der Laguna Tempanos entspringt. Dann geht es durch dichten Wald in vielen Serpentinen recht steil nach oben. Nach dem Erreichen einer gewissen Höhe verläuft der Weg dann relativ eben in Richtung Nordosten. Wieder kommt eine ziemliche Märchenwald-Stimmung auf: Umgestürzte und mit Moos bewachsene Bäume liegen quer über den Weg und wir sehen riesige Farne. Nach etwas mehr als einer Stund erreichen wir den Aussichtspunkt. Dieser bietet eine tolle Aussicht auf den wild zerklüfteten türkisfarbenen Gletscher. Der Gletscher bricht an einer aus schwarzem Gestein bestehenden Steilkante ab, begleitet von einem großen Wasserfall. Das Ganze ergießt sich über ein Schotter- und Eisfeld in einen kleinen Gletschersee und von diesem aus dann weiter in die Laguna Tempanos. Leider ist der Himmel genau in Richtung des Gletschers bewölkt, so dass sich kein gescheiter Kontrast für Fotos ergibt. Wir warten längere Zeit und feuern jede Wolkenlücke an, doch keine schafft es in die Nähe des Gletschers. Dennoch: Ein toller Anblick, von dem wir uns nur schwer wieder losreißen können.


Blick vom Mirador Glaciar auf den Ventisquero Colgante.

Wieder zurück zum Auto und auf die Carretera Austral: Diese erreicht nach wenigen Kilometern einen Talabschluss und gewinnt nun in vielen Serpentinen ziemlich steil an Höhe. Hier wird der Straßenbelag auch ziemlich rumpelig, mit großen Steinen und tiefen Löchern. In der ersten Spitzkehre beginnt der kurze Trail zum Salto Padre Garcia. Als wir den Trailhead gefunden haben, stellt sich die Frage, wo das Auto abgestellt werden soll. Hier ist zwar wenig Verkehr, aber direkt in einer Spitzkehre wollen wir den Wagen nun doch nicht lassen. Und so etwas wie einen Straßengraben gibt es hier nicht - direkt neben der Straße beginnt der dichte Regenwald. Zum Glück sind wir vor einigen Metern an einer für Bauarbeiten verwendeten Straßenausbuchtung vorbei gekommen. Der Trail zum Wasserfall führt über eine schon leicht morsche Holztreppen und ein kurzes Stück eben durch den Wald. Der Wasserfall selber befindet sich zwar fast direkt neben der Straße ist aber absolut beeindruckend.


Salto Padre Garcia im Parque Nacional Queulat.

Die Straße schraubt sich weiter nach oben. Auf der Passhöhe eröffnet sich ein phantastischer Blick auf die umgebenden Anden - leicht getrübt durch die daran hängenden Wolken, die inzwischen den kompletten Himmel bedecken. Nachdem wir den Pass überquert haben, geht es ziemlich steil wieder bergab. An der Abzweigung nach Puerto Cisnes ändert sich der Straßenbelag und wir sind auf Asphalt unterwegs. Alles noch ziemlich neu und laut unseren Karten auch nur ein kleines Stückchen, aber die Karten hinken hier ein wenig der Realität hinterher: Letztendlich ist die komplette Straße von hier aus nach Coyhaique entweder asphaltiert oder steht kurz davor. Wir haben die große Ehre, irgendwo zwischen Villa Amengual und Manihuales auf einer großen Baustelle die letzten noch vorhandenen etwa 100 Meter Gravel befahren zu dürfen. In Anbetracht der an beiden Enden dieses Abschnitts fleißig werkelnden Bauarbeiter geben wir dem Gravel aber höchstens noch ein oder zwei Wochen. Einerseits ist es ja gut, dass die Einheimischen und auch der Tourist, der im normalen Auto unterwegs ist, hier in Zukunft viel leichter voran kommen. Andererseits verliert die Carretera Austral durch diese Ausbauarbeiten im Moment einen Teil ihres Reizes und des Abenteuers. Wir sind froh, weiter nördlich noch eine längere Strecke der Carretera im Originalzustand erlebt zu haben.


Serpentine der Carretera Austral.

