Und weiter geht's:
9.10.2010 Mount Eccles National Park - Halls GapIn der Nacht hat es ziemlich heftig geregnet. Auch unser persönlicher Koala hat im Laufe der Nacht seinen Baum gewechselt und ist nun nicht mehr zu entdecken. Wir verlassen den Park und biegen in Richtung Hamilton ab. Hamilton ist ein mittelgroßes und ziemlich unscheinbares Kleinstädtchen, an dem uns im Moment lediglich zwei Dinge interessieren: 1) ein Frühstück und 2) die großen Wolleballen. Bei letzteren handelt es sich - ähnlich wie beim Big Merino Sheep in Goulburn - um eine stark vergrößere Ausgabe des Originals, aufgestellt als Reminiszenz an die frühere Bedeutung der Wolleindustrie für Australien. Um Platz zu sparen, wurde und wird Wolle vor dem Transport nach Europa unter großem Druck zu Ballen zusammengepresst. Die großen Wolleballen in Hamilton entpuppen sich als Ansammlung annährend würfelförmiger Objekte, die bei entsprechender Beschriftung auch als große Waschmittelkartons oder ähnliches durchgehen würden. Im Inneren befinden sich ein kleines Museum, ein Cafe und ein Giftshop. Alles nicht wirklich berauschend. Aber interessant, es mal gesehen zu haben.
Die großen Wolleballen in Hamilton. Wir fahren weiter Richtung Dunkeld. Auf der Fahrt können wir schon aus dem Auto in nördlicher Richtung die ersten Ausläufer der Grampians, unseres heutigen Ziels erahnen. Die Grampians wurden 1836 von ihrem europäischen Namensgeber so genannt, da sie ihm an die gleichnamigen Berge in seiner schottischen Heimat erinnerten. Auch wenn wir noch weit entfernt sind, können wir schon sehr beeindruckende Gesteinsschichtungen erkennen. Dunkeld hat nicht viel zu bieten, allerdings gibt es hier ein Visitor Center des Grampians National Park. Wie wir feststellen, allerdings kein besonders großes. Der ältere Herr, der dort arbeitet gibt selber zu, dass er nur Amateur ist, die richtigen Profis wären im offiziellen Visitor Center in Halls Gap tätig. Allerdings gibt er uns einige hilfreiche Tips, zum Beispiel, für die Fahrt nach Halls Gap einen kleinen Umweg über das Victoria Valley zu nehmen. Wir plaudern noch ein Weilchen mit dem netten Herrn. Als er erfährt, dass wir aus Deutschland kommen, erzählt er die Geschichte von seinem Sohn, der auch eine Weile in Deutschland gelebt hat, und zwar in München. Dort habe er aber zu viel Bier getrunken. Nun ja, damit steht der junge Mann nicht alleine, das machen in München recht viele Leute, vor allem Ende September und Anfang Oktober...
Die Strecke über das Victoria Valley in den Grampians National Park ist in der Tat sehr schön. Lange Teilstrecken führen durch eine sehr pittoreske Allee. Die Breite der unmarkierten Straße reicht gerade mal für ein Auto. Interessanterweise ist der Belag in jeder Kurve sowie einige Meter davor und danach verbreitert, inklusive Mittelstreifen und Seitenmarkierungen. Am Ende des Victoria Valley führt die Straße steil bergauf und führt uns über den Mirranatwa Gap. Kurz hinter dieser Passhöhe kommen wir wieder auf die direkte Straße in den Park und nach Halls Gap. Diese führt durch ein breites und dicht mit Eukalypten bewachsenes Tal, links und rechts stehen die faszinierend aufgeschichteten Gesteinsformationen der Grampians.
