Schön, dass du auch dabei bist, Gitania, und dass es dir bei uns an Bord gut gefällt!
Tag 19, 6.6.Morgens fuhren wir nach dem Aufstehen und Auschecken als erstes nach Downtown Houston. Die unglaublich großen und breiten Superhighways führten uns dort innerhalb von nur 10 Minuten aus dem Außenbezirk hin, und schon von weitem konnte man die verspiegelten, glänzenden Hochhausfassaden sehen.
Zunächst durchfuhren wir das zentrale Downtown jedoch nur, denn wir wollten in den Kunstbezirk von Houston, der etwas entfernt von den Hochhäusern lag. Beim Durchfahren fiel uns auf, wie unglaublich ausgedehnt und groß Houston ist, und im Kunstbezirk sah Houston dann überraschenderweise sogar etwas wie Holland aus, mit kleineren Backsteinhäusern und einigen Tram-Linien.
Im Kunstbezirk fuhren wir zunächst zum Weather Museum, von dem wir über eine kleine Anzeige in einem kostenlosen Stadtplan erfahren hatten. Wir wussten aber nicht, ob es sich tatsächlich um ein Museum über Wetter handelt, oder vielleicht doch eine Kunstsammlung eines Typen, der „Weather“ heißt, oder so.
Nachdem wir das kleine weiße Haus erreicht hatten, mussten wir erst einmal klingeln – okay?!. Die Tür wurde uns von einem netten Mann geöffnet, und wir stellten fest, dass es tatsächlich ein Wettermuseum war. Wir hatten Glück und heute war „free thursday“, also gab es gratis Eintritt. Die Ausstellung war dann recht kunterbunt gewürfelt, es gab einen Raum, wo man seinen eigenen Wetterbericht erstellen konnte; es gab einen Raum mit Reptilien in Terrarien, einen Raum gefüllt mit historischen Wettermessinstrumenten wie Wetterballons oder Windmesser, einen Raum über Flash Floods und natürlich einen über Hurricanes. Es gab auch eine Bastelecke für Kinder, wo sie sich einen „Flaschentornado“ bauen konnten.
Alles in allem ein hübsches (Amateur-)Museum, das laut dem Mann am Empfang noch ausgebaut werden soll – der Traum der Betreiber ist ein richtiges großes Museum in einem neuen Gebäude mit interaktiven Ausstellungen.
Anschließend fuhren wir zum großen Kunstmuseum von Houston, entschieden uns aber trotz der schwülen Hitze (und trotz der Aussicht auf Klimaanlage), nicht in das Museum hineinzugehen und gingen stattdessen etwas im kostenlosen Skulpturengarten spazieren.
Dieser war sehr schön hergerichtet und beherbergte u.a. auch Skulpturen von Matisse, aber war nicht halb so schön bepflanzt und lud weniger zum Verweilen ein wie andere, die wir schon gesehen hatten. So fuhren wir recht bald wieder zurück zum zentralen Downtown, wo wir noch einmal eine Tour durch die beeindruckenden Hochhäuser machen wollten – die durch das viele Spiegelglas noch beeindruckender wirkten als die Hochhäuser in New York.
Außerdem sollte hier die Firmenzentrale von Shell sein, auf die wir einen Blick werfen wollten. Dort sollte angeblich ein Museum über die Firma sein, doch nachdem wir etwas in dem vergoldeten Foyer des Hochhauses „herumgeschnüffelt“ hatten (a.k.a. Leute gefragt hatten, die uns bestimmt für Greenpeace-Störer hielten
), mussten wir enttäuscht feststellen, dass man diese Ausstellung schon vor einiger Zeit abgeschafft hatte. Na gut, wir können wenigstens sagen, dass wir mal in der Shell-Zentrale waren!