Aber der Reihe nach: Kurz hinter der Abzweigung nach Puerto Cisnes muss die Carretera Austral eine der engsten Stellen des Tals durchqueren. Das führt dazu, dass sich die Straße abenteuerlich an eine sehr steile Felskante schmiegt, unterstützt von einer kühnen Betonbrücke, während direkt unterhalb der Straße der Rio Cisnes wirbelt. Diese Stelle der Straße wird als Piedra del Gato bezeichnet, also als Katzenstein. Über Villa Amengual und Manihuales nähern wir uns allmählich Coyhaique. Die Landschaft ändert langsam ihren Charakter. Wir verlassen den dichten Regenwald und kommen in viel stärker landwirtschaftlich genutzte Gegenden. Das letzte Stück nach Coyhaique fahren wir nicht auf der Carretera Austral, sondern wählen die etwas längere aber landschaftlich deutlich interessantere Sterecke durch die Täler des Rio Manihuales und Rio Simpson. Die Berge rücken hier ganz nahe an die Straße heran. Einen reizvollen Kontrast zur schroffen Gebirgslandschaft liefern die zahlreichen blühenden Lupinen links und rechts der Straße. Nordöstlich von Puerto Aysen, an einem Aussichtspunkt auf den Rio Manihuales treffen wir wieder die deutsche Reisegruppe, mit der wir uns heute Morgen unterhalten haben. Sie sind in einem goldenen Kleinbus unterwegs und wir folgen diesem Bus bis zu unserem gemeinsamen nächsten Stopp: Der Cascada de la Virgen, ein schöner Wasserfall, der direkt neben der Straße in zwei Stufen zu Tal donnert. Wir verabschieden uns von der Reisegruppe. Sind aber dennoch gespannt, ob und wann wir sie vielleicht doch noch wieder treffen.


Blick auf den Rio Cisnes beim Piedra del Gato.


Holzkirche in Villa Amengual.


Cascada de la Virgen zwischen Puerto Aysen und Coyhaique.

Der letzte Streckenabschnitt nach Coyhaique führt zunächst ziemlich steil bergauf, dabei auch durch einen Tunnel, bis eine grasbewachsene Hochebene erreicht wird. Hier stehen drei große Windräder und es bietet sich ein toller Blick auf die im Talkessel direkt vor uns ausgebreitete Stadt. Coyhaique hat 43000 Einwohner und ist somit die mit Abstand größte Stadt hier in der Gegend. Neben dem stärker werden Tourismus sind auch heute noch die Holzwirtschaft und die Landwirtschaft wichtige Wirtschaftszweige. Da die heutige Übernachtung die einzige im Verlauf unserer Reise ist, die wir nicht vorgebucht haben, können wir nun wählen: Entweder ein längerer Aufenthalt in Coyhaique, wie es uns unser Reisebüro empfohlen hat. Oder weiter nach Villa Cerro Castillo, wo wir eigentlich übernachten wollten, es aber keine von Deutschland aus reservierbaren Unterkünfte gibt. Da wir sowieso tanken müssen, fahren wir ein Stück nach Coyhaique hinein. Hier sind wir nach mehreren Tagen mehr oder weniger in der Wildnis (die letzte größere Stadt durch die wir gekommen sind war San Carlos de Bariloche) entsetzt ob des Trubels und der Menschenmassen und entscheiden uns spontan und einstimmig dafür, weiterzufahren.


Lupinen.


Blick auf Coyhaique.

Südlich von Coyhaique ist die Landschaft entlang der Carretera Austral wesentlich karger als sie es nördlich war. Am südlichen Horizont stehen beeindruckende Andengipfel. In Richtung Osten ist die Landschaft deutlich flacher, von einer Anhöhe aus können wir sogar bis auf die argentinische Pampa sehen. Etwas mehr als 50 Kilometer südlich von Coyhaique erreichen wir den Parque Nacional Cerro Castillo. Dieses Schutzgebiet umfasst eine große Fläche um das Massiv des 2675 Meter hohen Cerro Castillo. Die Straße führt hier wunderschön durch die Berge. Ein toller Ausblick folgt auf den nächsten. Über weite Strecken fließen munter plätschernde Gebirgsbäche parallel zur Straße. Angeblich soll es hier auch Huemuls geben, die seltenen Andenhirsche, wir bekommen aber keinen zu Gesicht.

Letztendlich erreichen wir das Ende der Gebirgsstrecke und es öffnet sich der Blick auf das Tal des Rio Ibanez. Vor uns liegt die Ortschaft Villa Cerro Castillo und rechts davon der Cerro Castillo. Mit seinen zahlreichen Felstürmen sieht dieser Berg in der Tat ein wenig aus wie ein Schloss oder eine Burg. Leider ist er aber ziemlich in Wolken gehüllt. Das letzte Stück Straße ins Tal verläuft über abenteuerliche Serpentinen. Diese haben den Namen Cuesta del Diablo, also Teufelsabhang. Das Tal des Rio Ibanez ist ein wunderschönes liebliches Stück Land - die Kombination mit den schroffen Bergen in direkter Umgebung ist einfach grandios. Die Ortschaft Villa Cerro Castillo steht dagegen in ziemlichen Kontrast: Alles wirkt etwas ärmlich und heruntergekommen. Das in unserem Reiseführer empfohlene Hotel beantwortet unsere Frage nach einem Zimmer mit einem schroffen "Nein" und letztendlich landen wir in einer Backpackerunterkunft. Um zum leicht rustikalen Zimmer zu gelangen, müssen wir das Wohnzimmer der Familie durchqueren, chilenisch-patriotisch dekoriert mit Staatsflagge und Foto des Präsidenten Pinera.


Cuesta del Diablo kurz vor Villa Cerro Castillo.


