Montag, 26. 9. 2005: Ich weiß es doch: Um 7:20 Uhr weckt mich das Handy, zehn Minuten später beginnen die Straßenarbeiter lautstark ihren Dienst.
Während dessen ich unser Frühstück zubereite, steht Michi freiwillig auf. Er hat keine große Lust, den Arbeitern beim Klopfen der Pflastersteine zuzuhören, was ich verstehen kann. Diese Geräusche gehen durch Mark und Bein.
Um 10 Uhr fahren wir in Richtung Palmitos Park ab, d. h., wir fahren die GC 503 bis zum Aussichtspunkt Los Palmitos, dort stelle ich den Jeep ab. Wir ziehen unsere Wanderschuhe an, schnappen unsere Rucksäcke, das Manfrotto, die Digicam und den Camcorder und los geht's.
Es ist 11:30 Uhr, als wir mit der Wanderung "Ins wilde Bergland" beginnen. Veranschlagt sind 10 km und 3,5 Stunden. Ja-ja, Reiseführer bzw. dessen Autoren, wo einer vom anderen abschreibt und nicht mal den Schreibstil ändert - das ist so eine Sache für sich. Die Kilometer kann man noch halbwegs glauben, aber die veranschlagte Zeit ist ein Witz. Dazu dann noch - allerdings bei einer anderen Wanderung - "schweißtreibende Wanderung, Dauer 4 Stunden, es wird empfohlen, 1 l Flüssigkeit mitzunehmen", das halte ich persönlich für gefährlich. Aber gut, lassen wir das, wir sind ohnehin weitaus besser ausgerüstet.
Den Beginn der Wanderung kennen wir ja schon, nur haben wir uns vor wenigen Tagen dann total verfranst und sind über die großen Felsblöcke geklettert, statt einen Wanderweg zu gehen.
Heute wollen wir es anders machen, was aber nicht einfach ist. Ich habe den Wanderführer in der Hand, lese Zeile für Zeile, wir halten uns strikt daran - und landen wieder falsch, nämlich am schon falsch gegangenen "Weg", den Felsblöcken
Also wieder retour. Ein Pärchen älteren Datums kommt uns entgegen, von einem Weg, den wir bis dahin nicht gesehen haben. Sie sind Deutsche und erklären uns, wir müssen dort gehen, wo sie herkommen, allerdings gingen sie nur ein Stück des Weges, weil es der Frau zu anstrengend war. Sie ist auch knallrot im Gesicht. Kunststück
Was sie bei dieser Hitze an hat, ist ja nicht mehr normal... Pullover, lange Hose, über dem Pulloser eine ärmellose Thermojacke. Ich habe den Bikini an und der ist mir noch zu heiß...
Wir gehen durch zwei Tore durch und entdecken tatsächlich einen Wanderweg, den wir bisher nicht kannten. Weshalb wir uns beim letzten Mal verstiegen haben, ist uns jetzt klar: Wir sind in den falschen Barranco gegangen...
Ok, jetzt sind wir richtig, der Weg wird schmäler und zeitweise müssen wir uns durch ein wenig Dickicht schlagen, dann wieder über ein paar Steine klettern, aber es ist nicht annähernd so eine Kletterei wie vor wenigen Tagen.
Temperaturmäßig sind wir gegen 13 Uhr bei 32.3° C, im Schatten, versteht sich.
Die Blicke zurück ins Tal sind atemberaubend, aber was noch vor uns liegt, raubt mir den letzten Atem
Wir müssen nämlich linkerhand (westwärts) eine Steilwand hoch, sie ist durch Steinmännchen markiert. In Serpentinen geht es aufwärts, die Bodenbeschaffenheit besteht großteils aus Geröll.
Ein kurzer Blick zurück ins Tal – es ist wunderschön
Endlich sind wir am Bergrücken angekommen und von hier aus gehen wir im Uhrzeigersinn um die Bergkuppe, die zu unserer Rechten liegt.
Um 14:00 ist Picknick angesagt. Wir verspeisen einen Teil unseres Mitgebrachten und dann geht's weiter.
Wir gehen bis zu einer fast nicht erkennbaren Wegkreuzung. Nicht erkennbar deswegen, weil es in dieser Gegend Dutzende Steinmännchen gibt und in den diversen Wanderführern steht, man solle sich immer nach den Steinmännchen richten. Sehr witzig
Vor uns Steinmännchen, rechts und links ebenfalls....
