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Autor Thema: Von Verspätungen zu Wundern: Eine herbstliche Odyssee durch den wilden Westen  (Gelesen 19049 mal)

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Culifrog

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prolog
der plan
Es war Spätsommer 2022. Nächstes Jahr stand unsere Silberhochzeit an. Wie wollen wir die feiern? Ein Wochenende in ein Wellness-Hotel? Verwandte und Freunde einladen? Exquisite essen gehen? Warum nicht nochmals in die USA fliegen, und Orte besuchen, die uns besonders gut gefallen hatten? Ja, das war genau das Richtige für so ein Jubiläum!

Reiner und ich erstellten je eine Liste mit Orten, zu denen wir gerne hinwollten. Ein paar mussten gestrichen werden, weil sie zu weit abseits einer vernünftigen Route lagen, und einiges Neues wollten wir auch entdecken. Schnell waren sowohl die Tour wie auch das Motto klar: «Goldener Herbst», lautete es.

Letztes Jahr erlebten wir zufälligerweise eine totale Mondfinsternis, deshalb prüfte ich, ob 2023 auch eine anstehen sollte. Nein, aber dafür eine ringförmige Sonnenfinsternis, die quer durch unsere Route verlief. Wir schoben die Tage so, dass wir uns am 14. Oktober im Zentrum dieser befinden würden.

Eigentlich wollte ich einen Flug bei der Star Alliance-Gruppe buchen, weil wir noch bis Ende Jahr einen Vielfliegerstatus hatten und somit in der Business-Lounge hätten platznehmen dürfen, aber British Airways war um rund tausend Franken günstiger. So viel war mir die Lounge nicht wert. Aber wichtig war uns, nie mehr Economy zu fliegen – zumindest nicht auf Langstrecken. Business Class war uns zu teuer, aber mit der Premium Economy hatten wir einen idealen Kompromiss gefunden. Für den Flug von Basel nach London reservierten wir keine Sitzplätze, denn selbst wenn es beim Check-In keine Sitze mehr nebeneinander geben sollte, würde die Welt nicht untergehen. Von London nach Denver und umgekehrt war es uns wert, einiges Geld für die Sitzplatzreservation in die Hand zu nehmen.

Je näher die Reise rückte, desto klarer sah ich den Ankunfts- und den Folgetag vor mir:

Problemloser Check-In bei British Airways – kurzer Flug nach London – gemütliches Umsteigen in London mit Kaffeehalt – bequemer Flug nach Denver – schnelle Entgegennahme des komfortablen, wenn möglich mit Allrad ausgestatteten, Standard SUV – Einchecken im tollen Hotel – Kleinigkeit essen – schlafen – früh aufstehen – zur Dämmerung in den Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge, um Bisons und viele andere Wildtiere zu beobachten – leckeres Frühstück auf Porzellangeschirr und mit Besteck aus Metall im Hotel – auschecken – Einkäufe tätigen – Stadtbesichtigung – Weiterfahrt nach Colorado Springs.

Soweit der Plan.

southwest

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Genauso hätten wir das mit der Silberhochzeit auch gehandhabt. Man lebt ja schliesslich nur einmal :drink:. Tja, und Lufthansa und Co. lassen es preislich echt krachen. Wir haben/ hätten ja sogar die Air France in Kauf genommen, auch bei uns war der letztendliche Flug mit KLM/ Delta dann um ein kleines Vermögen billiger. Das mit der Premium Eco werden wir dann machen, wenn mal irgendwann die teure Brut nicht mehr dabei ist :lachen07:.

Jack Black

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Aber wichtig war uns, nie mehr Economy zu fliegen – zumindest nicht auf Langstrecken.

sic!!

Von London nach Denver und umgekehrt war es uns wert, einiges Geld für die Sitzplatzreservation in die Hand zu nehmen.