Der in Wolken gehüllte Cerro Castillo.

Zum Abschluss des Tages besuchen wir noch die Los Manos de Cerro Castillo, prähistorische Felsmalereien in direkter Nähe. Knapp einen Kilometer hinter dem Ortsausgang verlassen wir die Carretera Austral und biegen nach links ab auf einen etwa zwei Kilometer langen rumpeligen Feldweg. An dessen Ende werden wir zunächst von zwei deutschen Campern freundlich begrüßt und direkt danach auch von einem Ranger. Der Ranger steigt in unser Auto und wir legen gemeinsam das letzte Stück zum Eingangshäuschen zum Monumento Nacional Manos de Cerro Castillo zurück. Während wir den Eintritt bezahlen, stößt noch eine chilenische Familie zu uns. Gemeinsam mit dem Ranger spazieren wir ein kurzes Stück zu den Felsmalereien. Diese befinden sich in breiten Alkoven unterhalb einer mächtigen Felswand. Die Malereien zeigen ausschließlich menschliche Hände, positive und negative Abdrücke. Während erstere dadurch entstanden sind, dass die Hand einfach in Farbe getaucht und danach an die Felswand gedrückt wurde, wurde für die letzteren die Hand an den Felsen gehalten und Farbe durch einen hohlen Guanacoknochen darüber gesprüht. Quasi prähistorische Grafittikunst. Teilweise sind größere Felsbrocken mitsamt den auf sie gemalten Handabdrücken heruntergefallen. Die Malereien bei Villa Cerro Castillo sind weniger alt als diejenigen in vergleichbaren anderen Fundstätten in Patagonien, und zwar so um die 3000 Jahre. Trotzdem sind wir sehr beeindruckt.


Handabdrücke im Monumento Nacional Manos de Cerro Castillo.

Unser Abendessen nehmen wir in der La Cocina del Sole zu uns, einem Imbiss direkt an der Hauptstraße in Villa Cerro Castillo. Der Imbiss befindet sich in zwei ausgeschlachteten Reisebussen und wird von freundlichen jungen Leuten geführt. Wir essen wieder südamerikanische Burger und sind froh über die Entscheidung, von Coyhaique aus noch das Stück hierher weiterzufahren.


Hier haben wir zu Abend gegessen.

Übermorgen geht es weiter...

Schöne Grüße,
Dirk

unterwegsontour

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #76 am: 19.10.2012, 08:19 Uhr »


hach und wieder ein schöner Tag! Der Blick auf den Gletscher ist wirklich toll!


vermute ich richtig, das in dem ersten Bus die "Küche" und im hinteren die Sitzplätze waren??

"The sky above, the earth below and dreams dance in your head."

Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #77 am: 19.10.2012, 10:41 Uhr »
Komisch, da seid ihr nach ein paar Tagen schon so an die Einsamkeit gewöhnt, dass ihr fluchtartig die nächstgrößere Stadt verlasst  :lol:.

Ich finde es KLASSE, dass so alte Busse so gut genutzt werden und nicht einfach in der Wildnis herumstehen.

LG,

Ilona

Noch ne Frage: Essen die dort eigentlich auch Meerschweinchen?
Liebe Grüße

Ilona

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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #78 am: 19.10.2012, 13:19 Uhr »
vermute ich richtig, das in dem ersten Bus die "Küche" und im hinteren die Sitzplätze waren??

Fast richtig. Der etwas weiter vorne stehende Bus (der mit dem auf die Fahrzeugfront gemalten Hamburger) beinhaltet auschließlich Sitzplätze. In den zweiten Bus gelangt man durch einen kleinen Durchgang. Der hier zur Verfügung stehende Raum ist zur Hälfte mit Sitzplätzen aufgefüllt. In der anderen Hälfte ist die Küche. Ich fand die ganze Konstruktion richtig gemütlich und zudem war das Essen echt lecker.

Komisch, da seid ihr nach ein paar Tagen schon so an die Einsamkeit gewöhnt, dass ihr fluchtartig die nächstgrößere Stadt verlasst  :lol:.

Das war schon irgendwie eine komische Erfahrung: In Coyhaique kamen wir fast als erstes an einem Baumakt vorbei, in dem flächenmäßig die meisten der Ortschaften reingepasst hätte, die wir in den vergangenen Tagen gesehen hatten :shock:

Noch ne Frage: Essen die dort eigentlich auch Meerschweinchen?

Ich denke, um Meerschweinchen zu essen musst Du mindestens zwei bis dreitausend Kilometer weiter in den Norden reisen. Soweit ich weiß, gibt es in Patagonien auch gar keine Meerschweinchen (mit der Ausnahme von Pampashasen, bei denen es sich um eine Meerschweinchenart handelt). In der Bus-Bude gab es wahlweise Huhn, Rind oder Schwein. Ansonsten isst man in Patagonien natürlich auch viel Fisch und Seafood (bekanntestes Beispiel sind die riesigen Centollas, auch als Königskrabben bekannt).

