Die lange Zeit der VorbereitungEin wenig orientierungslos laufe ich durch die Reiseführerabteilung des Hugendubel und überlege, was es abends zu essen geben könnte. Kochen? Nee, zu müde. Also was bestellen. Aber was? Oder gehst du doch noch schnell ein paar Zutaten für Spaghetti Aglio Olio besorgen? Ach Quatsch, bestell mal lieber was vom Inder. Vom Inder! Ja, das indische Essen gehört zu meinen besten Erinnerungen aus Malaysia und Singapur...
Also zu den Reiseführern wollte ich ja eigentlich. Im Forum scheint Namibia als Reiseziel derzeit beliebt zu sein, also blättere ich mal in dem einen oder anderen Reiseführer. Oder vielleicht doch lieber Südafrika? Mal sehen, wie es so dort geworden ist seit der Zeit ums Abi, als mein Onkel mit Familie dort ein paar Jahre lebte und wir ihn mit der ganzen Familie zwei Mal besuchten.
Zu Hause finde ich eine Mail von meiner längst verschollen geglaubten und erst kürzlich wieder gefundenen Schulfreundin Hiroko, die ist in Südafrika geboren ist und die auch in den letzten Jahren mal wieder dort war. Mein Meat Masala vom Lieferservice ist inzwischen da. Ihre Antwort auf meine Frage, wie es denn in Südafrika derzeit so sei: "Südafrika, na ja, die Nationalparks sind schon spannend, aber vielleicht überlegst du dir ja auch, vielleicht lieber nach Namibia zu fliegen? Oder ein ganz anderer Vorschlag, wie wäre es denn mit Indien?"
Und weil Liebe durch den Magen geht, verbringe ich die letzten Happen meines Meat Masala mit dem Checken der Flugmöglichkeiten und -Preise nach Mumbai und Delhi. Hm, Indien. Little India in Georgetown, das indische Viertel in Singapur, die Hindutempel in Kuala Lumpur und Singapur hatten mich damals schon fasziniert. Aber Indien? Ausgerechnet Indien, wo einem die Bettler auf die Motorhaube springen und man sich mit absoluter Sicherheit solche Magen-Darm-Probleme holt, dass man ins Krankenhaus muss?
Und beim nächsten Besuch im Hugendubel landet der seeeeeehr dicke Lonely Planet Indien in meinem Rucksack.
Und die Flugpreise? Hm, recht günstig, also dann, wenn es in Deutschland schlechter wird mit dem Wetter, irgendwann ab Mitte Oktober, ist die Regenzeit in Indien schon vorbei, so hoffe ich.
Und kurz vor Weihnachten ist es gebucht, das Ticket, ein wenig panisch, denn der Preis ist von Frankfurt aus plötzlich einen riesigen Sprung nach oben gehüpft, nur von Leipzig aus ist es noch günstiger. Aber warum nicht mal von Leipzig aus fliegen?
Indien polarisiert. Das konnte man überall nachlesen. Und das tat Indien schon, bevor ich überhaupt nur einen Fuß auf den Boden des Landes gesetzt hatte. Wellenartig und mit viel Ambivalenz geht es mit der Vorbereitung weiter.
Ein Fahrer ist schnell gefunden. Ashok Taxi Tours. Wirkt sympathisch, zuverlässig, fix, eine tolle und informative Website, DEN nehme ich.
http://www.i-love-my-india.co.in/tours.htmlOK, und nun? In einem (Indien)Reiseforum fühlte ich mich nicht so ganz verstanden mit meinem Reisestil und meinen Vorstellungen, aber es musste doch irgendwann mal was werden. Ein ewiges Auf und Ab. Irgendwie war doch schon alles Wesentliche erledigt, aber müsste man sich auf dieses Land nicht besser vorbereiten? Oder sind es vielleicht gerade die perfekt Vorbereiteten, die auf die Nase fallen, weil dann doch wieder alles anders kommt?
