Tag 5 Donnerstag 25.9.08 Im Ryokan ( so heißen traditionelle japanische Gasthäuser) gibt es japanisches Frühstück mit Reis und Fisch im Speisesaal, das automatische Klavier spielt dazu, eine alte Frau bewundert meine blonden Haare, leider kann sie kein Englisch. Irgendwie witzig, wenn einem eine Frau über den Kopf streicht als ob man ein kleines Kind wäre...
Wir fahren mit dem Zug zurück nach Nagano und weiter nach Matsumoto.
Auch hier finden wir am Bahnhof wieder Schließfächer für unsere Koffer, so schwierig wie in den Reiseführen angekündigt ist die Gepäckunterbringung zum Glück doch nicht. In Matsumoto steht eine berühmte Burg, die wollen wir besichtigen. Die Burg ist ganz aus Holz, ziemlich dunkel und leider ohne Inneneinrichtung. Wir müssen die Schuhe ausziehen und auf Strümpfen die Burg besichtigen, es ist heute ziemlich kalt, zum Glück habe ich dicke Wollstrümpfe an.
Die Burg ist nicht sonderlich groß, nach einer Stunde hat man eigentlich alles gesehen, wir haben noch Zeit bis der nächste Zug fährt. Laut Reiseführer gibt es noch eine Kunsthochschule zu besichtigen, allerdings ist dies ein äußerst uninteressantes Gebäude unserer Meinung nach nicht der Rede wert. Matsumoto ist zwar eine relativ große Stadt mit über 200.00 Einwohnern aber außer der Burg ist nicht viel geboten.
Weiter geht unsere Fahrt in die japanischen Alpen nach Kamikochi. Wir fahren erst ein paar Stationen mit einem Regionalzug und dann weiter mit dem Bus
Leider ist das Wetter ziemlich schlecht, kalt und windig. In Kamikochi haben wir wieder eine typisch japanische Unterkunft gebucht die Nishi-Itoya Mountain Lodge. Das war noch die erschwinglichste Unterkunft, wenn man ein eigenes Zimmer wollte und nicht in einem Schlafsaal übernachten will. Die Unterkunft gibt es nur mit Halbpension (was Sinn macht, denn außer ein paar ähnlichen Hotelunterkünften und einem Andenkenshop gibt es hier nichts, man ist mitten in der Natur, es gibt keinen Ort), Infos zu Kamikochi:
http://www.kamikochi.or.jp/english/index.php von dieser Website stammt folgende Karte:
Unser Zimmer hat sogar einen Balkon aber leider regnet und stürmt es, da haben wir nichts davon. Diesmal habe ich daran gedacht ein Foto von der Unterkunft zu machen:
So wie hier sah das Zimmer in Yudanaki auch aus (und auch in den folgenden japanischen Unterkünften): es gibt immer ein Zimmer, das mit Bastmatten ausgelegt ist (und man nicht mit Schuhen betreten darf), darauf steht ein Tisch mit der Höhe eines Hockers und davor Stühle ohne Beine. Ich weiß nie wohin mit meinen Beinen, das Sitzen ist wirklich sehr unbequem. Abends kommt jemand, der Tisch und Stühle zur Seite räumt und statt dessen zwei Betten bereitet, dazu wird zuerst eine Art dickere Isomatte hingelegt, darauf eine dickere weiche Auflage und dazu dann Bettdecke und Kissen. Man schläft vorzüglich darauf! Im Hintergrund sieht am einen kleinen Wintergarten mit Teppichboden, normalem Tisch und zwei normalen Stühlen, auch das war in allen Unterkünften so. Was man nicht sieht ist dass die Fenster einfach verglast sind und nur so einigermaßen dicht (auch das war überall so). Die Heizung die man links hinten sieht war nur lauwarm und ließ sich auch nicht höher drehen, so richtig gemütlich war das nicht. Richtige Heizungen gab es nirgends eigentlich waren es immer nur Klimaanlagen, die wahlweise auch heiße Luft pusten, ich möchte nicht wissen wie kalt das im Winter wird (das heißt hier nicht nur Alpen, es liegt im Winter genauso viel Schnee wie in Bayern!)
Hier mal der Blick aus unserem Zimmer raus:
Bald danach werden wir zum Abendessen gerufen, das ist nun wirklich ein Erlebnis: ein großer Speisesaal wieder mit Bastmatten und niedrigen Tischen, aber wie die Speisen angerichtet werden, das grenzt an ein Stilgemälde.
Das Essen war absolut köstlich und es wurden nach und nach noch weitere Schälchen gebracht, auf einem lag ein kleines Steak, das hatte vielleicht 100 Gramm war aber das beste Fleisch, das ich je gegessen habe! Normalerweise wird in Japan ja alles klein geschnitten serviert, da man ja kein Messer zum Schneiden hat, aber dieses Fleisch war so zart, dass man es mit Stäbchen zerteilen konnte, unglaublich! Spätestens jetzt fanden wir den Preis von ca 150 € pro Nase und Tag angebracht! Und ständig wuselte ein Kellner rum, der einem noch ein Häppchen brachte. Auch hier hat man wieder nur ganz junge Angestellte gesehen.
