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Autor Thema: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan  (Gelesen 50750 mal)

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Microbi

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #90 am: 14.05.2014, 19:24 Uhr »
Mann, kriege ich Fernweh!  :roll:

Du schreibst so interessante Sachen. Z.B. Fleischspeise zum Frühstück - gibt es. Aber ein traditionelles Frühstück - wenn sowas überhaupt noch gegessen wird - beinhaltet eine Suppe, Reis, Pickels, ggf. getrockneten Fisch. Manchmal auch Reis mit Pickels, mit rohem Ei und/oder Natto (fermentierte Sojabohnen). Das schmeckt uns Westmenschen sehr gewöhnungsbedürftig und ist beliebt als Mutprobe für Gaijin.
Also, meine Frau wird begeistert sein, wenn ich ihr erzähle, dass sie Fleisch zum Frühstück bekommen kann. Sie isst keinen Fisch.

Ich glaube, Japan ist das einzige Land (das ich kenne) in dem man immer positiv wahrgenommen wird als Deutscher. Meist hält man einen für einen Ami, aber wenn man klarmachen kann, dass man "doitsujin" ist, sind die Japaner geradzu überschwänglich erfreut.

Ja, die Bäder... wie man auf so einem Schemel sitzen kann, sich gründlich reinigend ohne umzufallen... das weiß ich nicht. Ich habe auch immer gehofft, dass ich im Bad alleine bin. Und andere Bäder gab es fast auf der ganzen Reise nicht. Wir wohnten nur in Ryokans. Und das Wasser in so einem Becken kann verdammt heiß sein. Beim ersten mal hat es mich fast von den Füßen gehauen, als ich nach 10 Minuten wieder rausgekrabbelt bin. Zum Glück gibt es auch kaltes Wasser. Aber nach einer Zeit gewöhnt man sich dran und es tut so gut, dass man es kaum noch missen will.

Und die Bilder erst! Suuuuper!  :)

Mic

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #91 am: 14.05.2014, 20:57 Uhr »

Ich glaube, Japan ist das einzige Land (das ich kenne) in dem man immer positiv wahrgenommen wird als Deutscher. Meist hält man einen für einen Ami, aber wenn man klarmachen kann, dass man "doitsujin" ist, sind die Japaner geradzu überschwänglich erfreut.


Ja, mir ging es auch so. Wenn ich gefragt worden bin, wo ich herkomme und dann mit "Germany" geantwortet habe, bin ich immer auf positive Reaktionen gestoßen. Viele Leute haben mir dann berichtet, dass sie selbst schon in Deutschland waren, oder dass zumindest ein Verwandter oder Bekannter schon mal hier war. Das klang immer, als würde Deutschland sehr geschätzt, und soweit ich das beurteilen kann war das nicht nur eine höfliche Reaktion.

snowtigger

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #92 am: 15.05.2014, 11:07 Uhr »
Wunderschön! Ich packe Japan mit auf die Reiseliste.
Das ist das erste asiatische Land, das ich wirklich wirklich sehen möchte (außer Nepal, das gilt aber nicht, da hab ich Freunde  :wink: ).
September 2012: http://forum.usa-reise.de/index.php?topic=58760.msg798830#msg798830
September 2014: Yellowstone & the Highlights of Utah
August 2015: SFO > LAX > LAS Honeymoon USA

Katja

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #93 am: 15.05.2014, 22:12 Uhr »
Das sind sehr schöne Bilder. Wirklich tolle Impressionen! Und auch noch schön ausführlich beschrieben. Das ist sehr interessant, weil Japan doch ein bisschen anders ist. :D
Viele Grüße
Katja

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Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #94 am: 16.05.2014, 17:18 Uhr »
Ich freue mich, dass euch Bilder und Bericht gefallen!  :D

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #95 am: 18.05.2014, 08:55 Uhr »
3. April 2014: Tokio - Kyoto

Fünf Uhr morgens. Das ist selbst hier in Tokio früh. Und nach deutscher Zeit erst zehn Uhr abends. Kein Wunder, dass ich kaum aus dem Bett komme. Aber um die Rush Hour zu vermeiden, will ich heute schon den Hikari um 6.26 Uhr ab der Tokio-Station nehmen. Davor muss ich wieder von Ueno aus mit der Yamanote Linie oder dem Lokalzug dorthin, also raus aus den Kissen!

