Sonntag 13.08.2006
An diesem Tag reisten wir von der Dalton Trail Lodge ab. Trix gab uns nach dem Frühstück die Rechnung. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn während des Morgenessens wäre mir bestimmt das Brot im Hals stecken geblieben. Wir waren doch sehr erstaunt,
dass uns die fünf Spraystöße Mückenspray, die wir während der Wanderung zum Frederick Lake von Lucas erhielten, mit CAN$ 8.75 berechnet wurden!!!! (um genau zu sein, uns wurde eine Dose „Off“ berechnet).
Nach dem Auschecken fuhren wir ins 200 Meilen entfernte Whitehorse. Der Name Whitehorse stammt von Stromschnellen ab, die an die Mähne eines weißen Pferdes erinnern.
Diese Stromschnellen gibt es heutzutage nicht mehr. Wir bezogen um die Mittagszeit unser Zimmer im Edgewater Hotel. Zum Auspacken blieb keine Zeit, um Viertel vor eins mussten wir im Muktuk Kennel sein.
Bisher schrieb ich in meinen Reiseberichten über das Iditarod Schlittenhunderennen. Natürlich gibt es noch andere Rennen dieser Art. Ein weiteres, sehr bekanntes, ist der alljährlich stattfindende Yukon Quest.
Das Rennen wurde nach dem „Highway des Nordens“, dem Yukon benannt und ist wird als „toughest sled dog race in the world“ bezeichnet. Das Rennen wurde vom Schlittenhundeführer LeRoy Shank und dem Historiker Roger Williams 1984 ins Leben gerufen. Frank Turner, der Besitzer des Muktuk Kennels, nahm am Quest bisher zwanzigmal teil, vom ersten Rennen bis 2005.
Die Strecke verläuft über tausend Meilen zwischen Fairbanks und Whitehorse. In ungeraden Jahren wird in Whitehorse gestartet, in geraden Jahren in Fairbanks. Der Trail folgt einer historischen Goldgräber-, Handels- und Postroute. Das Rennen findet jedes Jahr Mitte Februar, in der kältesten Zeit des Winters statt. Beim Quest wird das Leistungsvermögen von Menschen und Hunden getestet. Fairbanks liegt auf einer Höhe von 400 ft, Dawson auf 1200 ft und Whitehorse auf 2300 ft. Während des Rennens müssen die Teams vier Bergpässe überwinden: Rosebud 3480 ft, Eagle Summit 3650 ft, America Summit 3420 ft und den King Salomonos Dome mit immerhin 3800 ft. Während des Rennens ist mit Temperaturen im Bereich von –40°F zu rechnen. Steigt die Temperatur am Tage über 25°F, ruhen viel Teams während der „Hitze des Tages“ und laufen in der Nacht, wenn es kühler ist.
Entlang der gesamten Strecke gibt es zehn checkpoints, die bis zu 200 Meilen voneinander entfernt liegen. Man ist also sehr lange Zeit auf sich selbst angewiesen.
Im Gegensatz zum Iditarod dürfen die musher ihre Schlitten, wenn sie kaputt sind, nicht austauschen. Weiterhin können sie Hilfe von außen nur beim geforderten 36stündigen Stopp in Dawson City annehmen. Außer dieser vorgeschriebenen Pause gibt es zwei weitere „Zwangspausen“. Eine kurz nach dem Start (2 Stunden Pause) und eine weitere nochmals kurz vor dem Ziel (8 Stunden Pause). Bei der ersten können sich die Verantwortlichen und Tierärzte davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist. Mit dem Stopp vor dem Ziel, will man eine Überforderung von Mensch und Tier vermeiden.
Frank Turner stellte 1995 mit 10 Tagen, 16 Stunden und 18 Minuten die Bestzeit auf. Diese wurde erst 2006 von Lance Mackey ( 10 Tage, 7 Stunden und 47 Minuten) gebrochen.
Aliy Zirkle war die erste Frau, die im Jahr 2000 das Rennen gewann. 2001 wurde Frank Turner siebter, gewann in diesem Jahr den „Vet Award“. Diese Auszeichnung wird dem Musher verliehen, er während des Rennens sein Hundeteam am besten behandelt.
Wir wurden von Frank, der ein blaues T-Shirt mit der Aufschrift „Freistaat Bayern“ trug, begrüßt.
Außer uns beiden nahmen noch zwei weitere Personen an der Führung teil.
Im Kennel leben hundert Hunde.
Zuerst durften wir natürlich mit ihnen Bekanntschaft machen. Mein neuer Freund wurde Rimsky, mit dem ich mich auf Anhieb blendend verstand.
Außer Rimsky wohnen hier u.a. Schubert, Beethoven und Mozart. Wir staunten nicht schlecht, als wir einen Hund im Laufrad rennen sahen, Richtig, genau wie man es oft bei Hamstern sieht. Wohlgemerkt, der Hund tat das absolut freiwillig. Rennen ist nun mal ihr Leben.
Frank züchtet keine Hunde zum Verkauf. Am Ende der Rennkarriere dürfen die Hunde im Kennel bleiben (und im hohen Alter sogar mit ins Haus gehen).
Bozo, der Leithund des Teams von 1985 und Louise sind die zur Zeit ältesten Hunde die auf Muktuk leben. Natürlich sind sie nicht mehr ganz so flink und wendig wie die jungen Artgenossen. Besonders Louise hat Probleme beim Laufen. Frank erzählte uns, ihr geht es gut, am Tag vor unserem Besuch schwamm sie sogar im Takhini River.