Unterwegs im Victoria Valley Richtung Grampians National Park. Das Wetter kann sich nicht zwischen bedeckten Himmel und sonnig entscheiden: Zwischen dichten Wolken reißen immer wieder größere Lücken auf. Eine der Wanderungen, die wir hier unternehmen wollen ist die Besteigung des 1168 Meter hohen Mount William. Da im Moment, also wir an der Abzweigung der Straße zum Trailhead vorbei fahren, in den Wolken eine ziemlich große Lücke klafft, biegen wir ab. Von der Abzweigung führt eine enge und ziemlich gewundene Straße noch zehn Kilometer bergauf. Diese ist scheinbar auch bei den australischen Rennradfahrern sehr beliebt. Jedenfalls sind sehr viele Radler unterwegs, sowohl bergauf als auch bergab. Das macht die Fahrerei ziemlich anspruchsvoll, wollen wir doch keinen dieser Sportler als unfreiwillige Kühlerfigur an unserem Spaceship verewigen. Der 1.8 Kilometer lange Weg vom Parkplatz zum Gipfel entpuppt sich als - hier für den privaten Autoverkehr gesperrte - Fortsetzung der Straße. Diese wurde wohl angelegt, um einfachen Zugang zu den auf dem Gipfel stehenden Türmen eines Funkfeuers für die Flugnavigation zu ermöglichen. Auch wenn wir auf einer asphaltierten Straße laufen, gefällt uns der Hike recht gut, da er schöne Blicke auf die uns umgebenden Berge und Täler ermöglicht. Leider hat die von uns ausgewählte Wolkenlücke auch ein Ende. Sprich: ihr folgt wieder eine Wolke, die uns den möglichen 360 Grad-Rundumblick verwehrt.
Ausblick vom Mount William. Ausblick vom Mount William. In Halls Gap, ungefähr zehn Kilometer nördlich der Abzweigung zum Mount William, machen wir einen kurzen Abstecher in des moderne Visitor Center des Parks und checken beim Top Tourist Campground ein. Die Wahl dieses Campgrounds entpuppt sich als sehr gut, ist doch in Form der angrenzenden Wiese quasi ein Zoo in den Zeltplatz integriert: Jetzt, am Nachmittag, ist eine größere Gruppe relativ zahmer Emus unterwegs.
Emu auf unserem Campground in Halls Gap. Unser Besuch des Grampians National Park führt uns zunächst in westlicher Richtung aus Halls Gap hinaus, wieder mal auf einer engen, steilen und kurvigen Bergstraße. Immer wieder erstaunlich, wie viele derartige Straßen es in Australien gibt. Wir fahren durch dichten Eukalyptuswald zum Trailhead der Mackenzie Falls. Dabei handelt es sich um den wohl bekanntesten Punkt hier im Park. Dementsprechend ist auch jede Menge los. Es gibt zwei Trails: Der erste führt zu einem Aussichtspunkt auf die Wasserfälle, der zweite zu den Wasserfällen selber. Wir laufen zuerst zum Aussichtspunkt. Ein relativ kurzer Trail, größtenteils relativ eben und unspannend durch Wald. Am Ende öffnet sich ein beeindruckender Blick auf den Wasserfall, umgeben vom dichten Grün des Eukalyptuswaldes. Auf Bildern dieses Ausblicks lässt sich die Größe des Wasserfalls sehr schwer einschätzen, einen Anhaltspunkt geben die Menschen, die sich dort unten direkt am Wasser tummeln und aus der Entfernung winzig klein wirken.
Mackenzie Falls von oben gesehen. Da dieser erste Hike kürzer war als erwartet, laufen wir auch noch den zweiten, also runter zu den Mackenzie Falls. Dieser hat naturgemäß einen deutlich anderen Charakter als der erste, es geht steil bergab, zum Teil über Treppenstufen. Auch aus der direkten Nähe betrachtet gefallen uns die Wasserfälle gut. Es gibt einen kleinen See, an dessen Ufer zahlreiche Gesteinsbrocken dazu einladen, sich hinzusetzen und das herabstürzende Wasser zu beobachten.
Mackenzie Falls von unten gesehen. Fünf Kilometer weiter nördlich liegt direkt an der Straße der Picknickplatz von Zumstein. Hier soll man jede Menge Känguruhs beobachten können. Diese scheinen allerdings im Moment unterwegs zu sein oder zu schlafen oder sonst irgendwas. Wir sehen jedenfalls kein einziges dieser Tiere. Stattdessen schauen wir uns einige Zeit auf dem Zumstein Historic Walk um, der anschaulich und mit vielen Schautafeln die Geschichte von Walter Zumstein erzählt, der hier eine kleine Siedlung errichtet und im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut hat.