Um zwanzig vor sechs checke ich aus und gehe hinaus in den leichten Nieselregen. Die Straßen sind noch ziemlich leer, es scheinen mehr übernächtigte Nachtschwärmer als Pendler unterwegs zu sein. Frohgemut ziehe ich den Koffer hinter mir her zur Ueno-Station. Zum Kofferziehen habe ich gestern in der Tokio-Station noch ein paar Schilder gesehen: Man soll den Koffer nicht mit dem Handrücken nach oben hinter sich herziehen, sondern mit dem Handrücken nach unten. Wahrscheinlich, weil man ihn so direkt hinter sich herziehen kann und nicht seitlich. Ergänzend gab es dann noch ein Plakat, wo gerade ein armer Pendler über einen Koffer fällt.

Heute morgen ist es aber noch leer, also gebe ich mich rebellisch und ziehe den Koffer mit dem Handrücken nach oben. Hinauf zur Yamanote Linie muss ich ihn leider die Treppe hoch schleppen. Dort angekommen ist der Bahnsteig erfreulich leer und ich denke mir, dass es sich doch gelohnt hat, so früh aufzustehen, um die Rush Hour zu umgehen. Aber: Satz mit x – war wohl nix! Es gibt zwar weniger Pendler, aber auch deutlich weniger Züge, und als um 5.52 Uhr der Lokalzug einfährt, stehen hinter mir zehn Leute Schlange, und die Waggons sind schon gut gefüllt. So ein Mist, aber es hilft ja alles nichts, also rein in den Zug und die pikierten Pendlerblicke ignorieren.

Beim Aussteigen haue ich meinen Koffer vermutlich mindestens zehn Leuten an die Beine, was müssen die auch so blöd da rumstehen! Mit dem Koffer die Treppe wieder runter, zum Shinkansen-Bereich, dabei den Koffer schön mit dem Handrücken nach unten ziehen, hier ist dann doch schon einiges los. Und jetzt die Treppe wieder hoch. Als ich am Gleis ankomme, bin ich schon nassgeschwitzt. Aber der Zug steht schon da, man darf einsteigen, ich finde meinen reservierten Platz und kann den Koffer direkt hinter dem Sitz abstellen.




Ich verstaue meinen Kram und frühstücke erst mal den gefüllten Pfannkuchen, den ich mir gestern abend noch gekauft habe. Der Zug fährt los, hinaus aus Tokio, mit Stopps in Shinagawa und Yokohama. Als wir nach einer guten halben Stunde Odawara erreichen, ist der Waggon schon fast voll. Hier in Odawara bin ich vor drei Tagen ausgestiegen, um den Fuji zu besuchen. Heute ist der Himmel grau verhangen, und der Fuji nicht zu sehen. Da hatte ich bei meinem Besuch richtig Glück gehabt.

Richtung Kyoto bessert sich das Wetter aber, und immer mehr blauer Himmel kommt zum Vorschein. Um viertel nach neun kommt der Hikari am Hauptbahnhof Kyoto an. Immerhin gibt es hier zunächst ein paar Rolltreppen, aber dann muss ich hinunter in die U-Bahn, und wieder sind Treppen angesagt. Aber immerhin geht es ja runter.

