usa-reise.de Forum

Autor Thema: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66  (Gelesen 36422 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Heiner

  • Hamburg meine Perle
  • Moderator
  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 16.893
  • Don't Mess with Texas
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #225 am: 12.10.2022, 10:13 Uhr »
Hi!

Ja den North Rim finde ich auch schöner.
Und es ist dort ruhiger. Abends dort den Sternenhimmel zu bewundern ist wunderbar.
Und die Aussichtspunkte waren nie so überfüllt.

Gruß Heiner


Wat mutt, dat mutt

partybombe

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 7.041
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #226 am: 12.10.2022, 13:10 Uhr »
Dieser Himmel und dieses blau-grüne Wasser - traumhaft!!


Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #228 am: 13.10.2022, 08:20 Uhr »

03.06.2022 - die feuerwehr ist da


In der Nacht wachte ich einmal auf und als ich das nächste Mal die Augen öffnete, war es bereits halb sechs. Wir hatten verschlafen. In Anbetracht der Tatsache, dass es ziemlich bewölkt war, machte das aber nichts. In der angrenzenden Hütte gab es einen heftigen Streit. Er schrie: «Always I, I, I!» Ich stellte im Bad den Deckenstrahler ein, um mich etwas aufzuwärmen, duschte, dann ging es los auf die Cape Royal Road. Das Thermometer im Auto zeigte 36 Grad an, aber Fahrenheit, nicht Celsius. Nun war klar, weshalb der North Rim nur vom 15. Mai bis zum 15. Oktober geöffnet war, wenn im Juni noch Temperaturen um den Gefrierpunkt herrschten.

Beim Roosevelt Point Overlook war eine Frau, sonst sahen wir noch keine Menschenseele. Wir unterhielten uns kurz mit ihr, während wir gemeinsam die Aussicht bewunderten. Beim Viewpoint for Angels Window waren wir allein und auch auf dem kurzen Wanderweg zum Angels Window waren wir die einzigen, die bereits unterwegs waren. Erst beim Rückweg kamen uns die ersten Besucher entgegen. Eine von ihnen war die Frau vom Roosevelt Point Overlook, die uns jedoch nicht mehr erkannte.


Unser Plan war es, im Café der Lodge zu frühstücken, das sich neben dem Saloon befinden sollte. Aber wenn dieses überhaupt existierte, so war es nicht geöffnet. Wir besorgten uns im Deli Sandwiches, die nicht sättigten und planten für den Mittag, im Saloon zu essen.

Die Terrasse der Lodge war der Hauptgrund für mich, hier abzusteigen. Am Rim zu sitzen und in den Grand Canyon zu blicken, war unbeschreiblich, deshalb wollten wir den Tag gemütlich hier verbringen. Es war ein Kommen und Gehen. Manche wanderten, andere lasen oder unterhielten sich. Auf einmal kamen vier Typen – eine Frau und drei Männer – im perfekt sitzenden kakifarbenen Tenue an. Man muss sie sich wie die Rettungsschwimmer von Baywatch vorstellen, einfach in Uniform statt in Badehosen. Die sahen so unglaublich gut aus, dass sich jeder, aber auch wirklich jeder, nach ihnen umdrehte. Ich dachte erst, es wären Ranger, doch dann bekam ich mit, dass es sich um Firefighters handelte. Sie beobachteten die Gegend, um frühzeitig einen allfälligen Waldbrand zu erkennen und Meldung machen zu können. Sie waren in den gesamten Staaten unterwegs. Den letzten Auftrag erfüllten sie in North Carolina und jetzt waren sie hier am North Rim des Grand Canyons beschäftigt. Die Amerikaner fragten sie aus und sie gaben breitwillig Auskunft. Als einer der Gäste den jüngsten Feuerwehrmann fragte, ob er ein Fotomodell sei, wurde der knapp zwei Meter grosse Schönling verlegen.