Ich bin mir nicht sicher, ob ich - wenn die Möglichkeit bestanden hätte - Meerschweinchen probiert hätte. Interessant wäre es ja schon mal...

Schöne Grüße,
Dirk

Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #79 am: 19.10.2012, 15:32 Uhr »
Ich bin mir nicht sicher, ob ich - wenn die Möglichkeit bestanden hätte - Meerschweinchen probiert hätte. Interessant wäre es ja schon mal...

Das ist jetzt nicht dein Ernst, Dirk  :kloppen:. Jetzt bist du nicht mehr mein Freund  :zwinker: :grins:. Die sind doch so süß (zum Anschauen natürlich  :liebe:).

LG,

Ilona
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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #80 am: 19.10.2012, 17:05 Uhr »
Jetzt bist du nicht mehr mein Freund  :zwinker: :grins:.

Um Himmels Willen, Ilona, so weit hätte es zwischen uns doch nicht kommen brauchen. Ich bestelle den virtuell potenziell angedachten Meerschweinchenbraten sofort wieder ab - ist dann wieder alles gut?

Dann stellt sich nur noch die Frage, ob ich als Ersatz die Findet Nemo Sushi-Röllchen nehme oder das Bambi-Rehfilet...  :lachen07: :wink:

Schöne Grüße,
Dirk

Anti

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #81 am: 19.10.2012, 17:10 Uhr »
Ist mir egal ob Schwein oder noch Meer -Schwein. Ich mag gar keine Tiere auf meinem Teller. Aber als Veggie würde ich wohl in Patagonien verhungern? (Ein wenig Fasten würde ja meiner Figur vielleicht ganz gut tun, aber meinem allgemeinem Befinden dann wohl eher nicht...  :wink: )

Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #82 am: 20.10.2012, 14:27 Uhr »
Um Himmels Willen, Ilona, so weit hätte es zwischen uns doch nicht kommen brauchen. Ich bestelle den virtuell potenziell angedachten Meerschweinchenbraten sofort wieder ab - ist dann wieder alles gut?
Dann stellt sich nur noch die Frage, ob ich als Ersatz die Findet Nemo Sushi-Röllchen nehme oder das Bambi-Rehfilet...  :lachen07: :wink:

Ich habe den letzten Satz mal vergrößert, bevor ich noch ne Brille brauche  :whistle:. Ich beruhige mich erst wieder  :dozent:, wenn du bei der Schweinshaxe oder dem Angus bleibst  :zwinker:  :grins:.

LG,

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Heike & Heimo

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #83 am: 20.10.2012, 14:37 Uhr »
Meine Schwester hat kürzlich in Peru Meerschweinchen gegessen. Mal davon abgesehen, dass sie am Teller nicht sonderlich appetitlich aussahen, war deren Geschmack auch völlig enttäuschend. Aber naja, Geschmäcker sind, gottseidank, verschieden.
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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #84 am: 20.10.2012, 16:34 Uhr »
Ich mag gar keine Tiere auf meinem Teller. Aber als Veggie würde ich wohl in Patagonien verhungern?

Naja, einerseits kamen mir die Essensmöglichkeiten schon immer recht fleischlastig vor. Verhungern würdest Du aber meiner Meinung nach dennoch nicht, denn eine Alternative lässt sich schon immer irgendwie finden. Zum Beispiel gibt es die ravioliähnlichen Sorrentinos oft mit vegetarischer Füllung (Käse, Kürbis, ...). Und Empanadas lassen sich ja auch ohne Fleisch füllen...

Ich habe den letzten Satz mal vergrößert, bevor ich noch ne Brille brauche  :whistle:. Ich beruhige mich erst wieder  :dozent:, wenn du bei der Schweinshaxe oder dem Angus bleibst  :zwinker:  :grins:.

Na gut, dann einigen wir uns auf ein Angus-Steak und der kleine Nemo wird zurück ins Wasser geworfen. :wink:

Ist dann wieder alles gut? :wink: :lol:

Mal davon abgesehen, dass sie am Teller nicht sonderlich appetitlich aussahen, war deren Geschmack auch völlig enttäuschend.

Ich habe gestern mal testweise nach "Meerschweinchen essen" gegoogelt und fand auch, das die ganze Geschichte nicht sonderlich appetitlich aussieht. Wie da einfach das zubereitete Vieh komplett auf den Teller geschmissen wird - für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ist das schon ein äußerst gewöhnungsbedürftiger Anblick...

Schöne Grüße,
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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #85 am: 20.10.2012, 17:27 Uhr »
Ist dann wieder alles gut? :wink: :lol:

Sicher doch  :kuss:.

[Ich habe gestern mal testweise nach "Meerschweinchen essen" gegoogelt und fand auch, das die ganze Geschichte nicht sonderlich appetitlich aussieht. Wie da einfach das zubereitete Vieh komplett auf den Teller geschmissen wird - für den durchschnittlichen Mitteleuropäer ist das schon ein äußerst gewöhnungsbedürftiger Anblick...