Als ich selbstbewusst mit meiner Suica-Card das Ticketgate passieren will, leuchtet aber eine rote Lampe auf. Die Karte wird nicht akzeptiert, auch nicht beim zweiten Versuch. Hm, dabei hatte ich gedacht, zumindest die U-Bahn in Kyoto würde die Karten akzeptieren, wenn schon die Busse hier es nicht tun. Stattdessen kaufe ich mir einen Tagespass für die U-Bahn, das schaffe ich allerdings nur mit Hilfe von zwei Japanerinnen, denn die englischen Hinweise sind hier sehr dürftig. Mit der Karasuma Linie fahre ich dann zwei Stationen bis Shijo, wo mein Hotel liegt, das Toyoko-Inn Shijo-Karasuma. In der Anfahrtsbeschreibung des Hotels hieß es, man solle den Ausgang Nr. 20 nehmen, und tatsächlich sind die Ausgänge nummeriert, und der Hoteleingang liegt keine 50 Meter vom Ausgang entfernt. Vorsicht: Das Foto zeigt das Hotel, den unattraktiven beige-braunen Bau, von der gegenüberliegenden Straßenseite. Wenn man den Ausgang 20 nimmt, kommt man auf der "richtigen" Straßenseite raus.




Einchecken kann ich noch nicht, dafür ist es noch viel zu früh, aber mein Gepäck kann ich hierlassen. Das tue ich auch und kehre zur U-Bahn zurück. Zuerst geht es wieder mit der Karasuma Linie weiter Richtung Kokusaikaikan (ich merke mir Koku) eine Station bis Karasumoike und von hier aus mit der Tozai Linie Richtung Uzumasatenjingawa (ich merke mir Uzu) eine Station bis Nijojomae. Hier will ich die Nijojo, die Nijo-Burg, besuchen. Auf dem Weg hinaus mache ich aber noch ein Foto von den verwirrenden Fahrkartenautomaten. Ich bin mir sicher: Damit werde ich mich nie zurechtfinden können!




Aber jetzt bin ich ja erst mal an der gewünschten Station angekommen und außerdem im Besitz einer Tageskarte, also weg mit den Sorgen und raus zur Burg. Die liegt direkt neben der U-Bahn-Station. Sie wurde 1601 von Tokugawa Ieyasu angelegt, also dem ersten Shogun der Edo-Zeit, der heute in dem prächtigen Mausoleum in Nikko ruht. Eigentlich residierte er in Edo, im heutigen Tokio, aber ein Machtsymbol in Kyoto, der Stadt des Kaisers, musste natürlich auch sein.

Die Sonne scheint, und wenn man den äußeren, etwas nüchternen Eingang passiert hat, trifft man am Eingang zum inneren Bereich auf das prachtvolle Karamon-Tor mit filigranen Schnitzereien. Ich bin ganz hingerissen und fotografiere den anderen Leuten alles weg.










Drinnen wartet dann der erste, wunderschöne Kirschbaum direkt neben dem Tor.




Von hier aus betritt man den Ninomaru-Palast mit prächtigen Audienz-Sälen. Wie die früheren Audienz-Besucher läuft man auch als heutiger Tourist dabei über das sogenannte Nachtigallenparkett. Das heißt so, weil die Balken und Dielen so angebracht wurden, dass sie quietschen, wenn jemand sie betritt, damit niemand sich heimlich anschleichen konnte. Schuhe sind hier natürlich nicht erlaubt, Fotos leider auch nicht.




Nach dem Rundgang durch den Palast führt der Rundweg weiter durch die Gartenanlage, vorbei an Teichen und blühenden Bäumen. Ich schlendere entspannt durch den Garten. Schön, dass ich so früh hier bin und die Burg noch bei Sonnenschein genießen kann, dann langsam zieht es sich zu.










Auf dem Rundgang kommt man auch zum Gartenbereich, in dem der Honmaru-Palast liegt. Der kann aber leider im Gegensatz zum Ninomaru-Palast normalerweise nicht betreten werden.




Der Weg durch die äußeren Gärten führt dann wieder an vielen blühenden Kirschbäumen vorbei.








