19. Tag: Mittwoch, 17.06.2009
Yellowstone National Park
„Mein“ WolfUm Punkt 4:30 Uhr reißt mich mein Wecker aus dem Schlaf. Es ist noch stockdunkel und ganz still draußen. Für heute morgen haben wir eine Fahrt ins Lamar Valley geplant mit dem Ziel, dort Wölfe zu beobachten. Elli H. Radinger („yellowstone-wolf“) hatte mir freundlicherweise über das Forum ein paar Tipps gegeben, wo und wann wir die Wölfe am ehesten antreffen könnten. Einer davon hieß, noch vor Sonnenaufgang loszufahren. Auch wenn ich noch hundemüde bin, die Aussicht, wilde Wölfe beobachten zu können, treibt mich doch aus dem Bett.
Wir machen uns startklar und fahren los, als es gerade zu dämmern anfängt. Hoffentlich ist das jetzt nicht schon zu spät. Es geht in Richtung Tower-Roosevelt und dann links in die Abbiegung zum Lamar Valley.
Überall an den Parkausbuchtungen stehen schon Leute mit riesigen Objektiven. Das müssen alles Wolfsbeobachter sein. Es macht aber nicht den Eindruck, als hätten sie schon etwas gesichtet. Wir sind unentschlossen, ob und wo wir halten sollen und fahren daher erstmal weiter. Mein Vater sitzt am Steuer und ich spähe mit dem Fernglas umher. Plötzlich sehe ich da etwas Schwarzes im Gras. Ein Stein oder doch ein Tier? Während der Fahrt wackelt es zu sehr, ich kann es nicht genau erkennen. Wir halten an. Und dann… meine Güte… es ist ein WOLF!! Er ist ganz schwarz und liegt im Gras, man sieht die Ohren herausgucken. Ich kann es gar nicht glauben. Dann steht er auf, schaut sich um, läuft umher, legt sich wieder hin und spätestens dann wird mir klar, dass das wirklich ein Wolf ist. Wahnsinn. Ich finde, Wölfe sind die faszinierendsten Tiere überhaupt.
Am liebsten würde ich gar nicht mehr weiterfahren, aber wir stehen hier nicht so optimal und so müssen wir uns nach unzähligen Fotos von diesem Anblick trennen.
Wir fahren einmal bis zum Ende des Tals durch und halten auf dem letzten Parkplatz. Ein wenig wandern wir in die Wiese hinein bis an die Stelle, an der wir vorgestern den Silberdachs gesehen haben. Heute ist von hier allerdings weder ein Wolf noch ein anderes Tier auszumachen. Wir entscheiden uns, wieder zurückzufahren. Der Wolf liegt nicht mehr an der Stelle, aber bald mache ich wieder etwas Dunkles im hohen Gras aus. Es ist wieder ein Wolf, wahrscheinlich sogar derselbe, allerdings ist er ein ganzes Stück weiter weg als noch vorhin und er marschiert weiter Richtung Wald.
Noch einmal kutschieren wir das WoMo das Lamar Valley auf und wieder ab, immer mit dem Fernglas umherspähend. An einem Parkplatz spricht uns ein Wolfstour-Guide an, ob wir schon einen Wolf gesichtet hätten. Ich erzähle ihm, dass wir ein Stückchen weiter Richtung Osten ein oder zwei gesehen haben und er macht sich mit seiner Gruppe direkt auf den Weg. Die Entscheidung, zur Wolfsbeobachtung keine geführt Tour zu buchen, war offenbar richtig, denn viel mehr als auf und ab zu fahren, können die Guides wahrscheinlich auch nicht machen, zumindest nicht bei Touren, die keine Wanderungen ins Hinterland einschließen. Ein bisschen stolz bin ich ja schon, dass mich so ein Guide um Rat fragt…
Ich habe einen frei lebenden Wolf gesehen, bin daher selig und kriege ohnehin den ganzen Tag mein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Auf dem Weg aus dem Tal hinaus kreuzt ein Gabelbock die Fahrbahn und in der Nähe der Stelle, an der wir den Wolf gesehen haben, tummeln sich zwei Wapiti-Hirsche, die einen äußerst nervösen Eindruck machen. Kein Wunder, das ist sicher nicht der einzige Wolf gewesen, der in dieser Gegend unterwegs ist.
Kurz vor dem Ende des Tals verlangsamt das Auto vor uns seine Geschwindigkeit. Ich traue meinen Augen nicht, als ich sehe, was uns da seelenruhig drei Meter neben der Fahrbahn entgegentrottet. Ein Schwarzbär und zwar so nah, dass ich einmal sogar den Zoom der Kamera wieder ein Stück zurückstellen muss. Der Bär würdigt uns keines Blickes und bummelt an uns vorbei.
Noch leicht perplex fahren wir weiter, biegen links zur Canyon Village ab. Wieder wird ein Auto vor uns langsamer und hält schließlich an. Wir haben ein Déjà-vu. Am rechten Straßenrand steht wieder ein Schwarzbär, wieder nur zwei bis drei Meter von der Straße entfernt. Er scheint Wurzeln und Gräser zu suchen und stört sich nicht an dem kleinen Stau, der sich mittlerweile gebildet hat. Dieser Bär ist ein bisschen pummliger als der Bär, den wir vor fünf Minuten gesehen haben. Ich knipse ungefähr 50 Bilder von seinem Hinterteil, aber immer wieder tut er mir den Gefallen und schaut ein paar Mal sogar in die Kamera.
Ein paar Leute steigen aus und wollen zum Fotografieren noch näher heran. Ich kann’s fast gar nicht mit ansehen, wie eine Frau nur ein paar Meter von dem Tier entfernt steht. So ganz wohlzufühlen scheint sie sich aber nicht und verschwindet nach ein paar Fotos zum Glück wieder. Auch wenn der Bär gar nicht mal so groß ist, aussteigen würde ich hier nicht.
