Hallo,
eigentlich ein eindeutiges Pro, allerdings gehen mir da viele unsortierte Gedanken durch den Kopf:
NOLA ist eine der wenigen Städte der USA, der man nicht nur eine Geschichte, sondern auch ein Geschichtsbewußtsein zuschreiben kann. So etwas gibt man nicht auf - als Europäer
; in den USA wurden "normale" Städte zuhauf verlassen, wenn eine regionale meist rohstoffbedingte wirtschaftliche Blütezeit zu Ende ging; reicht das Geschichtsbewußtsein hier aus, um anders damit umzugehen oder könnten Bestrebungen das Übergewicht bekommen, daraus eine reine Museumsveranstaltung à la Williamsburg zu machen
- Der Wiederaufbau von SFO nach dem großen Erdbeben gibt Hoffnung.
Amerikaner sind weitaus mobiler als Europäer, sowohl was den Wohnort als auch was die berufliche Situation angeht. Das läßt befürchten, daß diejenigen, die jung, flexibel, dynamisch und was weiß ich sonst noch sind und sich ihren Lebensunterhalt verdienen wollen/müssen, möglicherweise schon jetzt aktiv nach anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten suchen und sich längst woanders etabliert haben, bis an einen Wiederaufbau zu denken ist. Unter den Zurückgebliebenen/Zurückkehrenden werden die unausgebildeten, armen, alten und kranken Menschen einen noch größeren Anteil haben als bisher. Das mag zynisch klingen, aber der soziale Sprengsatz wird dadurch nicht geringer. Wie man damit umgeht, habe ich keine Lösung. Nur zur Klarstellung: Ich zähle nicht zu denen, die insgeheim die Beseitigung (ich rede jetzt nicht von den Toten, sondern von den Evakuierten) dieses sozialen Sprengsatzes durch die Naturgewalt begrüßen und ihn nicht wiederherstellen wollen. Ich sehe hier aber ein zu lösendes Problem, die Stadt attraktiv zu halten.
Es wurde schon gesagt, daß NOLA nicht nur das French Quarter ist, das der Tourist kennt und das auch relativ wenig betroffen ist. Nur hier würde der Begriff "Vergnügungspark" zutreffen (der allerdings nicht wiederhergestellt werden müßte, weil er weitgehend ganz ist). Es gibt große Bezirke mit armer Einwohnerschaft, deren Wiederaufbau äußerst schwierig sein dürfte. Slums wird man ernsthaft kaum "wiederherstellen" wollen. "Käfighaltung" in Form einer Art sozialen Wohnungsbaus würde bei der gegebenen Bevölkerungsstruktur nicht viel besser sein (man denke an die "einschlägigen" Stadtviertel von Paris). Es gibt aber auch noch das Gebiet südwestlich vom French Quarter vom Garden District bis Audubon Park mit wunderbaren hochherrschaftlichen Villen und kleinbürgerlichen Häusern, die vom Sturm mäßig und vom Wasser kaum betroffen sind. Hier wäre vieles erhaltenswert (nicht nur die Villen, auch die Besitzer der "Häusle" werden ihren Besitz nicht gerne aufgeben), wenn nicht ein Haus nach dem anderen abbrennen würde. Ich werde den Eindruck nicht los, daß hier systematisch "abgefackelt" wird - und zwar nicht von den Eigentümern. Was da zerstört wird, ist eigentlich kaum wiederherstellbar.