Do 07.09.2006 Für heute hatten wir uns eigentlich die Wanderung in den Grand Canyon vorgenommen. Da es aber noch regnet und die Sicht ziemlich schlecht ist, lassen wir es gemütlich angehen und geniessen das Frühstück in aller Ruhe.
Das hier im Forum gelobte Frühstück ist auch gut, mehr aber auch nicht, bei dem Übernachtungspreis eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Jetzt hat wenigstens der Regen aufgehört, wir machen uns auf den Weg. Am Eingang kaufen wir den Nationalpark-Paß für $50,- und fahren für einen ersten Ausblick zum Mather Point. und yuuchuuuhhh, es klart auf, in Ri. North Rim wird’s schon heller…
Und dann dieses Gefühl wenn man an den Rand des Grand Canyon tritt, ich kanns nur schwer beschreiben, diese Weite und Ruhe die der GC für mich ausstrahlt. Hier kann man doch nicht so husch, husch hin, gesehen und weg die Sehenswürdigkeit abhaken (wie ich es schon von einigen gehört bzw. gelesen habe), da müssen zumindest wir hinein, die Ruhe von Jahrmillionen an der Oberfläche (im gefühlten Sinne) ankratzen/einatmen. (komisch ausgedrückt…? ja, aber so kams mir grad in den Kopf)
Nach einem kurzen Besuch des Visitor Centers fahren wir mit dem Shuttle zum South Kaibab Trailhead.
Erinnerung von 1994:
- gleiche Route genommen, Abstieg von 6-8.30 Uhr und von 9-13.00 wieder rauf
das ganze war wohl mehr eine sportliche, denn eine Sinneserfahrung, nicht viel was ich als Bilder abgespeichert hatte
- ich war nur 12 Jahre jünger und ca. 10kg leichter (+weniger Gepäck) als heuteUli und ich sind uns einig, wir wollen natürlich den Weg ein gutes Stück runterlaufen.
Mit anderen Tages- und Übernachtungswanderern starten wir um 9.40 Uhr (!) den Trail.
Ab und zu fallen noch ein paar Tropfen, aber eigentlich ist das Wetter ideal zum Wandern. Nicht zu warm, gute Sicht, quasi kein Regen, der Weg ist überhaupt nicht matschig.
Und nun kommt der Moment an dem mein Gehirn wohl etwas ausschaltet. Eigentlich denke ich rational, nur selten komme ich ins schwärmen oder bin besonders unvorsichtig…
… hier und jetzt sehe ich nur die Natur, ergötze mich an den Felsen und Farben, die bei diesem Licht noch besser zu sehen sind, wir machen Schritt um Schritt, Bild um Bild, kommen immer tiefer in den Canyon…
… und das schlimmste ist, Uli geht’s genauso.
Uns kommt eine Maultierkarawane, von denen die Wege so unschön ausgehölt werden, entgegen.
Die Sonne kommt raus, wir machen eine kleine Pause am Skeleton Point.
Hier geht’s steil bergab…
… auf diesem Ausschnitt kann man die vielen Serpentinen besser erkennen.
Nun wird’s dunkel, bald regnet es. Mit Regenjacken geht’s weiter, aber wegen der Schwüle schwitzen wir nun innen, wie wir von außen naß würden.
Der Blick auf den Colorado zieht mich nach unten, Uli wacht als erste aus ihrer Trance auf, und meint ich soll nicht mehr so viele Fotostopps machen.
Zum Glück hört der Regen schnell wieder auf und wir erreichen um 13.20 Uhr den Tunnel zur Black Bridge.
Jetzt rechnet Uli zum ersten Mal nach, wie lange wir nach oben brauchen und wir realisieren, wir werden sehr spät oben sein. Der Weg zurück ist länger und natürlich bergauf, also über 5h bis oben, um 18.30 Uhr ist Sonnenuntergang, und die Stirnlampen habe ich im Auto vergessen. Danke Thomas.
Na das kann ja heiter werden.
Am Resthouse am Hubschrauberlandeplatz machen wir trotzdem eine Pause und füllen unsere Wasservorräte wieder auf.
Und dann landet ein Hubschrauber um eine am Arm verletzte Wanderin abzuholen. Ich bin versucht zu fragen, ob sie uns mitnehmen, aber da das ziemlich unwahrscheinlich wäre (Platz und Versicherungsfrage), lass ich es gleich bleiben.
Um 14.10 Uhr geht’s über die silberne Brücke (hat die noch einen anderen Namen als Bright Angel Suspension Bridge?) zurück. Am Ende der Brücke steht ein kleines Schild zum Bright Angel Trail nach rechts, erstmal am Wasser entlang… und am Wasser rauf und wieder runter…. Uli kriegt die erste Krise, zweifelt an der Richtigkeit des Weges.
