Tag 14: Freitag, 21.10.05Wir sind recht früh wach, was wir unter anderem dem frühen und geräuschvollen Aufbruch einiger Trucks zu verdanken haben. Stephan muss jetzt bei Tageslicht unbedingt noch den namensgebenden Cadillac unserer „Luxusunterkunft“ fotografieren. Dann können wir losfahren. Zunächst geht es ein kurzes Stück über die Interstate, dann biegen wir nach Süden auf die #95 ab. Ich bringe das Kunststück fertig, uns während der Fahrt auf dem Schoß die Frühstücksbagels zu schmieren. Very American, es gibt nichts, was man nicht auch im Auto tun kann, auch frühstücken!
Die Landschaft wird, je näher wir der Sierra Nevada kommen, immer interessanter und gerade die gelbe Laubfärbung ist besonders schön anzusehen. Plötzlich sind wir schon an der State Border zu Kalifornien. California, here we come! Leider wird der Titelsong von O.C. California nie im Radio gespielt, ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, auf kalifornischen Straßen zu fahren und lauthals mitzusingen. Die Lebensmittelkontrollstation ist nicht besetzt, so dass die Äpfel in unserem Kofferraum uns weiter begleiten dürfen.
Weiter geht die Fahrt hinunter zum Mono Lake. Die Oberfläche des Sees ist von schwarzen Punkten übersät, es sind Wasservögel, wie wir aus der Nähe feststellen können. Wir halten am See und gehen zum Ufer, um uns die Tufa-Formationen anzusehen.
Es stinkt furchtbar am Ufer, so dass wir uns nicht länger als unbedingt nötig aufhalten. Hinter Lee Vining biegen wir nach rechts auf die Tioga Road ab, die uns über den 3000 m hohen Tioga Pass in den Yosemite Nationalpark bringen soll. Das Panorama am Beginn des Aufstiegs ist bereits grandios und das Gelb der herbstlichen Bäume bildet einen starken Kontrast zum Granitgrau der Felswände der Sierra Nevada.
Nun geht es immer bergauf, Kurve um Kurve arbeiten wir uns nach oben und unser Trailblazer zeigt glücklicherweise keine Ermüdungserscheinungen. Am Parkeingang gibt es nach Vorlage des NP-Passes eine Parkkarte. Wir fahren weiter und gelangen in die Hochebene der Tuolumne Meadows. Am Tenaya See gönnen wir uns und dem Auto eine Pause und lassen uns am Ufer nieder. Die Gebirgslandschaft ist hier unglaublich idyllisch, der See liegt spiegelblank vor uns und dahinter ragen graue Granitwände auf.
Die Meadows selbst sind relativ unspektakulär, das Gras ist herbstlich braun. Wir sind etwas unschlüssig, was wir machen sollen. Die Karte des Parks gibt keinen Aufschluss über mögliche Aktivitäten und Wandergelegenheiten und wir haben vorab auch keine Planungen gemacht, so dass wir jetzt fast ein bisschen ratlos sind und erst mal weiter fahren. Am Aussichtspunkt Olmsted Point hat man einen herrlichen Blick über die glattgeschliffenen Granitflächen des Parks.
Von dort aus führt die Straße langsam wieder hinunter und wir bemerken, dass die Luft hier immer diesiger wird. Zunächst gehen wir davon aus, dass es mit dem Wetter zusammenhängt, aber bald bemerken wir den Geruch von verbranntem Holz. Es muss sich also um Rauchschwaden handeln, die von einem Feuer ausgehen.
Im Yosemite Tal angekommen, halten wir zuerst am El Capitan, wo wir nicht die einzigen sind, die die Größe des Monolithen und den Wagemut der Kletterer am Berg bewundern.
Die enorme Größe des Felsens (er ist 1000 m hoch) wird erst richtig deutlich, wenn man die Kletterer sieht, die nur mit dem Fernglas auszumachen sind und auch dann noch winzig wie Stecknadelköpfe wirken. Eine Familie aus Chemnitz spricht uns an, weil sie auch einmal durch das Fernglas schauen möchten. Wir unterhalten uns noch eine Weile über die unglaubliche sportliche Leistung, die die Kletterer in der 2-Tages-Tour am El Capitan vollbringen. Wir gehen bis zum Fluss und müssen hier feststellen, dass die Aussage des Reiseführers, dass im Herbst „die Wiesen und Strände am Fluss hier und dort ein bisschen heruntergetrampelt wirken“ durchaus richtig ist. Trotzdem lädt die warme Sonne zu einer kurzen Pause, die wir dann aber nicht über die Gebühr ausdehnen wollen, weil wir keine Sonnencreme dabei haben und es doch ziemlich vom Himmel brennt.
Die Weiterfahrt in das Tal ist gesperrt und wir sind gezwungen, auf den Shuttle Bus umzusteigen. Am Haltepunkt hat man von einer Brücke einen wunderbaren Blick auf den Half Dome, der sich sehr pittoresk im Fluss spiegelt.