Zum Abschluss esse ich im Souvenir- und Imbissbereich einen mit Kohl und anderen Zutaten gefüllten Pfannkuchen, denn ich habe mir fest vorgenommen, ab heute nicht mehr ohne Mittagessen durch die Gegend zu laufen, und verlasse schließlich gegen ein Uhr das Gelände. Insgesamt habe ich fast drei Stunden hier verbracht. Und vielleicht komme ich nochmal her, denn wie ich am Eingang lese, sind die Kirschbäume abends erleuchtet.

Ich fahre zurück Richtung Hotel und schaue mir ein paar Geschäfte an. Im großen Daimaru-Kaufhaus entdecke ich die Kimono-Abteilung, wo wunderschöne Kimonos nebst Zubehör zum Verkauf angeboten werden, allerdings zu Preisen, für die sich andere Menschen Autos kaufen. Ein komplettes Set mit Kimono, Obi, Schuhen, Tasche und weitere Utensilien kostet hier teilweise einen fünfstelligen Betrag - in Euro. Aber wunderschön sind die Sachen. Der ausgestellte Kimono ist handbemalt, die Fertigung so eines Stücks dauert Monate. Mich packt eine regelrechte Ehrfurcht vor der japanischen Tradition und Handwerkskunst.












Langsam wird es Zeit für den letzten Programpunkt des Tages. Ein paar Wochen vor der Reise war mir auf der Japan-Guide-Seite das erstemal die Werbung für Nagomi-Visit aufgefallen, bei dem sich ausländische Besucher anmelden und darauf hoffen können, dass ein japanischer Gastgeber sie zu sich nach Hause einlädt. Das ganze kostet den Besucher einen Beitrag von 3500 Yen, der teilweise an die Gastgeber weitergeleitet wird, um deren Kosten zu decken. Die Gastgeber geben ihrerseits dem ausländischen Gast die Gelegenheit, an einem Mittag- oder Abendessen bei sich zu Hause teilzunehmen. Nachdem ich mich angemeldet hatte, hatte sich ein Ehepaar aus der Nähe von Kobe gemeldet. Eigentlich sollten wir uns heute abend am Bahnhof in ihrer Nähe treffen, aber gestern abend hat die Ehefrau, nennen wir sie einfach mal „Naomi“ sich bei mir per E-mail gemeldet und vorschlagen, uns stattdessen schon nachmittags zu treffen und zuerst noch einen Park zu besuchen, der für seine Kirschblüte berühmt ist. Ich habe zugesagt und muss jetzt nur noch den Weg zum dortigen Bahnhof finden.

Dazu brauche ich ein Ticket der Hankyu Railway, die direkt bei meinem Hotel abfährt. Mit dem Ticketautomaten und der Anzeige bin ich leider absolut überfordert, also frage ich eine Japanerin, die dann ihrerseits mit der von mir genannten Station überfordert ist. Deshalb macht sie mir mühsam klar, dass ich warten soll und läuft dann ihrerseits zur Fahrkartenkontrolle und studiert gemeinsam mit dem Mann die Karte mit dem Streckennetz. Danach hilft sie mir, den Automaten zu bedienen, was eigentlich ganz einfach ist, wenn man weiß wie es geht: An der großen Tafel über den Automaten wird das gesamte Hankyu-Netz angezeigt. Dort ist die Station, an der man gerade ist, markiert. Alle anderen Stationen sind auf der Tafel ebenfalls angezeigt, und zwar zusammen mit dem Fahrpreis, den man für die Fahrt von hier bis nach dort bezahlen muss. Die Fahrpreise sind nach Entfernung gestaffelt. Weiß man den Fahrpreis, wirft man einfach ausreichend Geld in den Automaten, und zwar so lange, bis die Taste mit dem Fahrpreis aufleuchtet, den man zahlen will. Diese Taste drückt man dann und bekommt sein Ticket und ggfs. das Wechselgeld.