Ich finde es eigentlich eine Frechheit, für die Sitzplatzreservierung in den teureren Klassen Geld zu verlangen. Bei BA kann man allerdings auch 24 Stunden vor Abflug Online einchecken und dort die Sitzplätze festmachen, normalerweise reicht das, um zusammenhängende Sitze zu bekommen. Spart das Geld für die Reservierung.
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Culifrog

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Genauso hätten wir das mit der Silberhochzeit auch gehandhabt. Man lebt ja schliesslich nur einmal :drink:. Tja, und Lufthansa und Co. lassen es preislich echt krachen. Wir haben/ hätten ja sogar die Air France in Kauf genommen, auch bei uns war der letztendliche Flug mit KLM/ Delta dann um ein kleines Vermögen billiger. Das mit der Premium Eco werden wir dann machen, wenn mal irgendwann die teure Brut nicht mehr dabei ist :lachen07:.
Ich würde es wieder so machen - ich meine, reisen anstelle eines Festes. Es muss nicht zwangsläufig Amerika sein. In Afrika und Asien gibt es auch viele Orte, wo ich noch(mal) hinmöchte. Ich war schon erstaunt, wie viel teurer ein Lufthansa-Flug gewesen wäre. Die "teure Brut" :D kann ja in der Eco sitzen, während Du und Deine Frau es in der Premium Eco krachen lasst.

Culifrog

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Von London nach Denver und umgekehrt war es uns wert, einiges Geld für die Sitzplatzreservation in die Hand zu nehmen.

Ich finde es eigentlich eine Frechheit, für die Sitzplatzreservierung in den teureren Klassen Geld zu verlangen. Bei BA kann man allerdings auch 24 Stunden vor Abflug Online einchecken und dort die Sitzplätze festmachen, normalerweise reicht das, um zusammenhängende Sitze zu bekommen. Spart das Geld für die Reservierung.
Das ist halt das Modell von BA. "Normalerweise" war uns zu unsicher, zumal die Premium Economy in der Regel nicht so gross ist. Beim Basel-London-Flug haben wir das so gehandhabt. Aber dazu gleich mehr ...

Culifrog

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freitag, 15. september 2023
morgen geht’s los!
Um fünf nach zwölf, exakt vierundzwanzig Stunden vor Abflug, traf ich mich mit Reiner in einem Microsoft-TEAMS-Termin, um die Flüge einzuchecken. Von Basel bis London funktionierte dies problemlos. Wir konnten Sitzplätze in der hintersten Reihe reservieren. Für den Flug von Heathrow bis Denver waren wir noch zu früh. Da wir dort jedoch bereits Sitzplatzreservationen hatten, machten wir uns keinen Kopf.

Am Abend setzten wir uns an den Computer und vervollständigten das Check-In. Doch was sahen meine müden Augen? Reiner könne nicht eingecheckt werden, weil er angeblich nicht über eine ESTA verfügte. So ein Nonsens! Diese war noch bis 2024 gültig. Wir suchten vergebens nach einer Möglichkeit, die ESTA-Nummer eingeben zu können. Mit jedem fehlgeschlagenen Versuch wurde ich nervöser. Was jetzt? Reiner rief bei der Hotline an und die Dame empfahl, morgen den Flug am Schalter einzuchecken – allenfalls in London, falls es in Basel nicht gehe.

Wenn es in Basel nicht gehe … dann würden die uns nicht mitnehmen und das Gepäck nicht bis Denver durchchecken. Ich ging mit einem mulmigen Gefühl schlafen. Was, wenn Reiner nicht fliegen durfte? Wenn wir wegen Schwierigkeiten den Flieger verpassen würden? Horrorszenarien machten sich in meinem Kopf breit. Reiner selbst war die Ruhe in Person – zumindest äusserlich.

Saguaro

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Hallo Gaby :winke:,

bin auch dabei, wenn auch eher als stille Begleitung. 
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat." (Erich Kästner)


partybombe

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Ich steige auch mal zu


Jack Black

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Das ist halt das Modell von BA.

Seit ein paar Jahren - leider. Das war lange nicht immer so, wir sind ja ca. 12 Jahre (ca. 2005-2017) mit BA geflogen und erst im letzten oder vorletzten Jahr wurden die kostenpflichtigen Reservierungen in den besseren Klassen eingeführt. Dafür haben sie auch zu Recht viel Schimpfe bekommen.

"Normalerweise" war uns zu unsicher, zumal die Premium Economy in der Regel nicht so gross ist.

