Hallo zusammen,
mich müßt Ihr nicht überzeugen, daß man auch eine Reise nach Tucson oder zum Chiricahua mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit unbeschadet überleben wird. Aber es ist offenbar ein Unterschied, ob man von einem solchen Überfall irgendwann einmal in der Zeitung liest oder ob jemand im - hier allerdings nur mittelbaren - Bekanntenkreis betroffen ist. Jedenfalls haben unsere Freunde meine bessere Hälfte derart geschockt, daß an einen entspannten Ausflug nach Chiricahua nicht mehr zu denken war. Daß dann Tucson auch noch rausfiel, war eigentlich konsequent, weil das ohnehin im Wesentlichen als "Stützpunkt" gedacht war. Die Stadt und Parks in der Umgebung kennen wir und eigentlich sind sie ja eher Frühjahrslocations. So wurden außerdem die Etappen etwas entspannter.
Aber jetzt wollen wir doch endlich starten:
1. Tag Donnerstag 02.10.2014: München – Los Angeles
Der Wecker klingelt wie üblich um 07:00 Uhr und wie ebenfalls üblich lassen wir ihn noch ein paar Mal mahnen, bevor wir aufstehen. Geschlafen habe ich nur mäßig – zum einen Reisefieber, zum anderen die Nachwehen einer noch nicht ganz überwundenen Darmgrippe.
Die allmorgendlichen Rituale laufen ebenfalls ganz normal ab, nur etwas ausführlicher. Das gestern bei uns abgegebene Paket für die Nachbarn unter uns händige ich denen unter der Bedingung aus, daß sie heute das längst erwartete Kleid für Marianne entgegennehmen und uns vor die Türe stellen (sie haben dann auch ein Paket entgegengenommen – aber ein völlig anderes; das Kleid lief ein paar Tage später mangels Entgegennahme bzw. Abholung zurück).
Gegen 08:30 sind wir abfahrbereit. Eigentlich wollte ich „allerspätestens“ um 09:00 fahren, so daß wir die Reserve teilen und noch eine Ruhepause auf der Couch einlegen, um dann um 08:45 loszufahren.
Die Fahrt zum Flughafen gestaltet sich eher gemütlich, weil wegen dichten Nebels die Geschwindigkeit (zurecht) je nach Abschnitt auf 80, 100 oder 120 km/h beschränkt ist. Im Parkhaus 7, das zu den Parkhäusern zählt, für das unsere Vorausbuchung gilt, kurven wir erst etwas wirr umher, weil die Auf- bzw. Abfahrten schlecht ausgeschildert sind und ich auf der richtigen Ebene möglichst nahe beim Rollband parken möchte, so daß wir nur kurze Laufwege zum T2 haben.
Unsere Koffer werden wir beim Business-Check-In schnell los, die Handgepäckkontrolle ist ebenfalls relativ schnell erledigt, obwohl natürlich mein Foto- und Technikrucksack genauer inspiziert werden muß. Oben müssen wir erst klären, ob die Lounge vor oder hinter der Paßkontrolle ist – sie ist dahinter. Die Grenzpolizistin will nicht viel von uns, scannt unsere Pässe und wünscht einen guten Flug.
Die Lounge ist sehr voll, aber ganz hinten bei den Sesseln finden wir doch noch zwei angenehme Plätze. Allzu viel Zeit haben wir ohnehin nicht, aber für einen Cappo bzw. Tee plus einen Keks reicht es allemal. Viel mehr lockt uns bei dem eher mäßigen Speisenangebot ohnehin nicht. Gegen 10:45 wackeln wir das halbe Terminal entlang zur nächsten Paß- und Ticketkontrolle, um dann wieder praktisch dieselbe Strecke – nur nunmehr innerhalb des „gesicherten“ Bereichs – zu unserem Gate zurückzumarschieren. Eine neuerliche Handgepäckkontrolle, wie wir sie eigentlich von früher her erwartet hatten, gab es nicht mehr. So waren wir zwar recht früh dran – aber bei weitem nicht die einzigen. Viele andere Passagiere warten auch schon.
Das Boarding beginnt pünktlich um 11:35, ebenso das Ablegen vom Finger. Wir fliegen laut Bildschirm zunächst einen ziemlich konsequenten Nordkurs, später Nordnordwest. Allerdings ist durch die dichte Wolkendecke nur wenig zu erkennen. Über Hessen und Niedersachsen gibt es zwar einige Löcher, aber wenig markante Stellen. Vor Hamburg wird wieder alles dicht; das Wattenmeer und Sylt sind dann aber gut zu erkennen, anschließend noch etwas Nordsee und das war's dann fürs erste.
Flugroute
Die Flugroute habe ich mit einem billigen GPS-Tracker verfolgt, der am Kleiderhaken neben dem Fenster hing. Die Markierungen sind manuell ausgelöst an Stellen, wo ich fotografiert hatte. Eigentlich wäre das nicht notwendig gewesen, weil sich die Fotos mit der Aufnahmezeit synchronisieren lassen - was mir allerdings erst zuhause nach einiger Herumprobiererei gelungen ist (das zugehörige Programm ist nur begrenzt intuitiv gestaltet; außerdem muß man die Zeitzonen anpassen). Immerhin hat sich auf diese Weise bestätigt, daß manuelle Fotopunkte und synchronisierte Aufnahmepositionen übereinstimmen
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Elbingerode
Wattenmeer nördlich von Büsum
Nordspitze von Sylt
Daher versäumen wir nichts, während wir Essen: getrocknetes Rindfleisch mit Salat als Vorspeise, Zander mit Petersiliensauce und Pfifferlingpürree als Hauptgericht. Davor gab es einen Campari, dazu einen trockenen Riesling und danach ein Weißbier-Tiramisu, Tee bzw. Kaffee und Portwein.