Anschließend nahmen wir unter einem Sonnenschirm auf Gartenmöbeln Platz und Frank führte uns in die Gedankenwelt von Schlittenhundeführern ein. In seinem Vortrag ging es um das Erkennen der persönlichen Stärken und Schwächen, bei Hunden genauso wie bei Menschen. Dadurch lernt Frank die Eigenschaften eines jeden Hundes kennen. Diese Faktoren helfen ihm wesentlich bei der Zusammenstellung seines Rennteams.
Manchmal wurden die vielen Hunde während des interessanten Vortrags etwas laut. Frank pfiff einmal kräftig, gefolgt von einem lauten und langgezogenem „QUIET“ und schon war es mucksmäuschen still. Allerdings nicht für lange Zeit, dann ging das Getöse wieder los. Die Hunde wussten wohl, welcher Programmpunkt bald dran kommt.
Im Anschluß an den Vortrag gingen wir zu den Puppies. „Glaciers“ Nachwuchs war erst elf Tage alt. Frank wartete jeden Tag darauf, dass sie die Augen öffnen. Jeder der Besucher durfte einen Welpen im Arm halten. Es ist wichtig für Rennhunde, dass sie von klein auf an den Kontakt mit verschiedenen Menschen gewöhnt werden. Dieser menschliche Kontakt wird für sie in ihrem späteren „Berufleben“ zum Alltag werden und mit dem Training dazu soll möglichst früh begonnen werden. Die Hundemutter Glacier störte es überhaupt nicht, dass wir ihre kids hielten. Sie tänzelte munter zwischen uns herum.
Wir legten die Welpen in die Hütte zurück und gingen zu den ausgewachsenen Hunden. Sie durften nun mit uns einen kurzen Spazierung zum Takhini River unternehmen. Wurden sie von ihren Ketten befreit, rannten die Hunde wie wahnsinnig,gerade so, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Wir hatten an diesem Spaziergang genau so viel Freude wie die Vierbeiner. Natürlich nutzten die Hunde die Chance, im Fluss ein Bad zu nehmen und sich abzukühlen.
Nach diesem „Gassi“ gehen, gab es im Haus für uns heiße Getränke und Muffins. Dort lernten wir Mathias aus dem Sauerland kennen. Er studiert in Deutschland und arbeitete im Sommer bei Frank. Begeistert erzählte er uns, wie man hier ganz von selbst und ohne stundenlange Folienvorträge bzw. Powerpoint-Präsentationen was zum Thema Zeitmanagement lernt. Die Aufgabe von Mathias bestand in der Versorgung der Hunde und der Aufstellung eines Stammbaumes.
Er fand diese Stelle über die Organisation WWOOF (World Wide Opportunities on Organic Farms).
Nach der Stärkung sahen wir einen Videofilm vom Yukon Quest 2003. Es war ein „Film mit Fehlern“ hinsichtlich des Verhaltens der Musher und unsere Aufgabe bestand darin, die Fehler zu finden.
Im Anschluss an den Film zeigte uns Frank einige Ausrüstungsgegenstände eines Mushers.
Frank bevorzugt die dicken Musherschuhe aus Plastik. Sind diese Schuhe innen nass, einfach das Wasser rauskippen, Füße abtrocknen, neue Socken anziehen, rein in die Schuhe und die Füße bleiben warm. Gortex bzw. die anderen Hightech-Materialien bleiben viel zu lange nass und wärmen nicht.
Gortex „arbeitet“ bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nicht und deshalb steht Merino Wolle ganz oben auf Franks Liste der Kleidungsmaterialien.
Hält man sich bei sehr niedrigen Temperaturen draußen auf und strengt sich an, muss man unbedingt vermeiden, dass man schwitzt. Die Kleidung wird nass und wärmt anschließend nicht mehr. Deshalb soll man sich nicht wundern, wenn man z.B. während eines Schlittenhunderennens bei Temperaturen um –40°F einen musher ohne Kopfbedeckung oder Pullover sieht.
Während des Yukon Quest Rennen schläft Frank im Schlafsack auf dem Schlitten. Seine Begründung: darin schläft man nicht zu lange. Ist man durchgefroren wacht man automatisch auf. Die ganze Demonstration der letzten Stunde wurde von einem Husky sehr genau überwacht.
Die Zeit verflog und im Nu war es achtzehn Uhr und somit das Ende der Tour erreicht. Es war ein total interessanter, witziger und auch lehrreicher Nachmittag. Frank und seine Angestellten waren sehr nett, hilfsbereit und beantworteten alle Fragen. Und nicht zu vergessen, die freundlichen Hunde........................
Diese Tour kann ich jedem, der sich Whitehorse aufhält, empfehlen. Es gibt sowohl kürzere als auch länger Touren. Montags ist der Kennel für Besucher geschlossen.
www.muktuk.comWir fuhren zurück ins Hotel und packten unsere Sachen aus. Das Edgewater ist ein nicht mehr ganz neues, dafür ein umso gemütlicheres Hotel. Nicht zu vergleichen mit den beiden Westmark Hotels, die überhaupt keine Atmosphäre ausstrahlen.
Abendessen gabs bei Boston Pizza. Ein sehr großes und vor allen Dingen beliebtes Restaurant. Die Pizza dort schmeckt sehr gut.