04.08.2014 - Rim2Rim - NORTH KAIBAB TrailHeute will ich der Sache oder besser dem Grand Canyon im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund gehen. Vorweg beim Schreiben geistern jede Menge Erinnerungen herum, daher können die nächsten beiden Tage sowohl in Wort als auch in Bildern etwas länger werden.
Der Wecker klingelt mich um 4 Uhr nach eher unruhigem Schlaf aus dem Bett. Die ganze Nacht über tobte ein mehr als heftiges Gewitter über dem Canyon. Nun ist aber ruhig draußen und der Regen hat aufgehört.
Kurz einmal unter die Dusche --- brrr es ist ar...kalt in der Cabin. Anschließend Füße ordentlich mit Hirschtalg einreiben, einen Blasenpolster auf beide kleinen Zehen, knapp 3 Liter Wasser in den Trinkrucksack füllen, Ausrüstung sauber in Packsäcken einschließlich Verpflegung in den Rucksack packen. Zum Frühstück tut es Granola vermischt mit lauwarmem Wasser.
Um 4:45 Uhr fährt mich meine Frau die ca. 2 Kilometer zum Trailhead des North Kaibab Trails, die Temperaturanzeige klettert gerade einmal auf + 10 Grad C - gut dass ich für's Erste einmal ein Langarmshirt aufgezogen habe.
Der Abschied ist kurz, wir sind Beide angespannt - meine Frau macht sich Gedanken wie es mir bei meinem Vorhaben gehen wird und auch über die lange Autofahrt an den Südrand des GC und ich bin auch mit dem Kopf schon am Weg. Los geht's die Stirnlampe angeknipst, knapp 12 kg Rucksack geschultert, noch einmal die Kamera gecheckt und rein in die Trekkingstöcke. Außer uns ist noch ein Pärchen am Parkplatz, aber die scheinen noch nicht startklar.
Aufgrund der Finsternis ist zu Beginn einmal nichts mit Bildern. Durch den heftigen Gewitterregen in der Nacht ist der Weg tief und matschig, teilweise tief ausgeschwemmt, doch mit gutem Schuhwerk, den Stöcken und Konzentration auf die Beine gut zu meistern. Langsam setzt die Morgendämmerung ein und bald kann ich auf die Stirnlampe verzichten.
Coconino Overlook - ca. 1,2 km vom Trailhead und ca. 160 Höhenmeter vom Start entfernt bietet einen ersten Blick in den Roaring Springs Canyon, jedem Northrim Besucher auch als Kurzwanderung (2,5 km hin- und zurück) echt zu empfehlen
Der Trail geht im ersten Drittel steil hinunter in den Roaring Springs Canyon - vom Start auf 2.512 m Seehöhe bis zum Pumphouse knapp unterhalb von Roaring Springs sind es 1.110 Höhenmeter und das auf einer Distanz von 8,4 Kilometern - dies entspricht einem durchschnittlichen Gefälle von 13 %. Die Entscheidung für die Trekkingstöcke war somit goldrichtig, insbesondere bei den stark wechselnden Bodenverhältnissen und meinem Kampfgewicht von 115 kg
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Die ersten Felsen werden vom Osten her in weiches Sonnenlicht getaucht, es ist noch eher kühl und ich komme gut voran. Die Konzentration auf den Weg und die Schritte, verbunden mit einer gewissen Anspannung, schränkt die Lust auf Fotografieren etwas ein. Jetzt im Nachhinein, weiß man worauf man sich einlässt und so muss wohl noch einmal kommen um mir doppelt so viel Zeit zu lassen und alles rundherum vermehrt einsaugen zu können.
Da der Canyon um diese Zeit zur Gänze im Schatten liegt, ist es angenehm zu gehen und ich brauch keine Pausen. Zu den Hikingtipps der Ranger komm ich evtl. später noch.
Nach 2,5 km und 440 hm erreiche ich den Supai Tunnel, die erste Möglichkeit Wasser zu "tanken", das lokale Thermometer zeigt inzwischen 13 Grad.