Aber wenigstens die beiden geplanten Inlandsflüge und die Hotels an den unverrückbaren Stationen kannste noch buchen.
Nach einem ziemlichen Ausheulthread und sehr lieben und hilfreichen Antworten in einem anderen Forum bin ich einen Schritt weiter und werde zudem von Martin aufgegabelt. Er und seine Frau Steffi sind diejenigen, die vor einigen Jahren nach ihrer eigenen Reise die Website des Fahrers Ashok zusammenbastelten und ihn mit riesigem Engagement von Deutschland aus noch heute unterstützen. Na, so ein Glück. Infos aus erster Hand, wenn das mit Indien mit so vielen Zufällen beginnt, dann kann es ja nur gut werden.
Und die lange Zeit der Vorbereitung läuft:
Tja, da ist nun alles in Ordnung und ich habe mich mit allerlei Fragen zu befassen: Braucht man für Indien spezielle Impfungen? (Entschieden habe ich mich gegen alles, was ich nicht sowieso schon habe.) Muss ich spezielle Medikamente mitnehmen? (Entschieden habe ich mich für Kopfschmerztabletten, Imodium, einiges für den Magen und einen Zettel, auf dem der Wirkstoff eines Antibiotikums steht, das ich mir im Zweifel auch ohne Rezept vor Ort kaufen kann, wie meine Recherchen zumindest vermuten lassen.)
Auf Hirokos Rat zum Sammeln von Schooooooolpens für indische Kinder wird befolgt, außerdem kaufe ich noch andere Kleinigkeiten als Mitbringsel.
Welche Hygienevorsichtsmaßnahmen sind wichtig? Also jede Menge Lotions, Tücher und Sprays zum Desinfizieren einkaufen und mir einen Steripen wünschen um Wasser keimfrei zu machen.
Wie geht das mit dem Visum? (Das habe ich etwa zwei Monate vor Abreise beantragt, die Bearbeitung ging nach gewissenhaftem Ausfüllen eines ellenlangen Fragebogens in drei Tagen inklusive Postweg.)
Kann man einfach eine SIM-Karte kaufen, und wenn ja, wie und wo und welche? (Gekauft habe ich letztlich keine, würde es aber nächstes Mal tun). Kann man in Indien rennen gehen? (Die Laufsachen werden zur Vorsicht mal eingepackt) Welche Kleidung gebietet der Anstand? (Pah, ich war schließlich schon öfter in Asien und bin nie durch unsittliche Kleidung aufgefallen, also wie immer leichte Hosen, T-Shirts und zur Vorsicht eine dünne Bluse zum Drüberziehen ins Gepäck, falls ich mich sonst zu nackt fühle).
Und nun ist es eine Woche vor dem Abflug. Das Unvermeidliche ist doch wieder passiert. Ich sitze mit Kratzen im Hals und etwas fiebrigem Gefühl unter der Decke auf der Couch neben dem bereits aufgehäuften Berg Klamotten und Utensilien, der irgendwie verpackt und mitgenommen werden muss und hoffe, dass es mich nicht noch ganz umhaut.
Und auch das Andere ist doch wieder passiert: Ich buche noch mal eben viel, viel mehr an Hotels vor als ich ursprünglich vorhatte, aber ein paar Tage lasse ich offen. Ich kann wirklich nicht einschätzen, ob meine Zeitplanung so OK ist, ob ich vielleicht viel mehr Zeit irgendwo brauche oder ob mich ungewohnte Bakterien zu einer ungeplant engen Beziehung zu einem Hotelbad verleiten werden.
Sonntag Kratzen im Hals und Husten. Montag: Husten. Dienstag: Halsweh. Mittwoch: Schnupfen. Donnerstag: Noch mehr Schnupfen. Freitag: Husten und Schnupfen. Samstag: Abflug, geht schon besser. Na bitte, das passt doch!