Ich habe mein Ticket, danke der netten Japanerin vielmals für ihre Hilfe, hoffe inständig, dass sie durch mich nicht ihren eigenen Zug verpasst hat und ziehe los: Zuerst geht es nach Juso, von hier aus weiter Richtung Norden. Beim Umsteigen bin ich kurz orientierungslos, aber eine nette Frau, die ich eben in der Bahn gefragt habe, ob Juso die nächste Station ist, sieht mich unter den Schildern stehen, fragt wohin ich will und bringt mich zu meinem Bahnsteig. Sehr nett!

Am Bahnsteig stoße ich auf einen „deutschen“ Laden. Offenbar gilt deutsches Essen als Inbegriff von Feinkost.




Im Zug beobachte ich fasziniert, wie Kimono-Kultur und Schulmädchen-Look aufeinanderprallen.




Schließlich komme ich pünktlich am vereinbarten Bahnhof an, wo ich meine Gastgeberin „Naomi“ treffe. Wir haben vorher Fotos ausgetauscht, aber vermutlich bin ich hier weitab der üblichen Touristenpfade als westliche Ausländerin sowieso gut zu erkennen.

Naomi kommt ursprünglich aus Tokio, war noch nie hier und hatte sich spontan entschlossen, mir ein Treffen hier vorzuschlagen, weil die Kirschbäume blühen. Wir gehen plaudernd den Weg entlang. Die Äste der Kirschbäume hängen tief über den Fluss, überall sitzen Leute am Ufer auf Bänken oder unter den Bäumen und feiern.










Naomi erklärt mir, dass Schule und Uni in Japan im Frühling beginnen und enden, und dass viele Schüler und Studenten herkommen, um ihren Abschluss zu feiern. Wir setzen uns und essen die Erdbeeren die sie mitgebracht hat. Schon auf dem Weg unter den Kirschbäumen hindurch sind wir auf das Thema Musicals und Takarazuka-Shows zu sprechen gekommen, also die Shows in Japan, in denen Musicals und andere Stücke nur von Frauen gespielt werden, die auch die männlichen Rollen darstellen. Dass sie Takarazuka mag, hatte sie schon in den Informationen über sich auf der Nagomi-Visit-Seite geschrieben, und weil ich wusste, dass das Musical Elisabeth in Japan ein riesiger Erfolg in den Takarazuka-Shows war, habe ich ihr als Geschenk eine deutsche Elisabeth-CD mitgebracht. Die und ein kleines Osterkörbchen mit Goldhasen und Schokoeiern überreiche ich ihr jetzt, und habe damit offenbar voll ins Schwarze getroffen, denn sie ruft verzückt: „Oh, Elisabeeto!“ Wie sich später herausstellt, ist die Darstellerin des „Todes“ in Elisabeth ihre Lieblings-Takarazuka-Sängerin, da kann sie ja jetzt den Vergleich zum deutschen „Tod“ schlechthin, Uwe Kröger, ziehen.

Weil Naomi auch noch nie hier war, möchte sie noch zu einer Kirche und einem Süßwarenladen gehen, der europäische Törtchen im Angebot hat.








Dann steigen wir wieder in den Zug und fahren weiter, bis wir ihren Heimatbahnhof erreichen. Dort macht mich Naomi noch auf ein Plakat der Takarazuka-Shows aufmerksam. Takarazuka ist eigentlich eine Stadt und liegt gar nicht weit von hier.




Naomi nimmt mich mit in ihre Wohnung, und ich halte mich brav an die japanische Schuh-Etikette: Schuhe an der Wohnungstür ausziehen und gegen Pantoffeln tauschen, und die Tatami-Matten nur mit Strümpfen betreten. Während sie das Essen vorbereitet, legt sie für mich eine DVD mit der Elisabeth-Takarazuka-Show ein und ist begeistert, dass ich einige Passagen auf deutsch mitsingen kann. Ich singe deutsch, sie singt japanisch und auf dem Tisch in einem elektrischen Topf brodelt das Essen vor sich hin.