So langsam wurden wir wieder hungrig, doch der Saloon bot kein Essen an. Wir begnügten uns mit Chili Dogs aus dem Deli, die wir auf der Terrasse vertilgten und bereuten es, nicht viel Essbares mitgebracht zu haben. Das, was wir hatten, assen wir am Abend, als wir nochmals zum Imperial Point fuhren. Den restlichen Abend verbrachten wir auf einem der gemütlichen Sofas in der Lodge, bevor wir uns zum Schlafen zurückzogen. Draussen windete es heftig, es sah nach Regen aus.


 

partybombe

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 7.041
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #229 am: 13.10.2022, 11:16 Uhr »
Dieser Himmel und dieses blau-grüne Wasser - traumhaft!!
und hast Du gesehen: Doch noch etwas mehr Grand Canyon :)

Klar, hab ich das bemerkt!

partybombe

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 7.041
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #230 am: 13.10.2022, 11:20 Uhr »
Gibt es denn kein Foto von den Schönlingen der Feuerwehr? Irgendwie schade!

Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #231 am: 13.10.2022, 11:39 Uhr »
Gibt es denn kein Foto von den Schönlingen der Feuerwehr? Irgendwie schade!
Ja, da ärgere ich mich auch darüber! Ich war von den vier Menschen so fasziniert, dass mir gar nicht in den Sinn gekommen ist, die abzulichten :(.

Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #232 am: 14.10.2022, 07:33 Uhr »

04.06.2022 - das hätte ins auge gehen können…


Am Morgen war es teilweise bewölkt und wieder kühl. Wir checkten aus und fuhren aus dem Nationalpark hinaus. Auf der dahinterliegenden Wiese erwartete uns eine Bisonherde. Wir hatten Glück, dass wir uns genau bei diesem Punkt in eine kleine Haltebucht stellen konnten, sodass wir die imposanten Tiere beobachten konnten, bevor wir zum Marble Canyon Restaurant gingen, um zu frühstücken. Die Bedienung wollte bereits schliessen, doch sie genehmigte uns doch noch, Platz zu nehmen. Wir bestellten je einen Avocadotoast, aber der konnte dem ersten Frühstück in Los Angeles nicht das Wasser reichen.


Auf der Weiterfahrt bogen wir spontan links nach Tuba City und von dort auf die AZ-264 ab. Wir wollten zum Coal Mine Canyon, wo wir 2014 bereits einmal waren und der uns so gut gefallen hatte. Doch die Einfahrt, die wir damals genommen hatten, sah privat aus und der Weg, den uns das Navi wies, führte zu einer sandigen Piste, die wir nicht getrauten, zu fahren. Daraufhin wollte Reiner zum Blue Canyon, den wir sowohl 2014 wie auch 2016 von Norden her versucht hatten, zu erreichen, aber wegen tiefem Sand aufgeben mussten. Beim zweiten Mal hatten wir die Anfahrt von Süden her geschafft.


Wir bogen wie damals in die Indian Route 7 ab und schauten genau, ob irgendwo ein Verbotsschild stand, aber da war nichts zu sehen. Ich hatte gelesen, dass es nur in Begleitung eines Hopi erlaubt war, dort entlangzufahren. Da aber nichts auf ein Verbot hinwies, hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, den Weg zu nehmen.

An einer Stelle ging es auf sandigem Untergrund stark bergab und die Wolken nahmen zu. Wir hofften, dass das Wetter hielt, bis wir wieder geteerte Strasse unter den Rädern hatten. Der warmen Kleider hatten wir uns längst entledigt. Es war inzwischen knapp 30 Grad Celsius wärmer als noch am Morgen beim Grand Canyon.

Dann waren sie da, die wunderschönen Felsformationen, die Zipfelmützen, die Hoodoos und weitere erodierte Felsen in der Einsamkeit. Kein Auto, kein Mensch und kein Tier waren zu sehen. Nur Fuss- und Hufspuren waren im weichen Boden hinterlassen worden, als er feucht gewesen sein musste.