Nachdem ich jeden Schritt und jede Bewegung des Bären fotografisch dokumentiert, meine gedankliche Bären-Strichliste um Nr. 4 und 5 erweitert habe und vor uns alle Autos weitergefahren sind, machen auch wir uns wieder auf den Weg.
Es geht am Mount Washburn vorbei und es bieten sich uns tolle Ausblicke auf die schneebedeckten Berge.
Wieder fahren wir durch Hayden Valley und sehen Pelikane und Kanadagänse. Wir entdecken zwei im Gegensatz zu Wapitis winzig kleine und ziemlich ängstliche Böcke am Waldrand stehen. Vielleicht Maultierhirsche?
Es geht vorbei am großen Yellowstone Lake bis zur Upper Geysir Basin. Vor dem Old Faithful Inn ist es zwar voll, aber die Parkplätze sind ziemlich lang, sodass wir unser WoMo sogar auf einen normalen Parkplatz stellen können.
Wir marschieren los und sehen allerhand tolle bunte Pools sowie spritzende und dampfende Geysire.
Chromatic Pool und Blue Star Spring:
Crested Pool:
Als wir zum Riverside Geysir kommen, hat sich dort eine kleine Menschenmenge versammelt. Laut der Tafel muss er in der nächsten Stunde ausbrechen. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Auf der anderen Seite des Flussufers grasen gemütlich einige Bisons. Mit der Zeit kommen immer mehr und schließlich auch Kälbchen über den Hügel gewandert. Ich bin gespannt, wie die reagieren, wenn der Geysir plötzlich losgeht.
Nach etwa einer halben Stunde fängt der Geysir immer heftiger an zu dampfen und schließlich spritzt er in hohem Bogen Wasser nach oben. Die Bisons zeigen keinerlei Reaktion, offenbar sind sie das schon gewohnt.
Der Ausbruch dauert etwa 15 Minuten, danach geht der Geysir wieder in unscheinbares Dampfen über.
Auf dem weiteren Rundkurs lassen sich ein rotes Eichhörnchen und ein Murmeltier blicken.
Wir ziehen weiter zum Morning Glory Pool. Den Morning Glory Pool habe ich mir in der Mitte blauer vorgestellt, aber laut einer Infotafel ist die Farbe verblasst, weil Leute ihren Müll hineingeworfen haben. Wie kann man nur auf so eine Idee kommen…
Wir beenden unsere Runde um das Upper Geysir Basin mit dem Old Faithful. Da er gerade ausgebrochen ist, müssen wir uns noch ein Weilchen gedulden. Ich gehe so lange in den völlig überfüllten Gift Shop, finde aber nichts, was mir gefallen könnte.
Die Reihen um den Geysir füllen sich langsam. Eine bestimmt 15-köpfige Familie packt ihr gesamtes Mittagessen in Form von belegten Sandwichs aus. Da könnte ich auch gerade mal mitessen…
Irgendwann legt der Old Faithful dann los. Es dauert nur wenige Minuten und sieht beeindruckend aus, aber ehrlich gesagt habe ich mir die Fontaine viel höher vorgestellt. Einer von dem Umsitzenden sagt, dass er schon mal da war und die Fontaine damals wirklich höher war. Nun ja…
Wir machen noch einen Abstecher in das Olf Faithful Inn, da ich in meinem Reiseführer gelesen hatte, dass es vermutlich das größte Blockhaus der Welt ist. Es lohnt sich, diese Konstruktion ist wirklich beeindruckend.
Mittlerweile ist es später Nachmittag geworden und wir beschließen, langsam unseren Campingplatz anzufahren. Wir entscheiden uns, nicht im Park sondern auf dem West Yellowstone KOA zu übernachten, da meine Kamera-Akkus dringend nachgeladen werden müssen, wir neues Wasser benötigen und mal wieder 'ne Runde duschen auch nicht schlecht wäre. Insgesamt haben wir uns aber sehr gut damit abgefunden, dass wir im WoMo nicht mehr duschen können.
Bevor wir den Park am West Entrance verlassen, begegnet uns eine gerade ruhende Herde Bisons. Die Kälbchen liegen platt wie Flundern im Gras. Kurz vor dem Ausgang hängt ein Schild, dass wir in ein Nistgebiet von Weißkopfseeadlern gekommen sind und absolutes Halteverbot herrscht. Ich halte Ausschau und sehe tatsächlich den Horst, in dem sogar ein Altvogel sitzt. Fotografieren ist kaum möglich während der Fahrt, aber schließlich kommen wir morgen hier noch mal vorbei.
Wir fahren durch ein kleines Städtchen mit Western-Flair und dann auf den KOA. Der Platz ist selbst für einen KOA fast schon unverschämt teuer, aber was soll’s. Es ist mittlerweile ein wenig regnerisch und ich schaue mir erstmal das große Hallenbad an. Kaum gesehen, verschwinde ich schnell wieder, denn es ist brechend voll mit kleinen Kindern, das tue ich mir nicht an und nehme mit der Dusche vorlieb.
Ich schwelge immer noch im Glück wegen des Wolfes und der Bären von heute morgen und kann gar nicht mehr aufhören, die Fotos den ganzen Abend zu betrachten.
Campground: West Yellowstone KOA (sehr teuer, großes, aber volles Hallenbad)
Meilen: ca. 100 (160 km)
Wetter: Tagsüber endlich mal wieder Sonnenschein und blauer Himmel mit ein paar weißen Wolken, am Abend wieder Nieselregen