Ich schaffe es, das Essen unfallfrei mit Stäbchen zu essen, verzichte allerdings auf das rohe Ei, das normalerweise über das Essschälchen geschlagen wird.  Alles schmeckt sehr lecker. Als ich schließlich vorsichtig anmerke, dass ich wohl bald gehen muss, weil ich bis zehn Uhr in mein Hotel eingecheckt haben muss, ist sie ziemlich betrübt, denn eigentlich wollte ihre Mutter noch kommen und den deutschen Gast kennenlernen. Sie hatte gemeinsam mit ihrer Mutter vor ein paar Jahren Deutschland besucht und war in Hamburg natürlich auch in einem Musical gewesen. Also ruft sie kurzerhand in meinem Hotel an und vereinbart, dass ich bis Mitternacht einchecken kann. Wunderbar, dann kann ich ja auch noch die Sachertorte genießen, die sie vorhin gekauft hat.

Ihre Mutter kommt und hat mir extra noch etwas selbst gekochtes morgen fürs Frühstück mitgebracht. Sie zeigen mir die Fotoalben ihres Deutschland-Besuchs und von Naomis Hochzeit und wir schauen uns noch das Hochzeitsvideo an und sie erklärt mir die Zeremonie. Außerdem bekomme ich noch eine Pfanne zur Zubereitung von Oktopus-Bällchen präsentiert. Nach Oktopus scheint man in Japan wirlich ganz verrückt zu sein.




Gegen halb zehn muss ich dann schließlich doch aufbrechen, ich bin todmüde. Naomi begleitet mich noch zum Bahnhof und hilft mir beim Ticketkauf und zeigt mir, welchen Weg ich hinunter zum Gleis nehmen soll. Zum Abschied umarmen wir uns und ich gehe gar nicht gerne. Aber wir werden ja über E-mail in Kontakt bleiben.

Auf der etwa einstündigen Rückfahrt nach Kyoto sind die Züge immer noch ziemlich voll. Ich bin so müde, dass ich beinahe den Ausstieg in Juso verpasse und hüpfe noch in letzter Sekunde aus dem Zug. Der Zug nach Kyoto ist gut ausgeschildert, und so komme ich schließlich gegen viertel vor elf im Hotel an, checke ein und wuchte meinen Koffer ins Zimmer. Bei Booking.com gab es für ca. 10 Euro Aufpreis pro Nacht ein Zimmer mit 2 Betten zu buchen, und das habe ich auch reserviert, um ein wenig Platz zu haben, um meinen Kram auszubreiten.




Eigentlich will ich Naomi noch schnell per E-mail melden, dass ich gut im Hotel angekommen bin, aber leider ist die Beschreibung des Internetzugangs sehr kryptisch und ich finde nirgendwo den Hinweis auf das erforderliche Passwort. Das muss also bis morgen warten. Ich bin sowieso ziemlich kaputt und kuschele mich schnell unter die Decke. Das Fernsehen meldet für morgen wechselhaftes Wetter mit hoher Regenwahrscheinlichkeit, also werde ich mal schauen, ob ich den Tagesplan für morgen durchziehen oder zugunsten des ein oder anderen Kaufhausbesuchs etwas abkürzen werde.

Ausgaben des Tages
Tagespass U-Bahn Y600
Nijojo Y 600
Pfannkuchen Y600
Getränke Y500
Zugtickets Hankyu Linie Y 1120
Nagomi Visit Y 3500 (vorab bezahlt)
1 ÜN im Hotel Toyoko-Inn Shijo-Karasuma Y 8230
mit einer Japanerin zuhause „Elisabeeto“ singen: unbezahlbar

Gute Nacht!

pinguinin

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #96 am: 18.05.2014, 12:26 Uhr »
Hallo Flicka,

eine wirklich tolle Reise hast du da gemacht.
Ich bin ganz begeistert von dem Bericht - super Idee mit dem Besuch bei Naomi.