Beim Rückweg verlief alles gut - das Wetter hielt - bis wir an die steile, sandige Stelle kamen. Die Räder drehten durch und wir kamen nicht die Anhöhe hoch. Ich blieb ruhig, Reiner wurde nervös. Er versuchte es ein zweites Mal etwas mehr links und mit einer Spur mehr Gas, aber wir steckten wieder fest. Rückwärts runterrollen und ein neuer Anlauf. Schliesslich fuhren wir mit noch mehr Tempo die Piste hoch, gelangten in eine Sandbank und schleuderten. Reiner hatte nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder Kontrolle über das Fahrzeug. Mir war fast das Blut in den Adern gefroren, so geschockt war ich. Ich malte mir aus, was alles hätte passieren können, wenn wir den Abhang hinuntergerauscht wären, kein Mensch uns gefunden hätte, wir verletzt worden wären und das Handynetz nicht funktioniert hätte. Aber zum Glück kamen wir mit dem Schrecken davon.

In Tuba City suchte ich im McDonalds die Sanitären Anlagen auf. Wegen der hier noch herrschenden Maskenpflicht musste ich vor dem Eintreten erst eine Maske suchen. Ein paar Kinder wollten uns auf dem Platz penetrant irgendeine Spielzeugfigur verkaufen. Sie gaben erst Ruhe, als ich das Steuer übernahm und wir uns vom Parkplatz entfernten.

Auf dem Highway 89 Richtung Süden sah ich auf einmal, wie sich von rechts ein Sandsturm auf die Fahrbahn zubewegte und dann war ich auch schon mittendrin. Es wurde dunkel, die Fahrbahn war nicht mehr zu erkennen. Rund um uns herum war nichts als Sand. Instinktiv bremste ich ab; stark genug, um nicht auf das vordere Fahrzeug aufzufahren oder von der Fahrbahn abzukommen, aber nicht so heftig, dass mir das hintere Auto ins Heck krachte. Reiner, der neben mir geschnarcht hatte, öffnete die Augen und trat fast den Fahrzeugboden durch. Er war ausser sich und fragte mich entsetzt, warum ich nicht gebremst hätte. Und das, wo ich so stolz auf meine Reaktion war und es auch jetzt noch bin. Vor allem, als im Juli dieses Jahres von einer Massenkarambolage in Montana mit sechs Toten und mehreren Verletzten wegen eines Sandsturms zu lesen war.

Todmüde kamen wir im Best Western Plus Inn of Williams an. Das Hotel liegt westlich von Williams auf einer kleinen Anhöhe an der Route 66. In der Lobby gab es eine Kaffeemaschine, die verschiedene Kaffeevariationen zauberte. Kleinere und grössere Kachinas zierten die Flure. Das war eines der schönsten, wenn nicht gar das schönste Hotel unserer Reise. Früher war das bestimmt ein eigenständiges Hotel, denn es hatte nichts mit den Best Western gemeinsam, die wir kannten.

Um nicht mehr wegfahren zu müssen, gingen wir fürs Abendessen ins hauseigene Western View Steakhouse. Mit Suppe, Steaks, Dessert und einem guten Tropfen in schönem Ambiente beschlossen wir den heutigen Tag.


 

partybombe

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 7.041
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #233 am: 14.10.2022, 13:48 Uhr »
Wenn eine eine Reise tut, kann sie was erleben sowie Zipfelmützen und  Hoodoos sehen.

Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #234 am: 17.10.2022, 07:42 Uhr »

05.06.2022 - die bären sind los


Das Frühstück im Restaurant war ausgesprochen gut und das Personal sehr nett. Es gab richtiges Geschirr und die Tische wurden abgeräumt. Meist stellten die Gäste wohl aus Gewohnheit ihre Teller und Tassen auf den Servicewagen. Der Angestellte goutierte dies jeweils mit einem herzlichen Lächeln und einem Dankeschön, obwohl seine Ordnung damit durcheinandergebracht wurde.

Auf den nun folgenden Programmpunkt hatte ich mich schon lange gefreut: Wir statteten Bearizona einen Besuch ab. Wir zahlten den Eintrittspreis, verneinten die Fragen nach Kindern und Haustieren und hörten uns die Parkregeln an.