Kurz bevor wir die Innenstadt dann verließen, hielten wir noch einmal an einem Park an, von wo aus wir einen schönen Blick von außen auf Downtown hatten. So richtig genießen konnten wir das aber nicht, denn es war heute so heiß, dass selbst die kleinste Bewegung sehr beschwerlich wurde. Als nächstes stellten wir das Navi auf die NASA ein, denn wir wollten (nachdem wir in Florida schon das Kennedy Space Center besucht hatten) hier das Johnson Space Center mit Mission Control besuchen. Über 14spurige Superhighways ging es in den Süden der Stadt, wo wir auf der Zufahrt zum Center schon die Vorboten sehen konnten: NASA Laundry, NASA Optiker, NASA Supermarkt, usw. – alle leben vom großen Namen. Wir stärkten uns noch beim Space McDonalds (mit einem Astronauten auf dem Dach), bevor wir dann ins Space Center gingen.
Nachdem wir den Eintritt bezahlt und in die Haupthalle gekommen waren, dachten wir erst einmal wir seien auf einem Spielplatz gelandet. Alles voll mit Spielgeräten und Computerkonsolen, Klettergerüsten und schreienden Kindern.
Wir marschierten schnurstracks daran vorbei und zu den Tram Touren: wir entschieden uns für die Tour zu Mission Control anstatt derer, die zu den Trainingsanlagen für Astronauten führt. Der Fahrtwind kühlte uns die Köpfe und eine Stimme vom Band erzählte uns, an was für Gebäuden wir gerade vorbeifuhren. So kamen wir an einem Gebäude vorbei, in dem gerade die neue Orion-Landekapsel entwickelt wird, und an einer Wiese, auf der Eichenbäume für jeden im Dienst umgekommenen Astronauten gepflanzt wurden. Dabei wurde auch eine Rede von George Bush abgespielt, der zur Challenger-Mission sprach und dabei sagte, dass menschliche Neugierde nicht gefahrlos möglich sei, und dass die Raumfahrt sowieso nicht gefahrlos sei, und man daher den Menschen, die für dieses Ziel ihr Leben geben, besonders dankbar sein muss.
Angekommen bei Mission Control standen wir vor einem Gebäude aus den 60er Jahren, in das wir auch tatsächlich hineingelassen wurden.
Die heiligen Hallen, von denen aus sämtliche Apollo-, Gemini-, Skylab- und Space Shuttle-Missionen bis 1998 koordiniert worden waren!
Nach gefühlten 30 Stockwerken Treppensteigen erreichten wir dann einen Raum, in dem hinter einer Glasscheibe die echten Schaltpulte – die prähistorisch aussahen – der Mission Control zu sehen waren.
Ein Guide erzählte uns dann noch ein paar beeindruckende Fakten über das Zentrum. Zum Beispiel gibt es da die Position des Kommunikators, der als einziger mit den Astronauten kommuniziert und das in einer speziellen Sprache, die fast vollständig aus (für Außenstehende unverständlichen) Abkürzungen besteht und manchmal sogar Abkürzungen für Abkürzungen beinhaltet – dadurch ist die Kommunikation aber auch präziser und schneller. Der „flight director“, der laufende Missionen koordiniert, hat sogar die Macht den Präsidenten der USA zu überstimmen, wenn es um Entscheidungen zum Wohle der Mission geht. Dafür muss er aber auch jede einzelne Entscheidung treffen und die Folgen auf seine Kappe nehmen. Das Durchschnittsalter der Angestellten in Mission Control war übrigens junge 26 Jahre, und der Koordinator der Apollo 13 war nur 31 Jahre alt, aber als der „Opa“ im Mission Control bekannt. Während der Mondmission waren übrigens die allerersten Worte, die jemals von einem anderen Himmelskörper aus auf der Erde empfangen wurden, und zwar hier im Mission Control Room, „Houston, tranquility base here, the eagle has landed“. Wahnsinn, hier wurde Geschichte geschrieben!
Danach wurden wir mit der Tram noch zum Raketengarten gefahren, der ein paar kleinere Raketen und eine Saturn V in einer Halle beherbergte.