Bei BA ist sie eigentlich recht groß, BA war ja sogar Vorreiter in Sachen Premium Economy (Lufthansa hat sich sehr lange davor gesträubt). Last not least kann man beim seatguru.com die Bestuhlung nachschauen, wenn man die Flugnummer kennt (steht im Ticket). Sicherheit hat man natürlich nicht, das stimmt, etwas Gezocke ist schon dabei, andererseits gibt es ja auch noch einen Purser, falls man wirklich nicht zusammenhängende Plätze beim Checkin bekommt. Wenn der gut ist, bekommt der das auch noch hin.

Was kostet das eigentlich inzwischen? Also nur die Reservierung? Ich habe aus Neugier mal unseren Flug nächstes Jahr (FRA-LAX) mit Condor in Premium Economy gecheckt, der komplette Flug kostet nur(!) 980,-€ p.P. (finde ich einen ausgesprochen guten Preis, das ist ja sogar ein Direktflug) und die Sitzreservierung ist kostenlos. So muss das sein. (Und die Kabine besitzt 64 Premium Economy Sitze).

P.S.: Upps, sorry, stimmt nicht, nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Bei Condor kostet es auch Geld, satte 49,99€ pro Sitz. Auch frech. Die tauchen tückischerweise aber erst nach der Reservierung auf.....  Damit steigt der Flugpreis insgesamt um 100,-€ inkl. Reservierung, ist dann mit 1.080,-€ immer noch sehr gut.
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Doreen & Andreas

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Oh, auf diesen Bericht freue ich mich schon lange, da steige ich doch gerne noch mit ein.  :zwinker: :daumen:

Je näher die Reise rückte, desto klarer sah ich den Ankunfts- und den Folgetag vor mir:

Problemloser Check-In bei British Airways – kurzer Flug nach London – gemütliches Umsteigen in London mit Kaffeehalt – bequemer Flug nach Denver – schnelle Entgegennahme des komfortablen, wenn möglich mit Allrad ausgestatteten, Standard SUV – Einchecken im tollen Hotel – Kleinigkeit essen – schlafen – früh aufstehen – zur Dämmerung in den Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge, um Bisons und viele andere Wildtiere zu beobachten – leckeres Frühstück auf Porzellangeschirr und mit Besteck aus Metall im Hotel – auschecken – Einkäufe tätigen – Stadtbesichtigung – Weiterfahrt nach Colorado Springs.

In diesem Stückchen Text stehen so viele Idealvorstellungen, da ist ja schon fast klar, dass da etwas schief gehen muss...  :oops:
Und die Geschichte mit Reiners ESTA scheint meine Vermutung auch zu bestätigen...  :x
Viele Grüße,
Andreas
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Culifrog

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"Normalerweise" war uns zu unsicher, zumal die Premium Economy in der Regel nicht so gross ist.
Was kostet das eigentlich inzwischen? Also nur die Reservierung? Ich habe aus Neugier mal unseren Flug nächstes Jahr (FRA-LAX) mit Condor in Premium Economy gecheckt, der komplette Flug kostet nur(!) 980,-€ p.P. (finde ich einen ausgesprochen guten Preis, das ist ja sogar ein Direktflug) und die Sitzreservierung ist kostenlos. So muss das sein. (Und die Kabine besitzt 64 Premium Economy Sitze).

P.S.: Upps, sorry, stimmt nicht, nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Bei Condor kostet es auch Geld, satte 49,99€ pro Sitz. Auch frech. Die tauchen tückischerweise aber erst nach der Reservierung auf.....  Damit steigt der Flugpreis insgesamt um 100,-€ inkl. Reservierung, ist dann mit 1.080,-€ immer noch sehr gut.
Die Sitzplatzreservierung kostete pro Person und Flug CHF 80.
Der gesamte Preis:
Basel - London - Denver 2 Personen: CHF 2'154
Sitzplatzreservierung London - Denver / Denver - London 2 Personen: 4 x 80 = CHF 320
Total 2 Personen: CHF 2'474 (CHF 1'237 pro Person)

Wenn man bedenkt, dass bei der Buchung das Thema Corona noch nicht ganz vom Tisch war, empfand ich den Preis fair, die Sitzplatzreservierung hingegen teuer.