Der Wildtierpark bestand aus der Bearizona Drive-Thru Area und der Fort Bearizona Walk-Thru Area. Wir starteten mit dem Drive-Thru, wo uns Rocky Mountain Goats erwarteten. Diese weissen, zottligen Bergziegen hatten wir leider noch nie in Natura entdecken können. Anschliessend fuhren wir an Rentieren, Pronghorns, verschiedenen Hirschen und Burros vorbei, bevor es zu einem der Highlights ging, den Alaskan Tundra Wolves und den Arctic Wolves. Dies war der Bereich, wo die Fensterscheiben hochgedreht werden mussten. Wer dies nicht tat, wurde per Lautsprecher darauf hingewiesen. Die Alaska-Tundra- und die Polarwölfe waren durch einen Zaun getrennt, was mir bisschen leidtat, aber vermutlich wollte man aus Zuchtgründen die beiden Gattungen nicht vermischen.

Zwischen den einzelnen Gehegen war ein Wildrost. Es rumpelte jedes Mal beim Überfahren der Eisenstäbe, aber dies ermöglichte eine Durchfahrt ohne Tore oder gar Schleusen und die jungen Schwarzbären, die nach den Wölfen kamen, waren von diesen getrennt. Weisse und amerikanische Bisons waren im Anmarsch, als die Wasserdusche sie erschreckte. Sie hatten einige Junge, die übermütig herumhüpften oder miteinander kämpften.

Bevor es zum Schluss der Rundfahrt zu den alten Schwarzbären ging, hockten noch Rocky Mountain Bighorn Sheeps auf einem Felsen. Das coolste waren aber die namensgebenden Bären, die in grosser Anzahl vorhanden waren. Die einen schliefen in Baumstämmen, andere darauf, wieder andere nahmen ein Bad im Teich oder rieben ihren Rücken an einem Baumstamm. Es machte Spass, die Tiere zu beobachten. Irgendwann waren wir dann beim Parkplatz angelangt, doch wir hatten noch nicht genug und fuhren die Runde nochmals. Das durfte man so oft man wollte – solange man den Wildpark nicht verliess.

Bei der zweiten Runde entdeckten wir ein junges Bergzicklein, das sich – wie wir viel später auf Fotos erkennen konnten – beim ersten Durchgang hinter der Mutter versteckt hatte. Auch die anderen Tiere, allen voran die Bären, boten uns einen anderen Anblick als beim ersten Mal. Nach einem ausgiebigen Beobachten der Schwarzbären parkierten wir das Auto und gingen in den Walk-Thru-Bereich.


Als erstes besuchten wir die Otter, doch die lagen bloss faul rum. Im Big Bear Gift Shop waren zwei Angestellte dabei, einen kleinen Fuchs zu rufen. Der eine stand im oberen Geschoss und eine Frau mit einem Kistchen auf der Treppe. Das Füchschen rannte die Treppe runter und wieder rauf, um anschliessend doch noch in die Box zu verschwinden. Die Frau machte die Besucher, die sich nach und nach um die Treppe versammelt hatten, darauf aufmerksam, dass bald eine Show in der Main Stage folgen würde.

Wir schauten uns den Jaguar an, der aber wie die Otter müde war. Am Ende dieses Weges ästen ein paar Hirsche, dann drehten wir um. Der Jaguar war inzwischen aufgestanden, aber viel konnten wir von ihm nicht sehen. Der Rotluchs (engl. Bobcat) war ausgeflogen, dafür konnten wir die Grizzlybären und Javelinas gut beobachten. Als wir die Runde am Bauernhof, dem Rotfuchs, dem Dachs und einem weissen Pfau vorbei beendet hatten und beim Bearizona Grill ankamen, war die Show bereits am Laufen. Wir setzten uns an einen Tisch mit einem Sonnenschirm, denn die Mittagssonne brannte intensiv auf unsere Köpfe. Von da aus hatten wir einen guten Blick auf die Show und konnten etwas Erfrischendes trinken.

 
Nun war es Zeit für? Für eine weitere Runde durch den Drive-Thru-Bereich. Inzwischen waren mehr Autos im Park unterwegs, aber das hinderte uns nicht, noch ein paar Runden zu drehen und immer wieder Neues zu entdecken wie zum Beispiel die Bären, die auf den Bäumen sassen. Nach sechseinhalb Stunden hatten auch wir genug und fuhren zum Hotel zurück, um anschliessend im Frontier Familiy Restaurant Brisket zu essen, welches nicht an das von Sedona herankam.