Pittoresk ist übrigens auch das neue Lieblingswort von Stephan, was ich ziemlich lustig finde, es klingt so unnatürlich hochgestochen aus seinem Mund. Am Half Dome sehen wir wieder Rauchschwaden, dort muss also irgendwo das Feuer lokalisiert sein. Weil es hier im Tal so warm ist, ziehe ich mich noch in einer Blitzaktion auf dem Rücksitz des Autos um und dann kommt auch schon der Shuttle Bus. Er ist ziemlich gut gefüllt, bei irgendeinem Sitznachbarn versagt auch gerade das Deo, was die Fahrt nicht angenehmer macht. Der Fahrer ist ein komischer Kauz, er schimpft lautstark über die Instandhaltungsfirma des Parks, die die Löcher in der Straße nicht repariert. Er ereifert sich, dass die nagelneuen Busse über holprige Straßen fahren müssen und deshalb innerhalb eines halben Jahres wieder schrottreif sind. Mehr erfahren wir aber nicht über den Park, gerade die Namen der Haltepunkte werden noch durchgesagt, Stephan spickt bei den vor uns sitzenden Touristen in deren Karte, denn wir haben nicht mal eine Karte, auf der die Trails des Valley eingezeichnet sind.
Ausgesprochen schlechte Informationslage! Sie wird aber nicht besser, als wir am Startpunkt des Mist Trail aussteigen. Die Karten am Wegesrand geben keinerlei Auskunft darüber, wie lang der Weg ist. Im Schatten ist es ziemlich frisch und ich bereue schon, dass ich mich umgezogen habe. Die wärmere Kleidung wäre jetzt angebracht. Wir beschließen eine Planänderung, denn ich habe keine Lust, frierend einen Trail zu laufen, dessen Länge ich nicht abschätzen kann. Stattdessen wollen wir durch das Tal zum Auto zurücklaufen. So weit, so gut, aber auch hier ist die Beschilderung mehr als dürftig. Wir hätten wohl wirklich vorher noch mal zum Visitor Center gehen sollen. Von den anderen Nationalparks sind wir detaillierte und gut zu findende Trailkennzeichnungen gewöhnt, so dass wir uns auch hier darauf verlassen haben. Zu allem Übel müssen wir dann auch noch durch das Management Fire durch.
Es ist sehr interessant, die vielen Feuerwehrleute und –autos zu sehen, die hier dafür sorgen, dass das Feuer im Zaum gehalten wird. Es sind auch relativ viele Frauen unter den Feuerwehrleuten. Der Rauch beißt kräftig in den Augen und ich komme mir vor wie die Wurst im Räucherofen. So riechen wir dann auch! Der Blick auf die Granitwände ist ebenfalls durch den Rauch getrübt. Man kann in Ansätzen erahnen, wie es sich anfühlen muss, in einen Waldbrand zu geraten. Nicht sehr angenehm, in der Nähe des Feuers steigt die Temperatur sofort merklich, obwohl es hier nur ganz kontrolliert vor sich hin schwelt.
Außerdem löst der Rauch gleich Hustenanfälle aus, was ebenfalls sehr unangenehm ist. Insgesamt ist die Wanderung also nicht sehr lohnenswert und ich bin froh, als wir zurück bei der Infrastruktur des Parks sind. Da die letzte Mahlzeit schon eine ganze Weile her ist, macht sich auch der Hunger deutlich bemerkbar und wir entschließen uns, beim Snack Center des Parks etwas zu essen.
Das Angebot dort ist ziemlich teuer, aber aus Mangel an Alternativen lassen wir uns Burger, Pommes und Chicken Sticks schmecken. Mit meiner Dip-Eigenkreation aus Ketchup, Mayonnaise und Senf schmecken die Sticks sogar ganz ok. Auf den Tischen stehen Belehrungen darüber, dass man die Tiere nicht füttern soll, weil die Konservierungsstoffe im Essen nicht gut für sie sind. Vielleicht sollte man dazu schreiben, dass auch für Menschen Konservierungsstoffe nicht gerade als gesund gelten. Als wir am Visitor Center ankommen, schließt dieses gerade und ein freundlicher Ranger fängt uns an der Tür ab. Wir erkundigen uns nach einem geeigneten Viewpoint für den Sonnenuntergang und er empfiehlt die Fahrt zum Glacier Point. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen, flotten Schrittes geht es zurück zum Auto. Auf kurviger, schmaler Straße fahren wir hinauf zum Aussichtspunkt, der sehr gut besucht ist. Offensichtlich haben wir nicht als Einzige die Empfehlung erhalten, den Glacier Point zum Sunset aufzusuchen.
Der Blick auf den Half Dome im rot-goldenen Licht der untergehenden Sonne ist genial.
Nur kurze Zeit später ist das Schauspiel vorbei, die Sonne versinkt und mit ihr versinken die Berge in einem eintönigen Grau. Pech für alle, die zu spät sind und jetzt noch gelaufen kommen, hier muss das Timing stimmen, sonst hat man nichts vom Blick in das Tal. Wir fahren aus dem Park heraus, weil wir uns eine Übernachtung suchen müssen. Die Fahrt zieht sich ziemlich in die Länge, es ist schon dunkel als wir den Parkausgang erreichen. Von Wildlife ist mal wieder nichts zu sehen, ich hätte mich doch sehr gefreut, noch mal einen Meister Petz in der Dämmerung zu sehen. Stattdessen überholen wir unterwegs einen Fahrradfahrer, der wohl nicht sehr an seinem Leben hängt, denn er fährt im Dunkeln die vielen steilen Kurven hinab und ist aufgrund spärlicher Beleuchtung kaum zu sehen. Wir fragen uns auch, wo der jetzt noch hin will.
In Oakhurst halten wir an einem Shilo Inn, das auf dem Schild noch vacancy zeigt. Das Zimmer soll ohne tax $93 kosten, was Stephan zu viel ist, so dass wir noch weiter fahren. In Fresno mieten wir uns für $80 in einem Super 8 Motel ein, das einen guten Standard bietet. Was ein Tag! Wir fallen todmüde in die Betten und schlafen.
Übernachtung: Super 8 Motel Fresno, 71 Euro