Culifrog

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Oh, auf diesen Bericht freue ich mich schon lange, da steige ich doch gerne noch mit ein.  :zwinker: :daumen:

Je näher die Reise rückte, desto klarer sah ich den Ankunfts- und den Folgetag vor mir:

Problemloser Check-In bei British Airways – kurzer Flug nach London – gemütliches Umsteigen in London mit Kaffeehalt – bequemer Flug nach Denver – schnelle Entgegennahme des komfortablen, wenn möglich mit Allrad ausgestatteten, Standard SUV – Einchecken im tollen Hotel – Kleinigkeit essen – schlafen – früh aufstehen – zur Dämmerung in den Rocky Mountain Arsenal National Wildlife Refuge, um Bisons und viele andere Wildtiere zu beobachten – leckeres Frühstück auf Porzellangeschirr und mit Besteck aus Metall im Hotel – auschecken – Einkäufe tätigen – Stadtbesichtigung – Weiterfahrt nach Colorado Springs.

In diesem Stückchen Text stehen so viele Idealvorstellungen, da ist ja schon fast klar, dass da etwas schief gehen muss...  :oops:
Und die Geschichte mit Reiners ESTA scheint meine Vermutung auch zu bestätigen...  :x
Gleich kommt die Auflösung :D

Culifrog

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samstag, 16. september 2023
ein holpriger start
Endlich war der Samstag da. Wir fuhren sehr früh im überfüllten Bus zum EuroAirport. Neben uns sass ein Mann, der indisch-pakistanischer Herkunft sein könnte.

Vor dem Lufthansa-Schalter stauten sich die Leute, bei British Airways waren wir drei Stunden vor Abflug die ersten Passagiere. Der Schalter war noch unbesetzt und ein Schild verwies darauf, dass erst zwei Stunden vor Abflug geöffnet würde.

Wir warteten und redeten uns gut zu, dass es bestimmt keine Probleme mit dem Check-In geben würde. Als der Schalter endlich besetzt wurde, erklärten wir der Dame unser Anliegen. Sie hob die Augenbrauen: Keine ESTA? Doch! Reiner zeigte das ausgedruckte Dokument, die Dame zog den Pass einmal durch den Leser und wir waren eingecheckt. War wohl irgendein Verknüpfungsfehler – überhaupt kein Problem – die ganzen Nerven waren umsonst strapaziert worden.

Wieder hiess es Warten. Am Flughafen zu frühstücken, kam nicht in Frage. Zu schlecht waren die Erfahrungen. Lediglich eine Flasche Wasser gönnten wir uns. Wir würden in London genügend Zeit haben, uns eine Kleinigkeit zu holen.

Auf meinem Boarding Pass von London nach Denver waren die vier Buchstaben «SSSS» vermerkt, die «Secondary Security Screening Selection» bedeuten. Diese zusätzliche Sicherheitsmassnahme war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeführt worden, um potenzielle Attentäter bereits vor der Einreise in die USA besser erkennen zu können. Dies hiess, dass ich einer erweiterten Sicherheitskontrolle unterzogen würde. In der Regel wird zuerst das Handgepäcks erneut untersucht, es werden Abstriche für Sprengstofftests genommen, ausserdem findet ein kleines Interview statt.

Ich ärgerte mich. Reichte es nicht, dass ich wegen meines künstlichen Kniegelenks jedes Mal bei der Security am EuroAirport auf entwürdigende Weise abgetastet wurde? Diesmal war die Beamtin wenigstens so freundlich gewesen, mir in die Hose zu greifen, ohne das T-Shirt bis fast zum Hals hochzuziehen.

Eine Durchsage ertönte und ich hörte die Worte «Delay» und «Staff». Ich sprang auf und sah entsetzt, dass wir eine Abgangsverspätung von eineinhalb Stunden haben würden. Reichte die Zeit zum Umsteigen? Ich fragte jemanden von British Airways und deutete aufgeregt auf die vier «S» auf meiner Bordkarte, die ihm angeblich nichts sagten. Flug Heathrow – Denver? Er tippte etwas in seinen Computer und zeigte mir auf dem Monitor irgendwelche Daten, die ich nicht einordnen konnte. Es seien fünfundzwanzig Minuten Zeit zum Umsteigen – wir müssten rennen, meinte er.