Damit waren die Abstecher links und rechts der Route 66 beendet. Ab morgen widmen wir uns wieder der Mother Road.

Weitere Fotos: https://gaby.ch/index.php/galerie/event/11page-grandcanyon

Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #235 am: 18.10.2022, 08:05 Uhr »

06.06.2022 - ein bergpass, eine verpasste chance und bellende hunde


Nach einem sehr guten Frühstück checkten wir aus und begaben uns wieder auf die Route 66. Nach ein paar Kilometern parallel zur oder auf der I-40 entfernten wir uns bei Seligman immer weiter von ihr. Wir kamen durch Peach Springs, Truxton und Valentine. In Hackberry entdeckten wir den Hackberry General Store, der ursprünglich vom Route 66-Künstler Bob Waldmire betrieben worden war, der die Strasse in seinem orangefarbenen Volkswagen Microbus von 1972 bereist hatte.

Eine Gruppe Harley-Fahrer hielt sich dort auf. Wir schauten uns erst ausserhalb und dann im Ladeninnern um. Ein Sammelsurium an Kuriositäten wurde verkauft. Auf einem Stapel Badetüchern lag eine Katze, die es genoss, als Reiner sie kraulte. Wir kauften uns ein Erfrischungsgetränk und gesellten uns zu den Töfffahrern, die zu unserer Überraschung berndeutsch sprachen.


Sie zogen weiter und nach einer kurzen Pause waren auch wir wieder auf der Strasse. Draussen wurde es immer wärmer. Das Thermometer zeigte 41 Grad Celsius an. Der Oatman Highway wand sich zum Sitgreaves Pass hoch. Wilde Esel stoppten uns und bettelten um Futter, welches wir nicht dabeihatten. So zottelten sie zum nächsten Auto und hofften dort auf etwas Essbares. Auf der Passhöhe genossen wir den herrlichen Blick in die Weite.


Auf der anderen Seite des Passes kamen wir nach Oatman, einer ehemalige Goldgräberstadt. Heute ist es ein touristischer Anziehungspunkt für Route 66-Nostalgiker und Biker, die die Fahrt über den malerischen Sitgreaves-Pass unter die Räder nahmen. Burros, wie die wilden Esel genannt werden, liefen frei in der Stadt umher. Sie stammten von Lasteseln ab, die von ihren Besitzern freigelassen worden waren, als sie sie nicht mehr gebraucht hatten. Überall gab es Eselfutter zu kaufen. Mir war es hier zu touristisch und so spazierten wir nur ein kurzes Stück durch das Städtchen, bevor es wieder weiterging.


Mit dem Überqueren des Colorado Rivers in Topock kamen wir in Kalifornien an. Wir mussten wieder für ein Weilchen auf die I-40, weil die ursprüngliche Route 66 nicht mehr existierte. Erst in Fenner zweigte sie von der Interstate ab und führte über Chambless nach Amboy.

In Amboy befand sich der Punkt, an dem die Route 66 die Strasse kreuzte, auf der wir vor einigen Wochen von Las Vegas nach Twentynine Palms gefahren waren. Dort wollten wir das Roy’s Motel & Cafe fotografieren, das wir uns damals für heute aufgespart hatten. Das war der Plan, aber die Strasse war wegen Bauarbeiten gesperrt. Kein Problem, dachten wir, dann nahmen wir halt die Essex Road. Als diese aber wie auch die Kelbaker Road geschlossen war, wurde uns bewusst, dass wir damals einen Fehler gemacht hatten, uns nicht in dem historischen Diner umgesehen zu haben. Nun blieben uns lediglich ein Foto vom Vorbeifahren und ein achtminütiger Film eines Zuges vom Anfang der Reise.


