DI, 15.10.: Sightseeing JaipurHeute liegt nur Sightseeing in Jaipur an. Ich finde es etwas doof, dass ich so gar keine eigene Orientierung in der Stadt habe. Fahren muss man offenbar ordentlich Schleifen für eine Strecke, die per Luftlinie eigentlich nur kurz ist. Irgendwie bin ich es nicht gewohnt so unselbstständig zu sein und nach allem fragen zu müssen statt einfach mit google maps loszulaufen oder loszufahren. Fast fühle ich mich ein bisschen wie in einer Reisegruppe ohne Herde...
Aber trotzdem ist alles gut. Ein kleiner Dank Anils an den Gott der Hindus mit den vielen Namen bevor es losgeht und dann sehe ich von außen den Palast der Winde (Hawa Mahal). Anil wirkt ein bisschen gestresst. Es ist wirklich sehr, sehr voll, und er findet kaum einen Parkplatz. Macht nichts, die paar Meter kann ich schon laufen.
Foto von außen. Um den Palast herum sieht es sonst immer so leer aus auf den beeindruckenden Fotos in den Reiseführern, also bevorzuge ich schon mal das später am Tag aufgenommene Foto von der gegenüber liegenden Straßenseite, es ist ehrlicher.
Ehrlicher ist es deshalb, weil ich das hier sehe, wenn ich mich an der Absperrung vor dem Palast umdrehe. Es fehlt lediglich ein mit Gemüse voll beladener Handkarren, der hier auch noch durchgeschoben wird:
Und es geht weiter nach etwas außerhalb zum Amber Fort.
Hier herrscht Elefantenstau. Das Sprichwort, dass man hier fast totgetrampelt wird, hat gute Chancen sich zu erfüllen, denn immer wieder schmeißen sich einem Souvenirverkäufer und Guides vor die Füße, die einen direkt in den Dreck und auf den Weg der Elefanten drängen.
Aber auch der Anstieg und Spießrutenlauf ist irgendwann überwunden, und auf mich wartet ein 1001 Nacht Ambiente, gekoppelt mit Mittelalter, und ich darf die herrlichen Schnitzereien bewundern, hinter denen sich selbst die Alhambra fast schon verstecken kann.
Unterwegs bei der Pause ein zugegeben malerisch anzusehendes älteres Paar, offenbar für Ordnung und Sauberkeit hier zuständig. Sie wollen, dass ich sie fotografiere. Das mache ich gerne und mir ist klar, was das bedeutet. Bakshish wollen sie, 100 Rupies. Mir ist das Foto 10 Rupies wert, dann gehe ich.
Erst einmal geht es vorbei an diesem Wasserpalast.
Dann landen wir beim City Palace. Irgendwie ist heute schon die Luft raus bei mir. Ein Nachmittag am Pool wäre toll, aber am Pool mangelt es. Also schleiche ich etwas lustlos erst durch das Stadtschloss.
Dann gehe ich zum Jantar Mantar direkt nebenan, wo es Astronomie aus alten Zeiten zu bewundern gibt.
Ich bin KO, aber Anil schickt mich auf den Markt. Ich trotte los, habe schließlich verkündet, den wolle ich unbedingt sehen. Falsche Entscheidung, denn wieder geht es zu der lauten und vollen Straße. Ein Moped fährt mir fast über den Fuß, ich halte zur Vorsicht die Tasche ganz fest. Immer wieder bitten mich Bettlerinnen sie in ihren bunten malerischen Gewändern mit ihrem Baby zu fotografieren gegen Rupies. Ich lehne ab, verteile einige geringe Sachwerte und bin bald wieder am Parkplatz. Der Basar bietet nichts, das mich reizt, und das viele Winken und Rufen, ich solle reinkommen, nervt mich. Dabei wird man im Gegensatz zu Marokko hier nicht einmal angefasst, außer von Frauen, die mich zur Seite schieben wollen, weil sie vorbei wollen.