Wir und rennen? Ich verfiel in Panik. Mein Puls raste. Immer wieder schaute ich aus dem Fenster, aber der Flieger war noch nicht da. Ich nervte Reiner damit. Er meinte, dass das Flugzeug auch nicht schneller komme, wenn ich Panik schieben würde und überhaupt sei es nicht sicher, dass die «SSSS» eine besondere Sicherheitskontrolle bedeuten würden. Es half nichts, meine Nervosität stieg ins Unermessliche.

Endlich traf der Flieger ein. Es dauerte gefühlte Stunden, bis er endlich andockte. Dann stiegen erstmal die Leute aus. Eine Gruppe, dann noch eine, ein Einzelner, wieder eine kleine Gruppe. Hörte das nie auf und konnten sich die nicht bisschen beeilen? Wir hatten schliesslich einen Anschlussflug zu erreichen.

Boarding! Gruppe 1, dann Gruppe 2 und Gruppe 3 konnten einsteigen. Wir waren in Gruppe 5. Einzelne Passagiere mussten warten und andere passieren lassen. Wir auch. Warum das denn? Auf einmal ging mir ein Licht auf: Das waren diejenigen mit Anschlussflügen. Die beiden vor uns wollten nach Chicago. Es wurde chaotisch. Bei Reiner wurde ein Abschnitt des Tickets nach London einbehalten, dasjenige nach Denver bekam er ganz wieder zurück. Bei mir wurde das Ticket von London nach Denver entwertet und das nach London behielten sie ein. Aufgeregt machte ich das Personal darauf aufmerksam. Nur ruhig – das komme alles in Ordnung. Sie druckten Reiner ein neues Ticket aus. Aber der hatte doch schon eines. Mir fehlten die Boarding Passes! Irgendwann war auch ich wieder im Besitz der richtigen Tickets – diesmal ohne «SSSS». Gut! Vielleicht schafften wir den Anschluss doch noch.

Beim Einsteigen fragte ich den Flugbegleiter, ob dies die einzige Tür sei. Wir müssten in London umsteigen und sässen in der letzten Reihe. Er versprach, etwas für uns zu organisieren, was mich leicht beruhigte. Wir setzten uns in die Dreierreihe, neben uns ein netter, junger Mann. Ziemlich bequem für Economy, fand ich. Für einen Moment wurde ich wieder etwas ruhiger. «Schau mal dort drüben!». Reiner deutete auf den Inder-Pakistani oder was auch immer, der mit uns im Bus war. Zufälle gibt’s.

Warum startete das Flugzeug nicht? Es dauerte nochmals eine Ewigkeit, bis wir endlich in der Luft waren und mein Puls ging ebenfalls nach oben. Die netten Flugbegleiterinnen verteilten Wasser.

Als wir zur Landung ansetzten, war bereits Boarding des Denver-Flugs. Wir hatten noch ein paar Minuten, bis das Gate schloss. Eine Durchsage, dass die Leute bitte sitzenbleiben sollen, bis diejenigen mit den Anschlussflügen ausgestiegen seien, brachte nichts. Sobald das Flugzeug stand, sprangen fast alle auf. Unser Sitznachbar machte uns höflich Platz, ohne dass wir etwas sagen mussten. Er hatte wohl meine Aufregung mitbekommen.

Flug über London

london heathrow
Es dauerte und wir verliessen das Flugzeug zum Zeitpunkt, wo das nach Denver bereits abhob. Nun mussten wir uns nicht mehr beeilen. Niedergeschlagen gingen wir zur Infodesk der British Airways. Ein Brite, wie er im Buche steht, bediente uns. Nach Denver? Da gehe morgen Abend der nächste Flug. Nein, das geht nicht! Wir hätten in Denver ein Mietauto und ein Hotel gebucht und morgen müssten wir bereits am nächsten Ort sein! Er schaue …