Enttäuscht kamen wir schliesslich in Barstow, unserem heutigen Etappenziel, an. Wir traten in die kleine Rezeption des Rodeway Inn On Historic Route 66 ein. Niemand war da, da linste ich über die Theke in den Raum dahinter. Zwei Hunde begannen zu bellen, worauf eine dunkelhäutige Frau erschien und uns ein Zimmer gab. «S’Hondertfüfi», sagte ich zu Reiner, um ihm zu signalisieren, dass wir das Zimmer Nummer 105 hatten. Die Frau hatte mich verstanden und erklärte, dass sie aus Südafrika stamme und Afrikaans dem Schweizerdeutschen sehr ähnlich sei. Die beiden Hunde rasten derweil auf die Strasse, sie hatten eine Katze entdeckt und diese zu jagen gehörte zu ihren Vorlieben.



partybombe

  • Diamond Member
  • *****
  • Beiträge: 7.041
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #236 am: 18.10.2022, 08:17 Uhr »
 Beim Lesen des letzten Berichts kommen auch sofort die Erinnerung wieder hoch - Dankeschön schön dafür.
Die Bilder des Roy’s Motel & Cafe fehlen da natürlich, aber es ist ja alles im Kopf.

Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #237 am: 20.10.2022, 08:17 Uhr »

07.06.2022 - eine geisterstadt und die marines


Das Frühstück wurde in der kleinen Rezeption serviert, wo ein paar Tische standen. Ein Mann in meinem Alter begrüsste uns. Waffeln und Eier konnten wir bei ihm bestellen, der Rest stand auf einem Buffet zur Verfügung. Wir bestellten Spiegeleier und Waffeln. Der Mann konnte wohl zaubern. Das waren mit Abstand die besten Spiegeleier, die ich je hatte und auch die Waffeln waren sehr lecker. Es stellte sich heraus, dass er und die Frau von der Rezeption verheiratet waren und das Motel gemeinsam betrieben. Der Sohn, der frische Eier in den Kühlschrank einsortierte, half ihnen ab und zu.

Am Nebentisch sass eine Familie aus Rumänien. Es entstand ein Gespräch über die Schweiz. Der Motelbesitzer war bereits einmal in Zürich gewesen und fand es sehr schön aber unglaublich teuer. Die Rumänen, allen voran die Mutter der kleinen Kinder, schwärmten von Schweizer Schokolade. Besonders liebe sie die Lindor Kugeln. Der Motelbesitzer behauptete, dass er Schweizer Schokolade habe und holte tatsächlich eine Tafel Lindt-Schokolade, die er dem Kind am Nebentisch schenkte.

Nicht weit von Barstow entfernt liegt die Geisterstadt Calico, die wir bei noch erträglichen Temperaturen am frühen Morgen besuchten. Es war noch nicht viel los, so konnten wir die Gebäude und Ausstellungen in Ruhe anschauen. Mit dem Zug fuhren wir als einzige Gäste eine Runde und erfuhren, wie die Chinesen hier in der Mine gearbeitet hatten, was erklärte, weshalb es ein chinesisches Bad gab. Mir gefiel Calico sehr gut. Auch die Aussicht von der leichten Anhöhe war wunderschön.


Von Calico aus fuhren wir nach Süden bis Dagget, wo wir rechts auf die Route 66 abbogen. Auf einmal kamen wir an ein Häuschen, das mit «Marines» beschriftet war. Wir zögerten, stellten uns vor dem Häuschen auf einen Platz und als wir sahen, dass andere Autos dort vorbeifuhren, reihten wir uns ebenfalls ein. Der Vordermann zückte einen Ausweis, da war mir klar, dass wir hier nicht erwünscht waren, doch zum Umdrehen war es zu spät. Hinter uns standen bereits mehrere Fahrzeuge.

Am Häuschen fragte ich einen uniformierten Mann, ob es erlaubt wäre, hier entlangzufahren. Er fragte nach unserem Vorhaben und wie erwartet, war es für das Befahren der Route 66 nicht erlaubt, ins Militärgebiet zu fahren. Er erklärte ausgesprochen freundlich den Weg, um nach der gesperrten Zone wieder auf die historische Strasse zu gelangen. Wir mussten noch ein paar Sekunden warten, bis ein grosser Lastwagen, der uns entgegenkam, vorbeigefahren war, bevor wir wenden konnten. Freundlich, fast schon herzlich, verabschiedete der Militärangehörige sich von uns.


viele flaschen und ein grandioser burger


Bei Oro Grande war auf einem privaten Grundstück eine grossflächige Skulpturen-Installation errichtet worden. Elmer’s Bottle Tree Ranch besteht auf flaschenbestückten Metallgerüsten, die den Ressourcenverbrauch der Wegwerfgesellschaft thematisiert. Neben den Glasflaschen waren unzählige andere Dinge an den Gerüsten befestigt oder standen in dem grossen Garten. So konnten wir alte Schreibmaschinen, Strassenschilder und viel Schrott entdecken.