Pinguinin

Inspired

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #97 am: 18.05.2014, 12:51 Uhr »
Mein Freund wollte gerade wissen, was man denn Leckeres in dem Gerät zubereitet. Zum Thema "Octopus" hat er sich dann nur noch geschüttelt.

Die Kirschbäume am Wasser, das war ja ein ganz besonderer Ort. Solche Sachen "Besuche Gastgeber in deinem Urlaubsland" traue ich mich irgendwie nie aus Angst, dass ich dann da sitze, mich unwohl fühle und mich mit meinem Gastgeber anschweige.

Ich nehme mal an, deine Gastgeberin spricht gutes Englisch, sodass die Kommunikation funktioniert hat?

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #98 am: 18.05.2014, 18:25 Uhr »

Ich bin ganz begeistert von dem Bericht - super Idee mit dem Besuch bei Naomi.


Vielen lieben Dank!  :D


Ich nehme mal an, deine Gastgeberin spricht gutes Englisch, sodass die Kommunikation funktioniert hat?


Ja, das hat gut geklappt. Meist war ich diejenige, die irgendwelche Begriffe umschreiben musste, weil ich sie nicht wusste. Dafür war ich besser im Kartenlesen. Naomi ist auf der Suche nach der Kirche nämlich erst mal in die völlig verkehrte Richtung gelaufen, und ich wusste nicht, wo sie eigentlich hin wollte und bin brav nebenherspaziert.

Wilder Löwe

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #99 am: 18.05.2014, 20:12 Uhr »
Der Kontakt mit Einheimischen kommt auf unseren Reisen immer viel zu kurz und beschränkt sich meist auf Hotelangestellte oder Verkäufer, daher finde ich es ganz toll, dass Du Gelegenheit hattest, Dich mit einer Japanerin zu treffen.

Mit der Kirschblüte hast Du es ja gut getroffen, die blühenden Bäume sind wirklich wunderschön. Wir waren dieses Jahr zur Kirschblüte in Washington. Ich habe bei dieser Gelegenheit gelernt, dass der japanische Kaiser 1912 der Stadt Washington 3000 Kirschbäume geschenkt hat. Ein wirklich prachtvolles Geschenk!
Viele Grüße
Katrin

Flicka

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #100 am: 19.05.2014, 18:02 Uhr »
Der Kontakt mit Einheimischen kommt auf unseren Reisen immer viel zu kurz und beschränkt sich meist auf Hotelangestellte oder Verkäufer, daher finde ich es ganz toll, dass Du Gelegenheit hattest, Dich mit einer Japanerin zu treffen.


Bei mir war das bisher ganz genau so, und ich bin wirklich froh, dass ich diesmal die Gelegenheit hatte.



Mit der Kirschblüte hast Du es ja gut getroffen, die blühenden Bäume sind wirklich wunderschön. Wir waren dieses Jahr zur Kirschblüte in Washington. Ich habe bei dieser Gelegenheit gelernt, dass der japanische Kaiser 1912 der Stadt Washington 3000 Kirschbäume geschenkt hat. Ein wirklich prachtvolles Geschenk!


Ich war richtig erleichtert, dass es mit der Kirschblütenzeit so gut hingehauen hat. Ich habe in den Wochen und Tagen vorher immer wieder die Kirschblütenprognosen verfolgt. Eigentlich sinnlos, denn geplant und gebucht war da ja alles schon.

In Washington war ich bisher noch nicht. Stehen denn heute noch so viele Kirschbäume dort?

Wilder Löwe

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #101 am: 19.05.2014, 22:03 Uhr »

Ich war richtig erleichtert, dass es mit der Kirschblütenzeit so gut hingehauen hat. Ich habe in den Wochen und Tagen vorher immer wieder die Kirschblütenprognosen verfolgt. Eigentlich sinnlos, denn geplant und gebucht war da ja alles schon.