Wir warteten, während er ein bisschen herumtelefonierte, nach hinten verschwand. Irgendwann meinte er, dass wir nach Washington und von dort mit der American Airline nach Denver fliegen könnten. Das bedeutete Immigration, Koffer abholen und wieder aufgeben und Sicherheitscheck. Reichte die Zeit dafür? Ja, das reiche, war seine zuversichtliche Antwort. Ich machte ihn noch auf die gebuchte Premium Economy aufmerksam, worauf er meinte, dass wir dies beim Gate sagen sollten und bestimmt wieder zurück in die Premium Economy oder gar in die Business Class könnten. Er drückte uns drei 10-Pfund-Gutscheine in die Hand und führte uns zur verkürzten Sicherheitskontrolle.

Ich hatte noch das Wasser aus dem Flugzeug im Rucksack, was mir egal war – sollen sie es mir doch wegnehmen. Auf meinen Hinweis bezüglich des Knies bat mich der Beamte höflich, die Schuhe auszuziehen. Die Frau neben mir wollte es mir gleichtun – musste sie aber nicht. Sie verstand das nicht, sie wusste aber auch nichts von meinen inneren Werten. Es piepste nicht und abgetastet wurde ich auch nicht. So eine schnelle Security hatte ich schon lange nicht mehr. Nicht einmal das Wasser hatte angeschlagen.

Die ganze Aufregung schlug mir auf den Magen. Die Hälfte des Salats, den wir uns für die dreissig Pfund gönnten, liess ich stehen. Schnell zum Gate. Huch, noch mit der Bahn fahren? Das Flugpersonal war gerade dabei, das Boarding vorzubereiten, als wir am Gate ankamen. Ich fragte einen Mann nach Premium Economy oder Business Class. Er winkte ab: Alles ausgebucht! Oh Gott, das durfte nicht wahr sein! Ich war verzweifelt, aber es half alles nichts, wir mussten uns auf zwei Plätze in der Mitte zwängen. Reiner sass am Gang und ich zwischen ihm und zwei Indern, die ständig Bananen assen. Noch nie hatte ich jemanden so viele Bananen verspeisen sehen.

auf dem weg in die staaten
Pünktlich rollte der Flieger auf die Rollbahn und dann stand er und stand und stand. Irgendwann hob er endlich ab. Mir war noch immer schlecht. Die Pretzel, die mit den Getränken verteilt wurden, brachte ich nicht herunter.

Der veraltete Bordcomputer zeigte, dass wir um vier Uhr morgens in Washington landen würden. Das konnte nicht sein. Der Flug nach Denver ging bereits um zehn Uhr. Der Flugbegleiter beruhigte mich, diese Zeiten würden nicht stimmen. Irgendwann wurden die Daten aktualisiert. Landung um neun Uhr Washington-Zeit. Was? Eine Stunde Zeit, um in den USA umzusteigen? Das reichte niemals. Wir hatten es in Philadelphia mal in Eindreiviertel Stunden gerade so geschafft. Ich fragte den Flugbegleiter und er versprach, das Anliegen weiterzugeben an jemanden, der den Flughafen in Washington gut kenne.

Inzwischen servierte er das Essen. Da mir noch immer übel war, schwankte ich zwischen «kein Essen», «nur das Brötchen» und «Chicken mit Reis» hin und her. Schliesslich nahm ich das Essen an, zwang mich, ein paar Gabeln Reis zu essen. Reiner, der nur das Wasser verlangt hatte, ass mein gut gewürztes Peri Peri Chicken, den Salat, das Brötchen und das Dessert.

Ich konnte sogar ein bisschen schlafen und nach einem Weilchen ging es meinem Magen etwas besser, doch der hohe Puls blieb. Noch immer zweifelte ich daran, dass wir in Washington den Flieger nach Denver erreichen würden. Reiner meinte wieder, ich solle mich nicht verrückt machen. Ich wunderte mich, dass ihn das so kalt liess, da zeigte er mir sein Stresslevel auf der Uhr: Fast am Anschlag. Er war also doch nicht so gelassen, wie er tat!