Ich habe mal im Fernsehen einen Bericht über ein Au-pair in Bolivien gesehen und die konnte die süßen Kleinen auch nicht essen. Die Meerschweinchen rennen dort in der Küche rum, essen die Gemüseabfälle und werden hinterher ... . Die Gastfamilie war natürlich beleidigt, weil sie diese Delikatesse verweigert hat.

Ich könnte das auch nicht und mir kommt auch kein Kaninchen auf den Teller.

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wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #86 am: 21.10.2012, 08:14 Uhr »
Guten Morgen allerseits,

heute fahren wir zum Lago General Carrera, dem zweitgrößten See Südamerikas und schauen uns dort im Uferbereich ein außergewöhnliches Naturwunder an. Danach verlassen wir nach 750 Kilometern auf der Carretera Austral (welche noch 300 Kilometer weiter in Villa O'Higgins führt) diese Straße wieder und machen uns an, entlang des Südufer des Sees auf einer lustigen Piste die Anden Richtung Argentinien zu überqueren.

5.11.2011: Villa Cerro Castillo - Chile Chico
Die Nacht über durften wir ein kostenloses Konzert genießen, gegeben von sämtlichen streunenden Hunden in Villa Cerro Castillo. So oder so stehen wir früh auf, da wir heute noch einiges vor haben. Und wir haben richtiges Glück mit dem Wetter: Der Himmel ist wolkenlos blau und der mächtige Cerro Castillo erstahlt im Licht der ersten Sonnenstrahlen. Was für ein Kontrast zu gestern.


Der Cerro Castillo.

In Villa Cerro Castillo endet der asphaltierte Abschnitt der Carretera Austral. Wir sind zu der frühen Stunde fast alleine unterwegs. Die Straße führt Richtung Westen zunächst durch dichten Wald steil bergauf, dann wird es eben. Auf der rechten Seite, ein gutes Stück unter uns, verläuft parallel zur Straße der Rio Ibanez, auf den sich tolle Blicke bieten. In der Folge verliert die Straße wieder an Höhe, bis wir uns ungefähr der Ebene des Flusses angenähert haben. Hier gibt es einen toten Wald, bestehend aus Bäumen, die die Ausbrüche des Vulkans Hudson 1971 und 1991 nicht überstanden haben. Die Baumüberreste stehen inmitten von Ablagerungen aus verschlammter Vulkanasche im hier sehr breiten Rio Ibanez. Bei dem Vulkan Hudson handelt es sich übrigens um eben jenen Vulkan Hudson, wegen dem vor einer Woche noch die Carretera Austral gesperrt war. Christl, die Besitzerin vom Club los Ulmos bei Pucon hat ja uns damals im Internet gezeigt, dass die Alarmstufe Rot ausgerufen war und ein schwerer Ausbruch kurz bevor stand. Wir hatten uns schon innerlich darauf eingestellt, unsere Reiseroute komplett umwerfen zu müssen. Allerdings konnten wir schon vor fünf Tagen, von Internetterminal des Hotels in El Bolson aus, feststellen, dass für den Hudson die Alarmstufe Rot aufgehoben wurde. Nachdem uns auch keiner der Leute, mit denen wir uns in den vergangenen Tagen entlang der Carretera Austral unterhalten haben, gewarnt hat und ganz offensichtlich auch die Straße nicht mehr gesperrt ist, scheint sich der Vulkan in der Tat wieder beruhigt zu haben.


Toter Wald am Rio Ibanez.

Knapp 40 Kilometer hinter Villa Cerro Castillo verlässt die Straße das Tal des Rio Ibanez. Nun geht es etwas ruppig bergauf. Nach weiteren 25 Kilometern knickt der Straßenverlauf nach Süden ab und erreicht das Tal des Rio Manso, der später in den Rio Murta fließt. Zunächst verläuft die Straße hier sehr schön direkt neben dem wilden Fluss, dann weitet sich das Tal allmählich mehr auf und wird hier auch intensiver landwirtschaftlich genutzt als noch zuvor. Wir kommen an zahlreichen Gehöften vorbei. Etwas später öffnet sich das Tal komplett und wir erreichen den Lago General Carrera, den zweitgrößten und tiefsten See Südamerikas. Der See schimmert in phantastischen Blau-, Grün- und Türkistönen. Die Straße verläuft hier zwischen dem See auf der linken Seite und hohen schneebedeckten Bergen auf der rechten Seite. Die Gipfel der Berge sind in Wolken gehüllt und allgemein lässt sich feststellen, dass das Wetter weniger gut ist als noch heute morgen: Der Himmel ist relativ dicht bewölkt und nur vereinzelt blitzen blaue Flecken hindurch. Die Wolkenschicht lockert aber im Laufe der Zeit immer mehr auf. Nachdem wir etwa 19 Kilometer den See entlang gefahren sind, erreichen wir Puerto Rio Tranquillo, eine nette kleine Ortschaft. Nachdem wir in der Nebensaison unterwegs sind, ist nicht wirklich viel los. Die Touristeninformation ist geschlossen. Wir wollen aber eine Bootsfahrt auf dem See unternehmen und fragen daher im Tante-Emma-Laden mit angeschlossenem Imbiss nach. Nach wenigen Minuten trifft der herbeitelefonierte Bootsfahrer ein, holt sich an einer antiken Zapfsäule noch ein wenig Benzin und verfrachtet uns dann in einen Minibus. Zur Mole müssen wir ein kleines Stück zurück nach Norden fahren. An der Mole angekommen, werden wir noch mit Schwimmwesten ausgestattet und los geht's.


