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8.9.2007: Oklahoma City - ErickEigentlich wollten wir einen Ruhetag in Oklahoma City einlegen. Nachdem aber das Wetter immer noch regnerisch ist und der eingeplante White Water Park für dieses Jahr schon geschlossen hat, entschließen wir uns kurzfristig, uns am Vormittag Downtown anzuschauen und dann so weit wie möglich weiter Richtung Westen zu fahren.
Gesagt, getan: Nach dem Auschecken (netterweise bekommen wir vom Motel6 das Geld für die bereits bezahlte zweite Übernachtung zurück) fahren wir in die Innenstadt und parken beim botanischen Garten. Der kleine Park mit seinem zentralen See wäre schon alleine sehr schön, der Höhepunkt ist aber die Crystal Bridge. Dieses zylinderförmige Gebäude liegt quer über den See und erinnert wegen seiner Form und Oberflächenstruktur irgendwie an eine Waschmaschinentrommel. Im Inneren werden wir im Vorraum zunächst von zwei Papageien begrüßt und gehen dann in den eigentlichen Innenraum. Hier sind tropische Pflanzen aus aller Herren Länder in einer sehr natürlich wirkenden Umgebung vertreten. Ein kleiner Wasserfall sowie die zahlreichen Echsen und Schmetterlinge verstärkten diesen Eindruck noch. Ein ausgeschilderter Pfad führt einmal quer durch die gesamte Anlage.
Crystal Bridge im botanischen Garten von Oklahoma City Da der botanische Garten sehr zentral liegt, lassen wir unser Auto dort stehen und laufen zu Fuß nach Bricktown. Das ist ein Viertel mit alten Industriegebäuden und Lagerhäusern. Das Viertel wurde mit erheblichem finanziellem Aufwand renoviert und heute findet man hier jede Menge Restaurants und In-Kneipen. Abends steppt hier wohl der Bär, wir sind allerdings fast alleine. Egal, wir bewundern die alten Backsteingebäude (es gibt sogar ein eigenes Baseballstadion in Ziegelbauweise) sowie das Kanalsystem. Über diese Kanäle führen schöne Stahlbrücken, auf den Kanälen selber kann man sich mit Aussichtskähnen spazieren fahren lassen. In Bricktown sehen wir auch zum ersten Mal eine Spezialität von Oklahoma City: Ähnlich den Löwen in München sind hier über die ganze Stadt Bisonstatuen verteilt. Die etwa einen Meter hohen Tiere wurden von Künstlern individuell gestaltet. Am westlichen Rand von Bricktown finden wir sogar ein ganzes Bisongehege.
Bricktown Kanäle mit Aussichtskähnen in Bricktown Bison-Kunst in Oklahoma City Weiter geht's, zunächst nach Westen, dann nach Norden durch den menschenleeren Finanzdistrikt zum Oklahoma City National Memorial, dem Mahnmal für das Attentat von 1995. Damals sprengte ein Wahnsinniger das halbe Alfred P. Murrah Federal Building in die Luft. Es starben 168 Menschen, darunter viele Kinder, da in dem Gebäude auch ein Kindergarten untergebracht war. Der Vorplatz des Gebäudes ist weitestgehend im Originalzustand, inklusive einer früher zum Kindergarten gehörenden Grünfläche. Auf dem Footprint des Gebäudes wurde ein Garten mit flachen Teich und Erinnerungsstelen angelegt. Auf dem Weg dorthin kommen wir an einen Zaun vorbei, an dem noch heute zahlreiche Fotos, Erinnerungsstücke und Briefen an die Opfer erinnern. Das ganze ist ziemlich bedrückend. Wir bleiben einige Zeit und laufen dann zum Auto zurück.