Ich habe leider schon die ganze Zeit einen Schnupfen, der jetzt so richtig lästig wird mit dicker grüner Soße, die aus der Nase rinnt. In Japan besonders störend, da man sich nicht in Anwesenheit anderer Menschen die Nase putzen darf (woran ich mich nicht halte, es geht einfach nicht, versuche halt dezent zu sein). Wir gehen nach dem frühen Abendessen noch in den Andenkenshop und versorgen uns mit Snacks und landestypischen alkoholischen Getränken (irgendwas zwischen Wein und Likör nicht weiter identifizierbar) und verziehen uns angesichts des schlechten Wetters in die Hotellobby, dort gibt es kostenlosen Kaffee und WLAN sowie einen PC mit Internet für die Gäste so kann ich eine Mail in die Heimat schreiben (mein Freund hatte damals schon ein Smartphone mit Internetbrowser, ich noch so ein simples Nokia mit SMS und Foto und sonst nix, kommt einem heute vor wie 19. Jhdt). In unserem Hotelzimmer war mittlerweile schon das Bett gemacht.
Unser Zimmer hatte zwar ein eigenes Bad aber dieses Hotel hat ein Onsen, dass muss ich jetzt doch mal ausprobieren. So ein Gemeinschaftsbad ist in Weiblein und Männlein getrennt, es gibt einen Vorraum mit Schließfächern wo man seine Klamotten reintut, im großen Baderaum sind dann an einer Seite Hocker, Eimerchen und Brauseschläuche, da hockt man sich auf so einen Schemel und schrubbt sich von oben bis unten mit Seife ab und duscht das ganze ab (oder kippt Wasser aus dem Eimerchen über sich was die Japaner scheinbar lieber machen als den Brauseschlauch zu benutzen) und danach geht man dann in das üblicherweise Babyschwimmbecken große Bad, das eigentlich mit sehr heißem Wasser gefüllt sein soll, hier war es aber nur noch lauwarm. Die beiden Japanerinnen die noch im Wasser waren flüchten als ich einsteige (das habe ich leider öfter erlebt) aber das Wasser ist eh nicht mehr warm genug. Es gibt noch eine kleine Sauna, die hat definitiv mehr als 100 Grad, nach 5 Minuten hält man es nicht mehr aus, aber jetzt ist mir wenigstens warm!
Glücklicherweise kennen die Japaner (als bisher einziges Volk außerhalb des deutschen Sprachraumes) Daunendecken so dass ich im Bett wenigstens nicht frieren muss.
Unsere Lektion heute: Zentralheizung ist in Japan ein Fremdwort…
Tag 6 Freitag 26.09.08 Das Frühstück ist genauso toll wie das Abendessen gestern:
Das Wetter dafür umso schlechter, es regnet durchgehend, es stürmt, es ist kalt, genau das falsche Wetter für meinen Schnupfen. Für heute hatten wir eine Wanderung geplant, die fällt buchstäblich ins Wasser. Wir hocken uns in dem Aufenthaltsraum während unser Zimmer gemacht wird, anschließend verbringe ich den Tag in die Dauendecke gewickelt auf dem richtigen Stuhl in unserem Zimmer und lese.
Mein Freund geht mittags mal für einen Stunde raus und berichtet dass einem im Wald Affen begegnen aber selbst ihm ist das Wetter für einen längeren Aufenthalt draußen zu schlecht. Wir Europäer sind wohl richtige Weicheier, die Japaner beschweren sich nicht nur nicht über die Heizung (uns hat man beschieden die Heizung sei an und nicht etwa defekt, tja das ist dann wohl so) die machen sich sogar fertig zum wandern schultern ihren Rucksack und ziehen los, wir sind die einzigen die hier bleiben…
Tja wir futtern unsere gestern gekauften Süßigkeiten: Schokoladenmochis sind sehr lecker (weiche Reisküchlein) und freuen uns aufs Abendessen das genauso gut wird wie gestern aber auf komplett anderem Geschirr (die müssen eine riesige Küche haben hier), danach geht es wieder ins Bad, diesmal ist nur eine japanischstämmige Amerikanerin hier (die Japaner baden vor dem essen) und das Wasser ist diesmal heiß. Ich unterhalte mich mit der Amerikanerin über die Sauna, hier geht man da nur einmal rein. Ich erzähle ihr wie das bei uns funktioniert und dass mir die Liegen zum Ausruhen fehlen, sie ist ganz erstaunt „ah You do it over and over again“ das ist wohl auch in Amerika nicht üblich. Außerdem amüsiert es sie, dass ich im Schlafanzug unterm Yukatan (eine Art Kimono den jeder Gast bekommt) rumlaufe, das ist wohl auch nicht angesagt, na egal. Danach gehe ich gleich ins Bett. Die Sauna hat mir gut getan, der Schnupfen wird langsam besser. Gut dass ich heute nicht draußen war, obwohl ich natürlich auch gern gesehen hätte wie Affen statt Eichhörnchen durch die Bäume turnen…
Was haben wir heute gelernt: Nur die Harten kommen in den Garten!