Eine weitere Sehenswürdigkeit fanden wir in Emma Jean’s Holland Burger Cafe. Von aussen war der Diner unscheinbar und innen war er klein. Wir bekamen die letzten beiden Plätze auf festgeschraubten roten Hockern an der Theke. Dahinter waren zwei Köche damit beschäftigt, Burger zu braten und Pommes frites zu frittieren. Zwei Frauen übernahmen die Bedienung der Gäste, die vorwiegend aus Arbeitern bestanden, die hier vorbeigekommen waren.

Das Gebäude war von Bob und Kate Holland 1947 erbaut worden und hatte von da an Einheimische und hungrige Reisende verköstigt. Richard Gentry fuhr 31 Jahre lang einen Zement-Truck und hatte seit der Eröffnung in diesem Cafe gegessen. Seine Frau Emma Jean hatte als Bedienung in dem Lokal gearbeitet. 1979 hatte Richard den Burgerladen gekauft und in Emma Jean’s Holland Burger Cafe umbenannt. Als Emma Jean 1996 und Richard 2008 gestorben waren, hatten ihr Sohn Brian Gentry und dessen Frau Shawna das Restaurant übernommen. Brian war einer der beiden Köche und seine Frau bediente die Gäste mit viel Charme und Witz.

Reiner ass einen Brian Burger, welcher aussergewöhnlich und unglaublich lecker war. Das Brot war eher rustikal und knusprig, das Fleisch saftig und die weiteren Zutaten unbeschreiblich. Auch mein Mushroom Burger war ausgesprochen gut, aber bei einem nächsten Mal würde ich mich ebenfalls für den Brian Burger entscheiden.


Mit vollen Bäuchen ging es weiter. Je näher wir zu Los Angeles kamen, desto mehr nahm der Verkehr zu. Irgendwann verliessen wir die Route 66 und fuhren Richtung Santa Barbara. Das «End of the Trail»-Schild in Santa Monica hatten wir bereits am Anfang der Reise ausgiebig fotografiert, deshalb sparten wir uns die letzten eher langweiligen Meilen der legendären Route 66.



zurück am pazifik


Wir machten noch einen Abstecher zum Premium Outlet Camarillo und erstanden mehrere Skechers. Die waren dringend nötig, denn meine konnte ich nach dem vielen Wüstensand und Staub wegschmeissen.

In Santa Barbara wollten wir im Inn at East Beach einchecken. Eine Frau vor uns hatte irgendwelche Probleme, die der Rezeptionist nicht lösen konnten und so mussten wir lange warten. Auf die Frage, ob wir Haustiere dabeihätten, antwortete ich mit «Nein, aber ein Auto». Der junge Mann lachte laut auf. Er überliess es uns, ob wir für 22 Dollar die Nacht einen Parkplatz buchen oder einen Gratisparkplatz an der Strasse nehmen wollten. Wir hatten keine Lust auf Parkplatzsucherei, deshalb wählten wir die Variante, die etwas kostete. Auf diese paar Dollar kam es nicht mehr an. Wir bekamen ein Zimmer im Obergeschoss mit Balkon und Meersicht. Das Inn war zwei Strassen vom Strand entfernt, auf den ich mich schon sehr freute.


Wir suchten den Sonnenuntergang, fanden ihn aber nicht. Hunger hatten wir keinen, die Burger lagen noch immer im Magen und so legten wir uns ohne Z’Nacht ins Bett.



