MittwochDas Super 8 in Waynesboro ist fest in indischer Hand. Und das ist nicht nur abends festzustellen, wenn die süßsauren, jedch angenehmen Gerüche durch die Gänge ziehen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum das Frühstück gut bestückt und wunderbar ist. Alles ist sauber und liebevoll angerichtet. Geht doch!
8 Uhr Ortszeit. Schwarze Wolken drohen den Tag zu versauen. Aber so schnell sie aufgezogen sind, so schnell weichen sie auch wieder der Sonne, die nun die grüne Hölle von Virginia noch intensiver strahlen läßt. Also wer hier im Osten eine Dyschromatopsie hat, der wird vermutlich ausschließlich in Graustufen durch die Wälder fahren und wandern.
Unfall auf der Interstate, wir stehen im Stau. Aber nachdem einige auf dem Standstreifen an uns vorbei rauschen - sowas gibt es im Westen auch nicht, außer in den großen Städten - schließen wir uns an. Neuberechnung ruft die Steffi und dieser Ruf wirkt nach jeder Abzweigung etwas verzweifelter, denn wir halten stur nur noch die Himmelsrichtung. Neuberechnung! Irgendwann zeigt sie uns eine akzeptierbare Alternative und das funktioniert dann bestens.
Nach eineinhalb Stunden sind wir am Trailhead des White Oak Canyons. Der gleichnamige Wanderweg führt moderat gen Norden. Metallbrücken bringen uns trocken über den Fluß, der bereits hier Stromschnellen, kleine Fälle und sogenannte Potholes zu bieten hat. Obwohl es sehr schwül ist, zum Baden sind wir nicht aufgelegt. Das Wasser ist auch sehr kalt. Und so stampfen wir immer weiter in den Canyon hinein. Ab den Lower White Oak Falls beginnt die Qual. In Serpentinen geht es steil bergauf. Wir passieren mehrere kleinere Fälle und machen ab und zu eine notwendige Rast. Viele eklige Tausendfüssler mit schwarzen oder orangenen oder gelben Beinen scheinen zu signalisieren, dass das hier ihr Gebiet ist und wir ziehen weiter. Nach zwei Stunden sind wir hoch oben an den Main Falls, die sich in zwei Stufen ins Tal ergießen.
Wir überqueren den Fluß und folgen der Horse Trail Fire Road. Und es geht bis zum Skyline Drive immer noch bergauf. Insgesamt dauert es 3,5 Stunden, als uns der Cedar Run Trail erlaubt, bergab auch etwas andere Muskelpartien zu trainieren. Eine Stunde später kommt die Slide, eine große Wasserrutsche, auf der tatsächlich ein paar junge Spunde den größten Spaß haben. Eine Spanierin und ein Peruaner rutschen bei dem eiskalten Wasser den Fluß hinunter. Das Wanderleben ist international. Echt cool, aber da schwitz ich lieber. Direkt darunter bildet der Cedar Run einen Slot aus.
Das war mit 8,74 Meilen der bislang anstrengendste Hike. Die fünfeinhalb Stunden waren aber sehr schön und abwechslungsreich. Aber jetzt sind wir ziemlich fertig und die Haxn tun weh. Das Abendessen im Applebee's war gut.
DonnerstagKurz vor acht Uhr strahlt die Sonne vom makellos blauen Himmel. Wir verlassen Waynesboro nach Süden auf der Interstate 64. Als wir an einer Restarea halt machen, steigt uns ein bekannter Duft in die Nasen. Es riecht wirklich wie in Italien und es sieht auch so ähnlich aus. Vielleicht war aber auch der Wunsch Vater des Gedankens.
Unser erstes Ziel ist die Natural Bridge of Virginia; endlich ein Steinbogen! Der Parkplatz, der ungefähr die Dimensionen wie vor einem Walmart Supercenter hat, ist Gott sei Dank noch leer. 19 Dollar pro Person Eintritt! Na ja, dafür haben wir einen geteerten Weg und 137 gemauerte Treppen. Nach wie vor sind wir alleine und wir staunen nicht schlecht. Unten sieht es aus, wie bei uns im Biergarten am Kleinhesseloher See. Bänke haben sie ans Wasser gestellt. Fehlt nur noch ein Tisch und das Fass Bier.