Die Saturn hatten wir ja schon in Florida gesehen, hier kam sie mir aber beeindruckender vor, da man zwischen den einzelnen Segmenten umherlaufen konnte und sie niedriger am Boden angebracht war. Man konnte sich gut vorstellen, wie die einzelnen Stufen nach und nach abgestoßen werden – und am Kopf der Rakete eine Mini-Raumkapsel mit ein paar armen Astronauten drin, die auf einem Fass voller explosivem Treibstoff sitzen. Vielleicht doch ganz gut, dass ich nicht Astronaut geworden bin.
In der Hitze warteten wir draußen dann auf die Tram, die uns zurück zum Space Center brachte. Dort eilten wir dann zur „Blast Off“-Attraktion, bei der zunächst einmal mit vielen Spezialeffekten (v.a. lauten Geräuschen) auf einer Leinwand ein Raketenstart gezeigt wurde. Dann erklärte ein echter Nasa-Mitarbeiter noch einiges über aktuelle Missionen zur ISS: Zum Beispiel, dass man 6 Stunden lang in einer Sojus-Kapsel sitzen muss, bevor man die ISS erreicht, wo man dann 6 Monate lang bleibt. Dort arbeiten (hauptsächlich forschen) die Astronauten dann 10 Stunden täglich und schlafen 8 Stunden. Doch es fliegen nicht nur die Russen, auch private Raumfahrtunternehmen fliegen die ISS an, was in Zukunft wohl noch zunehmen wird – genauso wie die zivile Raumfahrt. Und schließlich sagte er noch, man wolle bis 2035 eine bemannte Marsmission durchgeführt haben – ganz schön ambitioniert!
Schließlich haben wir uns noch ein bisschen Mondgestein, ein paar Raumanzüge, Raumkapseln von früheren Missionen, eine Galerie mit allen jemals in den Weltraum geschickten Astronauten und Felix Baumgartners Original-Kapsel für seinen Rekordsprung angeschaut, bis wir dann zur Schließzeit aus dem Space Center rausgescheucht wurden.
Wir flüchteten noch für ein paar Minuten in den Gift Shop und schauten uns die verrückten Souvenirs an („Du wolltest doch schon immer mal einen Raumanzug als Pyjama haben, oder?“
), bis wir auch dort rausgeschmissen wurden.
Draußen am Auto stellten wir fest, dass tolle Gewitter, ausgelöst durch eine Konvergenz, am Himmel rund um Houston standen. Da wir mit unserem heutigen Tagesplan soweit fertig waren, entschieden wir uns, den Gewittern spontan hinterherzufahren.
Vorbei an lauter Öltanks:
Während wir vom Space Center aus Richtung Norden fuhren, sahen wir zunächst ein Gewitter mit starkem Hagel in der Ferne und dann eine imposante Böenfront von ganz nah.
Als die stärkeren Entwicklungen sich dann alle eher Richtung Süden bewegten, entschlossen wir uns, auf der Interstate wieder Richtung Südwesten in Richtung Downtown Houston zu fahren, wobei wir kleineren Hagel durchquerten. Schließlich sahen wir noch wahnsinnig viele Wolken-Erde-Blitze um uns herum, die ständig in die Laternen der Autobahn einschlugen, und hatten einen tollen Ausblick auf die Skyline von Houston mit dem gewittrigen Himmel.
Schließlich wurde es dann dunkel, und wir entschieden uns nach Galveston, unserem heutigen Tagesziel, zu fahren; der Regen der Gewitter begleitete uns den ganzen Weg. In Galveston fuhren wir zum Walmart – laut Navi an der Strandpromenade gelegen, doch links von uns war es nur stockdunkel, wir konnten uns kaum vorstellen, dass da der Golf von Mexiko sein sollte – und rannten durch den warmen Regen zum Eingang. Nachdem wir etwas zum Abendbrot eingekauft hatten, fuhren wir zum Motel. Immer noch im Regen checkten wir dann auch ein, räumten unsere Sachen ins Zimmer und in der warmen, feuchten Luft standen wir abends noch lange vorm Zimmer und beobachteten die Stroboskopblitze am ganzen Himmel. Ein bisschen fühlten wir uns wie in einem Tropensturm…
Gefahrene Meilen: 135