Endlich gibt es mal wieder einen ansehenswerten Film im Bordprogramm: „Wir sind die Neuen“. Marianne und ich amüsieren uns köstlich. Derweil sieht man von Grönland nur ein paar wenige Bergspitzen. Bald werden ohnehin die Schotten dicht gemacht; viele Leute schlafen, wir dösen.
Vor Kanada klart es auf. Immer wieder linse ich durch die Bin, um zu fotografieren. Der Blick auf Baffin Island und die anschließende Bucht ist einfach genial. Als der Bordservice Kaffee und Kuchen (kleine Apfelschnittchen) bringt, mache ich endgültig auf, um die Landschaft zu genießen, während sich Marianne noch Fading Gigolo mit Woody-Allen anschaut. Leider trübt es sich vor dem kanadischen Festland wieder ein.
Eclipse Sound zwischen Baffin Island und Bylot Island
Baffin Island
links der Lady Melville Lake in Nunavut (nicht zu verwechseln mit dem Melville Lake in Labrador)
dahinter der Netsilik Lake
Vor den Rocky Mountains sieht man dann wieder die Landschaft. Wir überqueren die Berge beim Banff National Park. Aus der Ferne kann man später Mt. Rainier, Mt. Hood und Mt. Shasta erahnen. Die Salzpfannen bei Winnemucca sowie Lake Pyramid und Lake Tahoe sind direkt neben uns. Über Yosemite fliegen wir direkt drüber, so daß man senkrecht nach unten hätte schauen müssen, um das Tal zu sehen.
Banff NP
Snake River
Alvord Lake (Oregon)
Pyramid Lake
Der Blick auf die Küstenregion vor Los Angeles ist ebenso ungetrübt wie auf die Stadt selbst. Pünktlich um 15:30 setzen wir auf dem Flughafen von Los Angeles auf. Bei der Immigration waren wir so ziemlich die ersten und wurden zum Automaten gewiesen. Bei mir geht das ratz fatz, bei Marianne nur fast, weil der Paß zunächst nicht eingelesen wird. Mit den ausgedruckten Verbrecherfotos müssen wir aber doch noch zum Schalter, wo ziemlich kommentarlos der Paß gestempelt wird. Insgesamt waren das aber nur 5 – 7 Minuten.
Lockwood Valley
Skyline von Los Angeles
Hollywood Sign in der Ferne
Die Koffer kommen ausnahmsweise auch sehr schnell. Beim Zoll gibt es noch eine kurze Wartezeit und dann sind wir draußen. Bei den Mietwagenshuttles steht eine lange Schlange. Die warten aber offenbar auf einen anderen Bus, denn der Fahrer des da stehenden Hertz-Shuttles winkt uns ganz heftig herein.
Obwohl wir schon um 16:30 da sind, also eine halbe Stunde zu früh, steht unser Auto schon bereit. Ein dunkelgraumetallischer Buick Enclave, ein Riesengerät, der unser Gepäck nach Umlegen der dritten Sitzbank locker schluckt (es handelt sich um eine etwas gehobenere Variante des Chevy Traverse, den wir schon zweimal hatten). Insgesamt macht das Auto mit ca. 11.500 Meilen einen ganz guten Eindruck. Erst später realisieren wir, daß wir einen 2WD erwischt haben – aber wir haben ja diesmal nichts größeres vor. Außerdem sehen wir später, daß die uns noch zwei Versicherungen mit auf den Vertrag geschrieben haben, die wir eigentlich nicht wollten und nach denen nicht einmal gefragt wurde. Die sind zwar in meinem Profil auf "no" gesetzt, aber wer nicht zur Kontrolle schaut ist selber schuld
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Buick Enclave (eine spätere Aufnahme)
Das Navi hat zwar schnell erkannt, wo wir sind. Nachdem wie schon befürchtet bei der Ausfahrt von Hertz kein Linksabbiegen zulässig war, bedarf es dennoch einigen Hin und Hers (inklusive einem vermuteten Rotlichtverstoß), um zum Target zu finden. Dort erledigen wir die dringendsten Grundeinkäufe (Sam Adams, Coke Zero, Bananen usw.). Die nächsten 200 Meter zum Residence Inn sind dann kein Problem mehr. Da es noch hellichter Tag ist, finden wir anders als vor drei Jahren auch gleich die Einfahrt und beziehen unser riesiges Zimmer.
Residence Inn Manhattan Beach
Residence Inn Manhattan Beach
Dann erstes Umpacken, Bilder sichten, Mails checken etc. sowie der Versuch, einzuschlafen. Gegen 22:00 beschwere ich mich an der Reception wegen eines unerträglichen Lärms in der Wand, der immer wiederkehrt und nur für kurze Pausen abflaut. Die Lady scheint das schon zu kennen, der Kerl erzählt etwas von der Wasserversorgung – wie auch immer, wir bekommen ein neues Zimmer, packen unsere Siebensachen wieder zusammen und ziehen um. Jetzt ist tatsächlich einigermaßen Ruhe.
40 Kilometer + 5 Meilen