Aber die Brücke ist gewaltig und schön. Der Cedar Creek liegt ruhig in seinem Bett, die Natural Bridge of Virginia deckt ihn zu. Wie auf einem Spiegel liegt das Abbild des Steinbogens im Wasser. Fast gezirkelt zeichnet sich die Öffnung vom Himmel ab. Georg Washington soll in den Wänden seine Initialen verewigt haben, weil es ihm so gut gefallen hat. Wahrscheinlich war es ein verliebter Bauer, der eine Christina anhimmelte, deren Nachname mit W begann. Washington hin, Christina her, die Brücke ist absolut sehenswert. Und da, was ist das denn? Plötzlich eine Fahne, die sich von hinten wedelnd durch den Bogen quält. Ihr folgt eine Schlage von kleinwüchsigen Menschen. Juhu, die Japaner sind da! Das Signal zum Aufbruch ist gegeben.
Wald und Wiesen, sowie wunderschöne Häuser begleiten uns auf dem Weg nach Tennessee auf der I-84, das wir nach 230 Meilen erreichen. Noch in Virgnia haben wir vollgetankt und müssen jetzt feststellen, dass die Tennessee-Gallone um 20 Cent günstiger ist. Als wir nach 300 Meilen kurz auf die Interstate 40 fahren, kommen die Gedanken daran auf, welche schönen Erlebnisse gut 1.700 Meilen weiter westlich mit dieser Straße verbunden sind. Wir quälen uns durch Sevierville. So etwas haben wir noch nicht gesehen. Hier geht es zu, wie bei uns auf dem Oktoberfest. Die ganze Stadt ist ein Vergüngungsviertel: Spielhallen, Achter- und Geisterbahnen, ein bewohntes Haus, das auf dem Kopf steht, die Titanic. Nach gefühlten 100 Ampeln, natürlich waren sie alle zuerst mal rot, sind wir in Gatlinburg. Auch nicht viel besser, vielleicht nicht ganz so extrem.
Wir erreichen den Great Smokey Mountains Nationalpark; kein Eintritt, schade! Und hier werden unsere Nerven erneut strapaziert. Erlaubt sind eh nur 25 Meilen die Stunde, gefahren wird zwischen 15 und 18. Warum nur, außer Bäumen gibt es hier nichts zu sehen. Aber nach knapp 5 Stunden und 345 Meilen sind wir endlich am Parkplatz und Trailhead zu den Rainbow Falls.
Es tut gut, sich nach dieser Autofahrt die Beine zu vertreten. Der Blutdruck wird trotz der Steigung gesenkt. Jetzt bestimmen wir die Pace. Die Bewegung nach oben mag nicht enden, es macht einfach Spaß. Eine gute Stunde und wir haben den Rainbow Falls Trail bis zu den gleichnamigen Wasserfällen bewältigt. Der Weg würde auf den Gipfel des Mount Le Conte führen, aber das nehmen wir morgen von einer anderen Seite in Angriff. Leise rieselt nicht der Schnee, sondern das Wasser über den Felsen. Ein grau-weißer Schleier schiebt sich vor den dunklen Felsen. Von einem Regenbogen ist zwar nichts zu sehen, aber das ist kein Wunder, denn die Sonne steht schon sehr tief und durchdringt den Wald nur spärlich. Wir klettern über ein paar ausgewachsene Felsen, um dem Wasserfall nahe zu kommen. Es tröpfelt und man könnte jetzt eine Dusche nehmen. Aber das Wasser ist eisig. Also machen wir uns trockenen Fußes wieder auf den Rückweg. Es sind dann doch knappe fünfeinhalb Meilen geworden.
Check in im Hampton Inn, das erwartungsgemäß das beste Hotel bisher ist. Nach Front Royal und Waynesboro haben wir uns ein bisschen mehr Leben gewünscht, aber Gatlinburg ist praktisch die kleine Schwester von Sevierville. Es ist unglaublich, was man einem Bergdorf alles antun kann. Der schnöde Mammon. Unerwartet stoßen wir bei unserem Rundgang auf ein HardRock Café. Bier und Rippen waren gut!
FreitagEs hat die ganze Nacht geschüttet und am Morgen regnet es immer noch. Aber weil wir brav waren, stoppt das Nass nach dem ausgezeichneten Frühstück im Hotel. Und als die Sonne ihren Weg auf die Berge findet wird klar, warum die Mountains smokey heißen. Sie dampfen wie Mamas Kochtopf. Nebel hängt an den Hängen und wir sind gespannt, wie unsere erste wirkliche Bergtour auf den Mount Le Conte wird.