Blick auf den Lago General Carrera.

Ziel unserer Bootsfahrt sind die Marmorhöhlen und die Marmorkathedrale. Diese entstanden, als das Wasser des Lago General Carrera die Marmorfelsen am Ufer angriff und auswusch und dabei im Laufe der Zeit tiefe Höhlen in das Gestein grub. Es weht eine steife Brise und das kleine Boot muss heftig arbeiten. Bei empfindlichen Naturen kann diese Fahrt bei derartigem Wetter durchaus mittelheftige Magenverrenkungen zur Folge haben. Nach etwa 15 Minuten Fahrt erreichen wir die Marmorhöhlen. Diese befinden sich in einer Felswand am Seeufer. Schon aus einiger Entfernung kann man die Auswaschungen gut erkennen, unser Fahrer steuert das Boot aber ganz nah heran und sogar in die Höhlen hinein. Ein phantastischer Anblick. Die vom Wasser erzeigten nahezu organischen Formen erinnern an Slotcanyons wie den Antelope Canyon im Südwesten der USA und irgendwie auch an die Wave, die große Sandsteinwelle an der Grenze von Utah und Arizona. Nur ist hier halt im Gegensatz zum für die USA typischen Rottönen alles in weiß und hellgrau gehalten. Wir dürfen auch aussteigen und ein wenig in den Höhlen herumlaufen.


Marmorhöhlen am Lago General Carrera.


In den Marmorhöhlen.

Die Marmorkathedralen, zu der wir als nächstes fahren, gefallen uns sogar noch besser. Hier sind zwei riesige Felsbrocken in den See gestürzt und wurden dann im Laufe der Jahre von Wasser bearbeitet. Die Unterseite der Felsen ist komplett ausgewaschen, der Durchmesser ist hier deutlich geringer als einige Meter weiter oben. Das Ganze erinnert entfernt an einen riesigen Pilz - ein Pilz, dessen Stil aus surrealistisch geformten Kammern und Waben besteht, durch die man an der einen oder anderen Stelle sogar hindurch schauen kann. Auch hier fahren wir bis direkt an die Strukturen heran und dürfen etwas in den Höhlen herumkraxeln. Gerade im Kontrast des hellen Marmorgesteins zu dem tief türkisfarbigen Wasser ergibt sich ein phantastischer Gesamteindruck. Das ist definitiv einer der bisherigen Höhepunkte unserer Reise. Während der ganzen Bootsfahrt - wir sind ja nur zu zweit mit unserem Bootsfahrer unterwegs - sehen wir nur ein einziges Mal ein anderes Boot. Auch dieses mit nur zwei Gästen. Es wird sich fröhlich zugewunken.


Marmorkathedrale im Lago General Carrera.

Zurück in Puerto Rio Tranquillo nutzen wir den Dorfladen gleich zu einem kleinen Mittagessen und um uns mit ein paar Knabbereien einzudecken. Gerade als wir fröhlich am Schmausen sind, kommen die beiden Leute in den Laden, die in dem zweiten Boot unterwegs waren. Die Freude ist groß, als wir das deutsche Pärchen wieder erkennen, die wir gestern an dem Campigplatz bei den Los Manos de Cerro Castillo getroffen hatten. Es werden Reiserouten und Erfahrungen ausgetauscht. Die beiden sind auch vom Puerto Montt aus aufgebrochen, wollen aber nur noch ein kleines Stück weiter nach Süden fahren und dann wieder zurück. Wir verabschieden uns und fahren weiter.

Die Carretera Austral führt zunächst ein wenig bergauf und ein paar Kilometer südlich von Puerto Rio Tranquillo wieder bergab. Hier erreichen wir das Delta des Rio Leones. In das Tal dieses Flusses kommt man nur zu Fuß oder per Pferd, für Autos ist es gesperrt. Der Blick ins Tal hinein ist schon von der Straße aus toll: Direkt vor uns steht der 4058 Meter hohe Monte San Valentin, der mit Abstand höchste Berg hier in der Gegend. Der Monte San Valentin steht am östlichsten Rand des Campo de Hielo Norte, des nordpatagonischen Eisfeldes. Dieses Gletscherfeld hat eine Ausdehnung von 4400 Quadratkilometern und ist damit deutlich größer als alle Gletscher der Alpen zusammengenommen (diese erreichen nur etwa 3500 Quadratkilometer). Und im Vergleich zum südpatagonischen Eisfeld ist die nördliche Variante sogar noch als eher klein zu bezeichnen... Der Gipfel des Monte San Valentin ist leider etwas schüchtern und hüllt sich in Wolken, aber wir können sehr schön die vom Festlandeis herunter fließenden Gletscher erkennen.