Eine sehr nette Flugbegleiterin – oder war es die Chef de Cabin? – kam und meinte, dass eine Stunde Umsteigezeit nicht reichen würde. Es gäbe morgen um 8:20 Uhr einen Flug. Ich erklärte ihr, warum wir unbedingt noch heute nach Denver mussten, doch sie winkte ab. Sie erklärte, dass wir sofort zum Bodenpersonal der British Airways gehen sollten, um alles weitere zu regeln.

Erst regte ich mich fürchterlich auf, dann aber beruhigte ich mich. Nun war alles klar und wir brauchten uns nicht mehr abhetzen. Wenn wir am frühen Morgen starten konnten, hatten wir noch etwas Zeit in Denver und würden lediglich das Hotel und das Wildlife Refuge verpassen. Beim Aussteigen erklärte uns die Frau nochmals, was wir tun mussten und dass sie bereits Bescheid gegeben hätte.

aufenthalt wider willen
Wir landeten um 21:45 Uhr. Ein riesiger Shuttle brachte uns zum Terminal. Vor der Immigration fiel mir eine Familie auf. Die Jungen waren um die zwanzig, beide mit bunten Haaren und tätowiert. Sie sprachen einen für meine Ohren ungewöhnlichen englischen Dialekt, den ich nicht zuordnen konnte.

Eine sehr freundliche Beamtin begrüsste uns bei der Immigration und fragte, für wie lange wir hierbleiben wollten. Eigentlich gar nicht, wir wollten nach Denver und von dort zu einem fünfwöchigen Roadtrip aufbrechen. Reiner musste lediglich die Finger einer Hand scannen und wir waren immigriert.

Beim Bodenpersonal trafen wir auf die Familie mit dem seltsamen Dialekt. Sie hatten ein ähnliches Problem wie wir. Das Personal bestand aus einer älteren Frau und einem witzigen jungen Mann. Er erklärte, dass wir uns oben beim British Airways-Schalter melden sollten. Dort würde uns der Flug gebucht und auch ein Hotel, denn «Big Daddy» müsse gut schlafen.

Auch im ersten Stock wurden wir herzlich begrüsst. Er habe da was. Hatte die Chef de Cabin eine Info gegeben? Moment, er drucke was aus. Der Ausdruck bestand aus zwei Flugtickets für morgen um 8:20 Uhr mit United Airlines, ausserdem einem Voucher fürs Taxi, einem fürs Hotel sowie Abendessen und Frühstück. Wir sollen ein Flyer-Taxi zum Best Western nehmen und morgen mit dem Hotelshuttle hierher. Er empfahl, zwei Stunden vor Abflug bei United Airlines einzuchecken und deutete zum anderen Ende der Halle.

Die Familie stieg in ein Taxi, wir ins nächste und beide fuhren zum Best Western Dulles Airport Inn. Für ein Abendessen war es zu spät, also gönnten wir uns eine kleine Packung Chips und Wasser auf Kosten der British Airways. Nach ein paar der Chips und mit Hunger im Bauch fielen wir todmüde ins Bett.


 
 

Doreen & Andreas

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Ach Du meine Güte.  :shock: Das war ja quasi der Super-Gau! Graue Haare zur Silberhochzeit!!!  :o
Aber ich dachte beim Lesen auch schon, dass Du bei jeder neuen Hiobsbotschaft viel zu panisch reagierst. Ändern kannst Du selbst an der Situation ohnehin nichts, allenfalls das Personal darauf hinweisen und bitten, alles Mögliche in die Wege zu leiten.
Als Aussenstehender sagt sich das natürlich sehr leicht. Ich erinnere mich noch, wie es uns damals in Seattle ging, als unser Taxi zum Flughafen erst nicht kam und dann so klein war, dass wir samt Gepäck kaum Platz hatten. Das wäre damals aber unser Verschulden gewesen und wäre zu unseren Lasten gegangen. Bei Euerm verpassten Anschlussflug lag es ja nicht bei Euch, sondern ausschließlich bei der BA.
Bewundernswert demgegenüber, wie gelassen Reiner trotz seines Stresslevels äußerlich blieb.  :wink:

Na, ich hoffe mal, dass die nächsten Tage dann ruhiger werden und ihr den Urlaub genießen konntet.
Viele Grüße,
Andreas
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