Der Alum Cave Trail, er beginnt in 1.170 Metern über dem Meeresspiegel, führt uns in die Wildnis. Am Creek entlang wuchern die Pflanzen wie im Urwald. Rhododendronartige Gewächse begleiten uns auf dem ersten Teil des Weges. Die mehrmaligen Querungen des Creeks sind touristisch abgesichert. Halbierte Baumstämme mit Geländer erleichtern die Sache sehr und man kommt trockenen Fußes über den Bach. Nach gut einer halben Stunde sind wir am Alum Cave Arch. Der Trail führt auf einer Treppe durch den Steinbogen, der eigentlich ein Höhlendurchbruch ist.
Der Inspiration Point ist der nächste Meilenstein des Trails auf etwa 1.400 Metern über Null. Ein Felsvorsprung gibt den Blick auf die Great Smokey Mountains frei. Und von hier aus sind auch zwei Steinbögen zu sehen. Das Eye of the Needle und das Gate of the Needle thronen am Kamm eines gegenüber liegenden Höhenrückens, der Little Duck Hawk Ridge (cooler Name, gell). Scho schee!
Der Weg wird steiler und ausgesetzter. Teilweise sind Seile angebracht, aber alles nicht gefährlich. Der Wald wird lichter und kurz vor der Alum Cave verwandelt sich der Steinboden zum Sandweg. Und just an diesen Stellen geht es aber sowas von zünftig bergauf. Wir klettern zur Cave, die ein Alkoven ist, hinauf. Gracie's Pulpit wird sie auch genannt, denn eine Gracie McNichol soll an ihrem 92. Geburtstag hier heraufgekommen sein. Wenn es stimmt, Respekt! Hier ist ungefähr Halbzeit. Kurze Pause!
Je weiter wir nach oben kommen, umso nebliger wird es. Der nasse Felsen ist an ausgesetzen Stellen gefährlich rutschig. Wie die Trailrunner auch. Die rennen hier zwar nicht mehr, sind aber permanent in Eile. Und gefährlich ist auch der Gegenverkehr. Nachdem der Ami die Körpernähe scheut, wie der Teufel das Weihwasser, kommt er einem mit einem langgezogenen "Excuuuuuuuuuuuus us" und absolut waagrecht ausgestreckter Hand entgegen. Das erste Mal habe ich gemeint, der will mir die Hand geben und mich willkomen heißen und ich hätte ihm fast die Hand gedrückt. So ein Depp - excuse me!
Steil hecheln wir weiter bergauf, die Laubbäume haben bereits das Zeitliche zu Gunsten der Nadelbäume gesegnet und der Nebel versperrt die Sicht ins Tal. Es könnte aber auch schlimmer sein, wenn ich an den Regen heute in der Früh denke. Als wir die 2.000 Höhenmeter-Grenze knacken, sind wir an der Kreuzung zum Rainbow Falls Trail, der sich von einer anderen Seite dem Berg nähert. Aber der sogenannte Gipfel liegt noch ein Stück ostwärts. Vorbei an der Le Conte Lodge denken wir an die Bayrischen Berge mit Gipfelkreuz und -buch. Und nach 5,68 Meilen in drei Stunden erreichen wir diesen Gipfel, der so ganz anders ist. Er markiert auch nicht die höchste Stelle, denn die Bäume rund um den Marker sind dem Himmel wesentlich näher. Unglaublich, ein aufgeschütteter Steinhaufen aus Steinplatten. Was soll das denn? Wir setzen uns an einen einigermaßen freien Abhang und machen Pause. Der Nebel drückt sich inzwischen Gott sei Dank ins Tal, so dass meine Zigarette das Einzige ist, was hier oben noch raucht.
Auf dem Rückweg sehen wir uns die Le Conte Mountain Lodge an, von der aus der Blick ins Tal endlich möglich ist. Es reißt immer mehr auf und sogar der blaue Himmel ist zu sehen. Den Rückweg schaffen wir in 2 3/4 Stunden, so dass die gesamte Tour in 6 Stunden erledigt war. Das war ein sehr anstrengender, aber auch schöner Hike. Nur der Weg bis zum Gipfel lohnt sich nicht. Die wirklichen Highlights sind mit der Alum Cave auf halbem Wege abgeschlossen. Wir sind ziemlich fertig.
Das Abendessen in der Smokey Mountains Brewery war sehr gut. Es mag auch das Bier gewesen sein, aber die letzten Wandertage stecken uns doch in den Knochen. Ab morgen beginnt wieder eine kleine Städtetour, die sozusagen als Einfallstor für eine Florida-Rundreise dient.
... Fortsetzung folgt!PS: Bilder zum Text sind bereits online - am schnellsten über "Updates" im Menü auf www.zehrer-online.de