Nach ein wenig Sucherei gehen wir den linken Weg und können nach einiger Zeit gut in den Barranco de Charmorgiscan sehen. Genau gegenüber steht der große Antennenschirm. Das ist jener Antennenschirm, den wir auch schon auf der Fahrt auf der GC 604, dieser unsealed road, bereits gesehen haben.
unter uns der Barranco de Charmorgiscan
Wir müssen an der Westflanke der Bergkette entlang gehen. Oh Gott
Worauf haben wir uns da eingelassen
Das ist ein ganz schmales Pfädchen, rechterhand geht es steil bergauf.
Es wachsen ein paar ausgedörrte Pflanzen, denen schon beim Ansehen ein Ästchen abbricht, linkerhand geht es ganz steil bergab. So steil, dass wir im Falle des Ausrutschens keinerlei Halt hätten.
Ich möchte unter diesen Bedingungen keinen Fotoapparat in der Hand haben, auch möchte ich nicht, dass Michi weiter mit dem Manfrotto und dem Camcorder unterwegs ist. Wir packen alles in unsere Rucksäcke und tasten uns dann langsam vorwärts.
Der Pfad, den wir zurücklegen müssen, ist zwar nicht allzu lang, ca. 200 m ungefähr, aber bei diesem Schwierigkeitsgrad kommt es mir ewig vor, bis wir endlich wieder ebenes Gelände unter den Füßen haben.
Kurz darauf sind wir am Hochplateau, von wo aus wir eine herrliche Sicht haben.
Wir umrunden anschließend den Bergrücken, indem wir durch einen lichten Pinienwald gehen, der sich mit niedrig wachsenden Büschen abwechselt.
Links sehen wir in den Barranco de Palmito und nach kurzer Zeit sind wir, nachdem wir diesen Rundweg vollendet haben, wieder auf der uns schon vom Aufstieg bekannten Stelle.
Ab nun geht es teilweise steil bergab, größere Steine sind zu überwinden. Die Sonne brennt vom Himmel, es hat fast 33° C. Plötzlich verschwindet die Sonne hinter dunklen Wolken - und wir mitten in den Bergen. Wir sehen direkt auf Maspalomas, erkennen auch die Dünen, aber der Himmel über Maspalomas hat auch eine eigenartige Farbe, eine Mischung zwischen blau und dunkelgrau. Bedeutet das Schlechtwetter
Eigentlich schüttet es erfahrungsgemäß nur an unserem Abflugtag, aber es könnte ja auch mal eine Ausnahme gemacht werden.
Wir lassen uns nicht irritieren und setzen langsam aber sicher unseren Weg ins Tal fort. Schon lange haben wir wieder Manfrotto & Co. aus dem Rucksack geangelt und filmen und fotografieren wie die Bösen.
Um 17:00 Uhr sind wir beim Auto, tauschen unsere Wanderschuhe gegen Sandalen und fahren nach Ayagaures. In der dortigen Bar wollen wir uns einen Espresso gönnen, was aber wegen des Sperrtages nicht möglich ist.
Erst kurz vor Maspalomas finden wir in eine Bar, um den nötigen Kaffee zu ergattern. Von dort fahren wir auf der GC 60 über Fataga nach Sta. Lucía.
Dank der (rasanten
) Fahrweise schaffe ich es gerade noch, rechtzeitig in der Finca einzutreffen, sodass wir uns noch eine halbe Stunde an den Pool legen können. Michi beginnt mit den ersten Aufzeichnungen, wir diskutieren, beratschlagen. Unser Auswanderungsplan ist natürlich immer noch ein wildes Durcheinander, aber das kann ich erst schlichten, wenn ich es mal in ein Word oder Excel bringe, was nach der Rückkehr nach Linz sein wird. – Ich glaube, es gelingt mir immer noch ganz gut, dieses Spiel zu spielen
Eines weiß ich ganz genau: Spätestens, wenn wir im Flieger nach Linz sitzen, ist das Thema „auswandern“ abgeschlossen und die Show ist vorbei. Aber trotzdem: Es ist lustig
Zum Abendessen gibt es bacon & eggs & cheese, auf gut deutsch: Resteverwertung.
Anschließend wieder Überlegungen zu unseren Plänen und um 1:30 Uhr gehen wir ins Bett.
Kilometerstand am Ende des Tages: 29.933