Da wir immer noch auf eine Verringerung der Wolkenanzahl hoffen, besuchen wir als nächstes den Boroka Lookout und verschieben die eigentlich näher liegenden Balconies (die am Abend im Licht der tief stehenden Sonne besonders schön aussehen sollen) nach hinten. Der Boroka Lookout lässt sich direkt mit dem Auto erreichen und bietet einen tollen Blick ins Tal, bis hinüber nach Halls Gap und zum Lake Bellfield, an dessen Staumauer unser Campground liegt. Dieser Lookout ist scheinbar auch bei der einheimischen Bevölkerung beliebt und wird von dieser für besondere Ereignisse benutzt: Auf dem Parkplatz hat sich ein Treffen von Freunden alter Motorräder mitsamt ihrer Maschinen breit gemacht. Der eigentliche Lookout besteht aus zwei Aussichtsterrassen, von denen eine von einer Hochzeitsgesellschaft in Beschlag genommen wird. Wir erleben aus respektvollem Abstand mit, wie sich die beiden ihr Jawort geben. Das ganze bei ziemlich frischen Wind - die Braut in ihrem schulterfreien Kleid tut uns ein wenig leid.
Blick vom Boroka Lookout auf Halls Gap und den Lake Bellfield. Zum Abschluss des Tages geht es nun doch zum Reids Lookout, dem Startpunkt der Wanderung zu den Balconies. Die Balconies sind ungefähr einen Kilometer vom Parkplatz entfernt und bestehen aus zwei filigranen Gesteinsvorsprüngen, die man in der Tat als Aussichtspunkte bzw. Balkone verwenden kann. Inzwischen ist das Besteigen verboten, es sieht aber tatsächlich so aus, als sei früher ein Geländer angebracht gewesen. Im Internet kann man auch jede Menge Bilder von Leuten ergoogeln, die sich trotz Verbots auf die Balconies stellen. Das lassen wir lieber und genießen den Ausblick auf schier endlose Eukalyptuswälder. Das Wetter ist nicht wirklich besser geworden, so dass wir nicht das ideale Fotolicht haben, das schmälert die Schönheit des Augenblicks aber nur unwesentlich.
Die Balconies im Grampians National Park. Der Schwerpunkt des restlichen Abends liegt bei Tiere-Anschauen, im speziellen hüpfende Tiere: Als wir mit dem Spaceship Richtung Campground durch Halls Gap rollen, sehen wir in einer Wiese leicht südlich des Stadtzentrums jede Menge Känguruhs stehen. Wir fahren in eine Nebenstraße, stellen das Auto ab und schauen uns um: Auf einem unbebauten Gelände zwischen zwei Häusern stehen bestimmt 15 dieser Tiere, äsen, stehen herum und hüpfen. Drei weitere Tiere kommen quer über die Straße herbeigehüpft und nehmen dabei keinerlei Notiz von uns. Als wir weiter fahren, hüpft eine weitere Gruppe Känguruhs fast vor unser Auto und wird dabei getrennt. Das einzelne Tier versucht, zu seiner Gruppe zurück zu kommen und hüpft dabei quer durch die Vorgärten um unser Auto herum. Wir sind gewarnt und fahren äußerst langsam und vorsichtig weiter zum Campground. Auf der dem Campingplatz angrenzenden Wiese stehen immer noch genauso viele Emus wie am Nachmittag, allerdings sind grob geschätzt hundert Känguruhs dazu gekommen.
Känguruhs auf der Wiese an unserem Campground. Die Känguruhs knabbern seelenruhig am Gras und lassen sich durch nichts stören: Wenn man auf die Wiese läuft, machen sie leicht Platz, fressen aber weiter. Somit ist man nach ein Paar Schritten mehr oder weniger von Känguruhs umgeben. Wir beobachten das Treiben eine Zeit lang und kehren dann zum Campground zurück, um unser Abendessen zu kochen. Mit Beginn der Dunkelheit verlieren die Tiere ihre Scheu noch mehr und kommen sogar auf das Campingplatzgelände. Während dem Essen beobachten wir, wie zwei von ihnen miteinander boxen, auf dem Weg von und zu den sanitären Anlagen werden wir aus zahlreichen Augen neugierig beobachtet und müssen aufpassen, nicht über ein Känguruh zu stolpern. Ein wahrhaft tierisches Erlebnis...
Stereo-Fressen. Bitte recht freundlich! Schöne Grüße,
Dirk