Ich erinnere mich an das ruhige Café im Stadtpalast. Ein Schattentisch, Cola light, ein Palak Paneer (indischer Käse in würzigem Spinat) und ein Lassi zum Nachtisch helfen meinem Unmut schnell ab.
Etwas entspannter gehe ich zurück zum Auto. Anil fragt, ob ich noch ins Kino möchte, und wenn ja, um 15 Uhr oder um 18 Uhr? Ich entscheide mich für 18 Uhr und Pause im Hotel. Vor dem Kino, wo er mir schon mal die Karte besorgen will, fragt Anil, ob ich um 15 Uhr oder um 18 Uhr gehen will. OK, habe ich wohl beim ersten Mal die falsche Antwort gegeben. Also 15 Uhr? Er ist für 15 Uhr, wie sich herausstellt, denn dann ist es nicht so voll. Na, meinetwegen, Pool ist ja hier eh nicht.
Er wirkt, als ob er gerne mitkommen würde, also bitte ich ihn eine Karte für sich mitzubringen, wenn er möchte, und er kommt mit zwei Karten zurück. Für ihn sicherlich ähnlicher Luxus wie für mich Opernkarten in der Semperoper. Wir parken für den Ticketkauf in zweiter Reihe. Wenn jemand kommt, soll ich fix das Auto wegfahren. Schluck! Oder ein Scherz? Aber es kommt niemand und die Wartezeit beträgt sowieso nur zwei Minuten.
Und dann der Film? Nun ja, die Handlung ist schnell erzählt: Pakistani und Inder wollen keinen Krieg und spielen statt dessen an der Grenze durch den Stacheldrahtzaun Karten. Eine Journalistin filmt permanent den Major, in den sie sich verliebt hat, der ist leicht daran zu erkennen, dass er als Einziger keinen Schnurrbart trägt. Und manchmal singt die Journalistin, dann freuen die Soldaten sich so, dass sie mit ihren Gewehren im Anschlag tanzen. Zwischendurch jagen Pakistani und Inder gemeinsam entlaufene Hühner und werden von Mitgliedern des Government dabei beobachtet, die glauben, dass nun endlich mal gekämpft wird. Aber den größten Lacher erzielt der Film, als einer der Soldaten ein Feuer löscht, indem er drauf pieselt. Die Inder im nur halb vollen Kino sind ganz bei der Sache, außer denjenigen, die gerade lautstark telefonieren. Es war ein Erlebnis!
Abends unterhalte ich mich mit der Hoteliersfrau. Sie bietet mir ein Stück Kuchen an, aus Weizenmehl, wie sie betont, nicht aus Maismehl: Die jetzige Regierung ist schlecht, alles ist teuer, die Preise explodieren, es wird eine Menge Zeug errichtet, das keiner braucht und das die Preise in die Höhe treibt. Nahrung wird exportiert, während das Volk nicht genug zu essen hat. Die ganzen schönen Mangos gehen ins Ausland, während für Indien nur Äpfel und Bananen bleiben. Die Touristen sollen kommen, weil sie Geld ins Land bringen, aber die Steuern steigen, selbst die Preise für Grundnahrungsmittel explodieren, aber die Preise für Leistungen kann man nicht entsprechend erhöhen.
Die Gesetze sind veraltet, teilweise noch aus Kolonialzeiten. "Are you british?" Nein, bin ich nicht. Gut, die Briten haben uns hier vieles übergestülpt, haben das Volk unter Druck gesetzt, sind gegangen und kümmern sich nicht. So sieht hier eben inzwischen jeder, dass er zurecht kommt.
Ja, denke ich, das erklärt doch einiges, wenn die Leute hier so empfinden, besonders die Ultraarmen, denn die Ultrareichen hier leben sehr gut. Und tatsächlich, man muss überall, sei es im Verkehr oder in Läden sehen, dass man irgendwann mal dran kommt.