In Washington war ich bisher noch nicht. Stehen denn heute noch so viele Kirschbäume dort?

Gezählt habe ich sie nicht, aber es waren viele. Leider finde ich in meinen Fotos kein ordentliches Bild, deshalb hier mal ein geklautes:

http://www.claasen.de/travelogg/wp-content/uploads/2013/04/DC-Washington-Monument-with-Cherry-Blossoms-2.jpg
Viele Grüße
Katrin

Katja

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #102 am: 19.05.2014, 22:32 Uhr »
Echt tolle Bilder von den Kirschblüten!

Und das Treffen mit den japanischen Gastgebern war sehr interessant!
Viele Grüße
Katja

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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #103 am: 20.05.2014, 10:20 Uhr »
Es war wieder sehr spannend. Und schon die Beschreibung lässt die Strapazen erahnen. Ein langer Tag!

Bei dem Bild der Fahrkartenautomaten dachte ich zuerst, Du hättest die Steuerzentrale fotgraphiert  :) In Japan hat mich wahnsinnig iritiert, dass manche Automaten auch sprachen. Die geben dann irgendwelche Anweisungen, de man nicht versteht. Ok, geschrieben würde man sie auch nicht verstehen.
Aber manchmal scheitert man an ganz alltäglichen Dingen, wie das Bedienen eines Parkautomaten.

Du hattest mit Deinem Besuch Glück! Japaner sind sehr freundlich und höflich. Es könnte also passieren, dass sie einem etwas typisch Deutsches zum essen zubereiten um dem Gast einen Gefallen zu tun. Und der Gast hofft natürlich auf etwas Landestypisches.  :roll:

Das Geschenk hast Du sehr gut ausgesucht! Es ist sehr wichtig, aber etwas Gutes zu finden ist nicht einfach.

Deine Garsgeberin hat Fotos von der Hochzeit gezeigt, aber ihr Mann war wohl nicht daheim(?).

Mic


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Re: Sakura, Sushi, Samurai - Im Frühling 2014 durch Japan
« Antwort #104 am: 20.05.2014, 18:17 Uhr »

Du hattest mit Deinem Besuch Glück! Japaner sind sehr freundlich und höflich. Es könnte also passieren, dass sie einem etwas typisch Deutsches zum essen zubereiten um dem Gast einen Gefallen zu tun. Und der Gast hofft natürlich auf etwas Landestypisches.  :roll:

Das Geschenk hast Du sehr gut ausgesucht! Es ist sehr wichtig, aber etwas Gutes zu finden ist nicht einfach.

Deine Garsgeberin hat Fotos von der Hochzeit gezeigt, aber ihr Mann war wohl nicht daheim(?).


Ich hatte auch befürchtet, dass irgendetwas "typisch Deutsches" auf den Tisch kommt, am besten noch etwas, was ich gar nicht esse. War dann zum Glück aber nicht so. Obwohl: Naomis Mutter hatte mir ja was mitgegeben, was ich erst am nächsten Tag unter die Lupe genommen habe...

Mit dem Geschenk habe ich mir auch etwas den Kopf zerbrochen. Ich wusste, dass ich auf jeden Fall etwas mitnehmen sollte und wollte, aber dann wurde es schon schwierig. Zum Glück hat die CD ja echt gepasst, aber das hätte auch schiefgehen können. Ich denke aber, dass ich mit der deutschen Schokolade im Osternest auf jeden Fall gut angekommen bin.  :D

Der Ehemann war nicht da, der musste leider auswärts arbeiten. Von der Hochzeit gab es sogar das Video zu sehen, und sie hat ein wenig erklärt, z.B. dass sie am Anfang der Zeremonie mit ihrer Familie gekommen ist und zum Abschluss der Zeremonie dem Ehemann zu seiner Familie gefolgt ist. Das war unheimlich interessant, aber ich konnte mir leider nicht viel merken. Irgendwann nach so einem langen Tag ist der Speicher im Kopf dann halt voll.