Alte und neue Häuser in Downtown Oklahoma City Oklahoma City National Memorial Die Parkgebühr ist netterweise im Eintritt für die Crystal Bridge inbegriffen. Bevor wir Oklahoma City verlassen folgen wir einer Empfehlung eines unserer Reiseführer und fahren zum Penn Place. Das ist ein ziemlich edles Shoppingzentrum. Im Erdgeschoss gibt es eine sehr schöne und absolut urige Buchhandlung. Vom Ambiente her wirkt der Laden eher wie eine alte Bibliothek als ein Geschäft. Ein nettes Detail ist, dass Bücher, die mit Oklahoma zusammenhängen, sei es vom Inhalt her oder weil der Autor von hier kommt, mit kleinen Schildern besonders gekennzeichnet sind. Im ersten Stock der Mall gibt es einen Laden, namens "Route 66", den müssen wir uns natürlich anschauen. Wir erwarten einen Haufen Gerümpel und sind überrascht: In edlem Ambiente werden Dinge verkauft, die mit der Straße zu tun haben und künstlerisch verfremdet wurden. Zum Beispiel Geldbörsen aus alten Nummernschildern und Schüsseln aus Radkappen. Die Bedienungen des Ladens bekommen durch Fragen schnell mit, dass wir aus Deutschland kommen und die Route 66 fahren. Als Konsequenz werden wir sofort total in Beschlag genommen: Nacheinander zeigen uns drei nette Damen den kompletten Laden und fragen uns so Dinge wie, ob uns die Luft in Oklahoma schmeckt und ob sich unsere Route-66-Experience mit ihrer Interpretation deckt. Als wir uns nach einiger Zeit loseisen können (Katharina kauft der Höflichkeit halber ein Buch), bekommen wir zum Abschied ein paar Stücke originale Oklahoma-Seife geschenkt. Das war wirklich amerikanische Freundlichkeit pur.
Zum Mittagessen halten wir an einem Carls Jr. an. Diese Filiale ist sehr interessant, denn hier wurde die Bedienung hinter der Theke wegrationalisiert. Man muss nicht mehr erklären, was man haben will, sondern tippt seinen Wunsch einfach in einen Touchscreen. Auch das Bezahlen läuft über den Automaten, ein paar Minuten später kommt eine Bedienung und bringt das bestellte Essen.
Carls Jr. ohne Bedienungen an der Theke Knapp 50 Kilometer westlich von Oklahoma City halten wir bei Fort Reno an. Dieses alte Fort wurde 1875 als Verteidigungsstützpunkt gegen Indianer errichtet. Später bildete die US Army hier Pferde aus (das herrenlose Pferd der Beerdigung von John F. Kennedy stammt beispielsweise von hier) und im zweiten Weltkrieg wurde das Fort in ein Lager für deutsche und italienische Kriegsgefangene umfunktioniert. Es stehen nur noch einige Gebäude, die zum Teil frisch renoviert und zum Teil in einem sehr bedenklichen Zustand sind. Das Visitor Center wird von einer älteren Dame betrieben, die das Fort eigentlich schon für heute schließen wollte, uns aber trotzdem ausführlich die Geschichte des Forts erzählt. Ein interessantes Detail ist beispielsweise, dass tote deutsche bzw. italienische Kriegsgefangene zwar auf dem 150 Jahre alten amerikanischen Siedlerfriedhof begraben wurden, aber im gebührenden Abstand von den alten Gräbern. Die Genfer Konvention schreibt nämlich vor, dass niemand direkt neben seinem Feind begraben werden soll.
Fort Reno Wir fahren weiter nach Westen, teilweise wird die Wegbeschreibung in den Reiseführern arg ungenau. An einer Kreuzung hält vor uns ein Tross von vier Motorrädern samt Begleitwohnmobil am Straßenrand. Wir wissen nicht, wie die Strecke weiter geht und halten direkt dahinter an, um einen Blick in den Atlas zu werfen. Ein paar Minuten später klopft ein sehr höflicher Mensch an unser Fenster und sagt mit britischem Akzent, dass wir den Tross ruhig überholen dürfen, sie würden nur nach ihren Weg suchen. Nach kurzem Gespräch ist klar, dass wir alle das gleiche Problem haben. Nach herzlicher Verabschiedung fahren wir etwas später voraus und treffen auch beinahe die richtige Streckenführung.
Im weiteren Verlauf der Strecke ändert sich die Landschaft zusehends: Die Anzahl der Bäume wird immer geringer, Präriegras und weite Flächen roter Erde treten an ihre Stelle. Wir fühlen uns stark an "Früchte des Zorns" von John Steinbeck erinnert. Auch die auf der Straße klebenden toten Tiere ändern sich, statt Squirrels sehen wir nun hauptsächlich Gürteltiere. Allerdings begegnen uns auch lebende Tiere: Auf einer Wiese direkt neben der Straße sehen wir eine größere Menge Truthähne. Hinter Elk City schauen wir uns nach einem Motel um. In Sayre finden wir nichts, in Erick auch nichts. Da es schon relativ spät ist beißen wir in den sauren Apfel, fahren auf der Interstate ein Stück zurück nach Osten und nehmen ein Motel an der nächsten Ausfahrt.
Rote Erde in Oklahoma Truthähne am Straßenrand Fortsetzung folgt...
Schöne Grüße,
Katharina