Culifrog

  • Platin Member
  • *****
  • Beiträge: 2.257
    • Travel & Food Blog
Antw: Städte, Bäume, Wüsten, Kakteen und die Route 66
« Antwort #239 am: 24.10.2022, 09:51 Uhr »

08.06.2022 - eine mission


In der Buchung stand, dass keine Mahlzeit enthalten sei, trotzdem gab es ein kleines Frühstück. Ich wärmte mir ein abgepacktes Frühstücksandwich in der Mikrowelle, nahm einen Saft und einen Kaffee mit nach draussen, wo wir uns an einen Tisch setzten und frühstückten.

Auf einer Anhöhe zwischen dem Stillen Ozean und den Santa Ynez Mountains steht die Old Mission Santa Barbara 1786. Die spanische Missionsstation der Franziskaner war 1786 errichtet worden, um den örtlichen Stamm der Chumash (Canaliño) zum Christentum zu bekehren. Spanien hatte versucht, lokale indigene Stämme zu guten spanischen Bürgern zu machen, was eine religiöse Bekehrung und Integration in die spanische Kolonialwirtschaft bedeutet hatte. Für die lokale Chumash-Bevölkerung hatte die Umweltveränderungen, die durch die grosse Viehherde der Mission verursacht worden waren in Kombination mit Epidemien und militärischer Gewalt bedeutet, dass Stammesmitglieder oft keine andere Wahl gehabt hatten, als sich der Mission anzuschliessen. Dies hatte zu einer Art erzwungener Knechtschaft geführt.

Die Mission ist der Namensgeber der Stadt Santa Barbara sowie des Santa Barbara County. Oft wird sie als «Königin der Missionen» bezeichnet. Sie ist die einzige Mission, die seit ihrer Gründung unter der Leitung der Franziskanermönche geblieben ist. Heute ist sie eine Pfarrkirche der Erzdiözese Los Angeles. Der Name stammt aus der Legende der Heiligen Barbara, einem Mädchen, das von seinem Vater enthauptet worden war, weil es dem christlichen Glauben gefolgt war.

Der grosse Platz vor der Kirche war voll mit bunten Kreidemalereien, als wir dort ankamen. Es herrschte bereits buntes Treiben, die Mission zog die Besucher wie ein Magnet an.



the beach


Nach Besichtigung der alten Mission fuhren wir zum Hafen. Wir schlenderten etwas umher und schauten den Arbeitern zu. Bei GoGo Sushi assen wir für wenig Geld den Tageshit mit Blick auf die Boote und das Treiben am Hafen.


Anschliessend wollte ich unbedingt an den Strand. Reiner liess mich aussteigen und fuhr das Auto zur Unterkunft zurück. Ich schnappte die beiden roten Stühle und suchte mir ein nettes Plätzchen in der Nähe der Beachvolleyballfelder. Dort war ein hartes Training im Gange.

Einige Familien hatten es sich gemütlich gemacht. Zwei kleine nackte Mädchen, das eine mit hellblonden und das andere mit schwarzen Haaren, buddelten mit ihrem Vater Löcher in den Sand und rannten lachend herum. Irgendwann wurden sie geschnappt und unter die Dusche gestellt, dann waren sie weg.

Eine Gruppe, bestehend aus vier Frauen und vielen Kindern unterschiedlichen Alters, hatte sich vor mir platziert. Die Frauen unterhielten sich auf Spanisch, die Kinder sprachen englisch. Der grösste Junge, er war etwa zwölf, zog stets eine Show ab. Er ging ins Wasser und kam mit üppigem Seegras behängt zurück, um seine Geschwister, Cousins und Cousinen zu erschrecken. Ich wollte eigentlich auch ein Bad im Meer nehmen, überlegte es mir aber anders, nachdem ich das Wasser um meine Waden gespürt hatte. Weniger das eiskalte Wasser schreckte mich ab als vielmehr das viele Seegras, das mich grauste.


Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Reiner ebenfalls an den Strand. Das Beachvolleyballtraining war inzwischen beendet und die meisten Familien waren gegangen. Auch wir blieben nicht mehr allzu lange.

Zurück im Zimmer setzten wir uns auf den Balkon und orderten über Uber Eats Pizza und gerösteten Blumenkohl. Die Pizza war gut und der Blumenkohl war fantastisch.