Blick auf den Lago General Carrera.

Nur wenige Kilometer weiter kommen wir zum Ausfluss des Lago General Carrera. Das Wasser fließt mit viel Gewalt durch eine Engstelle in den Lago Bertrand. Die Straße verläuft hier über eine orangefarbige Hängebrücke, die verdächtig an diejenige erinnert, mit der der Rio Rosselot nördlich von La Junta überquert wird. Die Erbauer der Carretera Austral haben hier scheinbar mehrfach die identische Brücke bauen lassen oder in einem Katalog bestellt oder sonst was. Auch von hier aus bieten sich tolle Blicke auf den Monte San Valentin und seine Gletscher. Etwas weiter südlich befindet sich übrigens noch ein dritter See, der kleine Lago Negro. Wer in der Gegend an diesen drei wunderschönen Seen einen hochklassigen Urlaub verbringen will, dem sei die edle Hacienda Tres Lagos ans Herz gelegt, an der wir mehr oder weniger direkt vorbei kommen. Im Verlauf der Reiseplanung hatten wir uns überlegt, hier zu übernachten, aber zum einen hat diese Übernachtungsmöglichkeit nicht in die Etappenplanung gepasst und zum anderen waren uns 133 Dollar pro Person im Doppelzimmer (und das in der Nebensaison) dann doch geringfügig zu teuer.


Hängebrücke am Ausfluss des Lago General Carrera.

Kurz hinter der Hacienda Tres Lagos verlassen wir die Carretera Austral und biegen nach links, in Richtung Osten, ab auf die Ruta 265. Diese folgt zunächst einmal dem Südufer des Lago General Carrera, entfernt sich dann etwas von diesem und gewinnt steil an Höhe, nur um dann ebenso steil wieder bergab zu führen. Nach ein paar Kilometern erreichen wir die Ortschaft Puerto Guadal, wieder direkt am See gelegen. Im weiteren Straßenverlauf wird es sehr kurvig und es geht wieder gut in die Höhe. Kurz hinter Puerto Guadal müsste sich rechts der Straße die Cascada Maquis befinden, ein über mehrere Stufen herab fallender Wasserfall. Leider befindet sich dieser auf dem Grundstück einer Lodge und wir können von der Straße aus nur einen kurzen Blick erhaschen. Die Straße verläuft ein kurzes Stück im Landesinneren durch eine schöne grüne Landschaft. Der Straßenbelag verschlechtert sich zusehends, wir haben mit jeder Menge Löchern und Querrillen zu kämpfen, besonders im Verlauf der steilen Anstiege. Aber wir werden für die Mühen belohnt: Etwa 40 Kilometer hinter Puerto Guadal wird es spektakulär. Die Südseite des Sees grenzt hier direkt an eine steile Bergflanke. Die Straße ist hier quasi an den Berghang geklebt. Die Spannung wird dadurch erhöht, dass das Ganze teilweise ohne Leitplanke stattfindet. Links neben uns sehen wir, sehr weit unten, den See. Dessen türkisgrüne Farbe wird immer spektakulärer, je weiter wir nach Osten gelangen. Die Straße erreicht ihren höchsten Punkt am Paso de las Llaves, ab hier geht es bergab und nach einiger Zeit entfernen wir uns auch wieder ein wenig vom See. Eine wirklich tolle Straßenführung.


Blick von der Ruta 265 aus nach Westen über den Lago General Carrera.


Unterwegs auf der Ruta 265 kurz hinter dem Paso de las Llaves.

Hinter dem Paso de las Llaves befinden wir uns auf der Ostseite der Anden. Deutlich wird das an der nun schlagartig deutlich kargeren Landschaft. Wir nähern uns der argentinischen Pampa. Wir legen noch einen kurzen Stopp an der Garganta des Diablo ein, der Teufelsschlucht. Wenn man nicht weiß, dass sich diese Schlucht hier befindet, fährt man mit großer Wahrscheinlichkeit einfach vorbei. Es handelt sich um einen die Straße querenden Fluss, der sich tief ins Gestein eingegraben hat uns so eine äußerst tiefe aber extrem schmale Schlucht gegraben hat. Im weiteren Verlauf der Straße nach Chile Chico kommen wir zu einem nagelneu gegradetem Stück - was für eine Wohltat nach all dem Gerumpel zuvor. Wir kommen an einigen Salzpfannen vorbei (leider ohne Flamingos) und über einen kleinen Hügel nach Chile Chico. Kurz vor der Stadt befindet sich ein schöner Aussichtspunkt, von dem aus wir einen schönen Blick auf die kleine Ortschaft mit ihren fröhlich bunten Häusern haben.