Erst um 14.50 geht’s ins „Landesinnere“. Ich darf keine Fotostopps mehr machen, oder nur schnell aus der Hüfte, Uli sehe ich hauptsächlich nur noch von hinten.
Es geht fast immer an einem Bach entlang, nicht besonders steil, gut zu laufen. Wir streiten wegen der zu erwartenden Sichtbedingungen am Trail. Entgegen meiner Erinnerung laufen auf diesem Rückweg auch Mulis den Weg entlang, nicht zu dieser Zeit, aber unverkennbar mit sichtbaren und stinkenden Hinterlassenschaften. Und das macht das Bergauf nicht leichter.
Ich mache mir erstmal keine großen Gedanken, was kommt, wir werden es noch früh genug mitkriegen.
Also ist schweigen die beste Alternative.
Um 16.30 Uhr sind wir an Indian Garden. Auf einem Schild steht 5mi zum Colorado und 4,5mi bis zum Rim. Aber wir wissen auch, daß das anstrengende Stück noch kommt.
Ist die Ankunftzeit 19.00 Uhr zu schaffen?
Einige Zeit später treffen wir einen Ranger auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle nach unten. Er ist etwas erstaunt, als er hört, daß wir morgens schon den Weg runter gemacht hatten. Er fragt, ob alles OK ist, und ich antworte natürlich unwahrheitsgemäß: „Yeap, everything is fine, we feel good.“ Er gibt uns noch die unangenehme Info, daß gleich das 3mi-House kommt, schitt, noch nicht mal 1,5mi geschafft. Nun hab ich meine erste Krise. Am 3mi-House machen wir eine längere Rast, 1h10min für 1,5mi ist nicht gerade viel, die Ankunftzeit verschiebt sich vor unserem geistigen Auge auf 20.00 Uhr.
Wir merken beide, die Kräfte schwinden, bei mir eher die geistige Frische, meint: der Wille zum Vorwährtsgehen erlahmt. Die Schultern schmerzen von den Rucksäcken.
Ich habe das Gefühl nur noch nach oben zu schleichen.
Um 18.45 Uhr erreichen wir das 1,5mi-House. Wir sehen nach oben und haben das Gefühl nicht viel höher gekommen zu sein, obwohl wir ja ständig nach oben kraxeln.
Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, denn jetzt fängt die Dämmerung an. Wir sehen 2 Hiker mit schwerem Gepäck, die kurz vor uns den restlichen Aufstieg beginnen, auch nicht zu beneiden. Weiter geht’s, wir schlurchen nur so den Berg rauf, Serpentine um Serpentine, Pfütze, Pferdeäpfel und Pferdepisse umkurvend.
Es wird dunkel, wir überholen die beiden Hiker. Eine kleine LED-Lampe könnte uns ein bißchen Licht spenden, aber wir laufen erstmal im Halbdunkel weiter. In der Ferne über dem Rim hören wir das Unwetter grollen und die Blitze zucken und wir bangen,daß das Gewitter noch zu uns kommt. Aber statt Regen haben wir nahezu Vollmond und keine Wolken davor. Ein bißchen Glück muß ja erlaubt sein.
Nach endlos erscheinenden Stunden erreichen wir um kurz vor 20.00 Uhr den Rand.
Das Glück bleibt uns hold, wir finden im Dunkeln, ohne Hinweisschilder und Leute die man fragen könnte, die Bushaltestelle und wenige Momente später kommt auch schon der Bus. Wir steigen ein und hängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve in den Sitzen. Das Visitor Center ist der 12 oder 13.Haltepunkt und damit natürlich auch der letzte Haltepunkt. Uli wird bei der vielen Schaukelei noch schlecht. Am Visitor Center schaffen wir es irgendwie ohne uns zu verlaufen Ri. Mather Point und zu unserem Auto. Um diese Uhrzeit hat hier wohl keiner mehr was zu suchen, Lampen sind hier Mangelware.
Wir holen uns noch ein Quarter Pounder Meal bei Mc D, essen auf dem Zimmer, fallen aufs Bett und schlafen. Duschen ist morgen.
Das war eine Erfahrung, ganz schön leichtsinnig, viel Glück und ein bißchen Stolz es doch geschafft zu haben. Wäre das nicht die erste Wanderung in diesem Urlaub gewesen, wir hätten es besser gewußt. Bei den folgenden Tourplanungen haben wir den Wohlfühlfaktor nicht mehr außer Acht gelassen.
Fahrstrecke 14mi
Hotel: das gleiche wie gestern