Man ist so auf den Weg vor sich fixiert, dass mir manche Passagen erst beim betrachten der Bilder auffallen und ich feststelle, dass das ganz schön runter geht.
Nach ca. 7 km/900 hm sieht man die Wasser von Roaring Springs und kommt danach zur Pumphouse Residence, dem nächsten Punkte um Wasser zu tanken.
Hier irgendwo überholt mich der erste Trailrunner, eine ganz komische Spezies von Sportlern, die gehen sondern laufen den Trail -crazy!
Gegenverkehr hat ich bisher noch keinen einzigen.
Mein nächstes Zwischenziel ist der Cottonwood Campground, knapp die Hälfte der heutigen Tagesetappe.
Bright Angel Creek
Cottonwood Campground - 10,9 km/1.270 hm sind zurückgelegt - Zeit für ein Päuschen. Zuerst einmal auf's stille Örtchen, ein Müsliriegel und zwei Hand voll vom Trailmix. Hier fülle ich auch meinen Trinkrucksack wieder auf und nehm zusätzlich einen Schluck von dem gräuslich schmeckenden hochdosierten Elektrolytzeugs, mit dem mich meine Apothekerin des Vertrauens versorgt hat.
Ich befinde mich jetzt in flacheren Gefilden, jedoch liegt vor mir "The Box" und die wird überall als kritisch in Sachen Backofen beschrieben. Der Weg führt ab jetzt in wüstenartiger Vegation immer leicht bergauf und bergab, es begegnen mir nun auch die ersten Wanderer in der Gegenrichtung, aber insgesamt hab ich auf den 23 Kilometern nur 6 (!) Leute getroffen.
Voll der Luxus es gibt da sogar Wege mit "integrierter Fußkühlung"
Etwas mulmig ist mir nur am Eingang zur Box zu Mute, da ein Felssturz den Weg komplett verlegt hat und ich über den Geröllhaufen klettern muss, ich aber nur Sorge ob da noch etwas herunter fällt, es ist nichts passiert.
Nix mit Backofen und Gluthitze, da man in der Box immer wieder von einer auf die andere Seite des Creeks wechselt, geht man abwechselnd in der Sonne und im Schatten. Ich muss aber gestehen, dass ich Glück hatte in der Regel ist es um diese Jahreszeit mindestens 5 Grad wärmer und das kann zwischen diesen dunkelroten bis schwarzen Granitwänden wirklich heiß werden.
Es 11:40 Uhr als ich nach 22,9 Kilometern Weg und 1.780 Höhenmetern (!!!) und die glücklicher Weise bergab auf der Phantomranch eintrudle. Erstes Fazit: Am meisten schmerzen die Schultern vom Rucksack, an Verpflegung schleppe ich viel zu viel mit herum. Unter einem Zehennagel hab ich einen heftigen Bluterguss, der mich über mehrere Wochen begleiten wird - Resultat vom andauernden bergab gehen und wohl zu leicht geschnürter Schuhe. Letztendlich geht's es mir bei weitem besser als erwarten/befürchtet.
Wie heißt es so schön bei uns: "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben"
Obwohl so früh dran, kann ich bereits einchecken. Davor genehmige ich mir einen Becher der berühmten ice cold lemonade - das must have in der Kantine der Phantom Ranch. Mein Quartier für die nächste Nacht ein Male Dorm (Schlafsaal) mit 5 2er Stockbetten, ich beziehe sicherheitshalber gleich ein Erdgeschoss-Bett. Es gibt insgesamt vier dieser Dorm's - jeweils streng getrennt, zwei für Weiblein und zwei für Männlein. Jeder Dorm hat eine Geschmeinschaftsdusche, ein getrenntes WC und ist eiskalt klimatisiert, jeder Gast hat bei der Ankunft sogar ein frisches Handtuch auf seinem Bett.
So ich geh jetzt unter die Dusche, anschließend einen kleinen Powernap und dann geht's weiter mit der Schilderung des Nachmittags zwischen Phantom Ranch und Colorado River.