Phantastische Farbe des Lago General Carrera.


Blick auf Chile Chico.

Wir checken zunächst in unserer vorgebuchten Lodge ein und schauen uns dann noch ein wenig in der Ortschaft um. Vom hiesigen Hafen könnte man mit der Fähre direkt nach Rio Ibanez fahren, nur wenige Kilometer von Villa Cerro Castillo entfernt. Aber wir wollen ja nach Argentinien und von dort aus weiter nach Süden. Bevor wir uns ein Restaurant zum Abendessen suchen, zählen wir unser Geld. Wir kommen zu dem Schluss, dass wir unbedingt unsere chilenischen Geldvorräte aufstocken müssen: Die nächsten Tage werden uns zwar nach Argentinien führen. Nach unserem nächsten Grenzübertritt nach Chile werden wir allerdings mehr oder weniger direkt in den Parque Nacional Torres del Paine fahren und so etwas wie Geldautomaten gibt es in diesem Park nicht. Also suchen wir den einzigen Automaten in Chile Chico und werden herb enttäuscht: Das Ding ist außer Betrieb. Während dem - wieder mal sehr leckeren - Abendessen wälzen wir Pläne: Morgen während den Schalterstunden bei der Bank vorbei schauen? Aber morgen ist Sonntag, haben da die Banken in Chile überhaupt geöffnet? Wir denken, dass dem nicht so ist, vor allem in irgendwelchen Käffern in Patagonien. Irgendwo in Argentinien Geld umtauschen? Oder auf de Fahrt in den Parque Nacional Torres del Paine einen kleinen Schlenker nach Süden einbauen, um dort irgendwo chilenisches Geld zu organisieren? Als wir nach dem Essen noch mal bei der Bank vorbei gehen, um nach den Öffnungszeiten zu schauen, ist die Erleichterung groß: Der Automat wurde in der Zwischenzeit repariert bzw. wieder aufgefüllt.

Mit frisch aufgefüllten Geldbeuteln zurück an unserer Lodge angelangt beschäftigen wir uns noch ein wenig mit dem sehr verspielten kleinen weißen Hund unserer Gastgeber und gehen dann ins Bett. Direkt vor unserem Fenster an der Rückseite des Hauses steht übrigens ein Pferd herum.

Übermorgen geht es weiter...

Schöne Grüße,
Dirk

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #87 am: 21.10.2012, 10:13 Uhr »
Hallo Dirk,

da habe ich ja einiges verpasst...

Ich habe mich gerade über euren Reisebericht hergemacht, bin derzeit aber erst bei eurer Uhrzeitdiskussion angelangt. Wollte mich nur schon mal zur Weiterfahrt mit anmelden und versuche schnell aufzuschließen.

Irgendwie ist im Moment meine ganze Reise- und Urlaubsplanung 2013 wieder durcheinander geworfen und fast völlig offen. Aber ich schätze, Chile traue ich mich nicht. Umso schöner, dass ich Chile gemütlich von der Couch aus erleben darf :D

LG Birgit

Anti

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #88 am: 21.10.2012, 11:19 Uhr »
Die Marmorhöhlen gefallen mir richtig gut. Blöd nur, wenn durch den Weg dorthin der Magen rebelliert...  :wink:

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #89 am: 21.10.2012, 12:23 Uhr »
Irgendwie ist im Moment meine ganze Reise- und Urlaubsplanung 2013 wieder durcheinander geworfen und fast völlig offen. Aber ich schätze, Chile traue ich mich nicht. Umso schöner, dass ich Chile gemütlich von der Couch aus erleben darf :D

Willkommen an Bord!

Das mit dem sich nicht trauen finde ich interessant, woran machst Du das fest? Du warst doch schon einige Male in Asien unterwegs - im Vergleich dazu schätze ich den südlichen Zipfel Südamerikas keinesfalls als gefährlicher oder schwieriger ein.

Blöd nur, wenn durch den Weg dorthin der Magen rebelliert...  :wink:

Noch blöder stelle ich es mir vor, wenn nicht der eigene Magen rebelliert, sondern derjenige des direkten Sitznachbarn. Sehr problematisch wohl im Sommer, wenn die Boote sicherlich mit etwas mehr Gästen als nur zweien beladen werden. :wink:

Zum Glück sind wir - was Seegang angeht - halbwegs robust. Somit konnten wir übrigens nicht nur die Marmorgebilde bewundern und genießen sondern auch nach der Fahrt im Zuge unseres Mittagessens in Villa Rio Tranquillo exklusiv für Dich nach vegetarischem Essen schauen: Gibt es - unter den vielen Sorten gefüllter Teigtaschen in dem kleinen Laden waren zum Beispiel welche mit Mais und Käse.

Schöne Grüße,
Dirk